Zwei Hamburger Startups holen sich Löwen-Deals
In der Folge vom 17. März von „Die Höhle der Löwen“ konnten gleich zwei Hamburger Startups zuschlagen. Sowohl flexylot mit einem neuen Bildaufhängesystem als auch YAB Fitness mit einer innovativen Hantel holten sich Deals, wenn auch nicht immer so, wie im Fernsehen gezeigt. Überzeugt hat auch curassist mit einer App zur Bewältigung der Bürokratie in der Pflegewirtschaft – aber hat es für ein Investment gereicht? Das ganze Geschehen wie immer in unserer Zusammenfassung.
Maison Baum geht bequem, aber ohne Deal
Weil seiner Schwester häufig der hochhackige Schuh drückte, hat Christof Baum eine neue Art von High Heels erfunden. Geholfen haben ihm dabei das Fachwissen seines Vaters, seines Zeichens Orthopäde, und ein Studium der Schuhtechnik in China und den Niederlanden. Nach drei Jahren Entwicklungszeit und einigen Rückschlägen sind die Pumps unter dem Namen Maison Baum jetzt marktreif. Die Besonderheiten: ein anatomisch geformtes Fußbett, rutschfeste Sohlen und gedämpfte Hacken.
Die Löwen sind angetan, besonders Dagmar Wöhrl und Judith Williams, die gleich einen Gehtest absolvieren. Fühlt sich gut an, doch dann kommen die Bedenken. Gibt es eine ausreichende Auswahl unterschiedlicher Designs? Stehen die Modelle in allen Größen in erforderlicher Stückzahl zur Verfügung? Und wie weit würden die gewünschten 200.000 Euro (für 15 % Unternehmensanteile) reichen? Nicht sehr weit, prognostizieren die beiden Löwinnen und sind raus, wie schon ihre männlichen Artgenossen zuvor.
Alles im Lot bei flexylot
Fleißige Leser von Hamburg Startups kennen ihn schon: Alexander Schophoff von flexylot. Seine Geschichte und alle wichtigen Infos über seine Erfindung gegen schief hängende Bilder könnt ihr hier nachlesen. Die Nutzwert leuchtet ein, das Produkt ist durchdacht, was soll da schiefgehen? Offensichtlich nichts, denn auch Alexander kommt bei den Löwen gut an, sein Pitch hat einen hohen Unterhaltungswert, Carsten Maschmeyer nennt ihn eine „richtig coole Socke“. Ralf Dümmel will gar nicht lange fackeln und fragt den Gründer: „Bist du spontan?“. Dann macht er ein Angebot von 125.000 Euro für 30 %. Als er dann noch 6.000 Präsentationsbildschirme an den Verkaufsorten verspricht, ist der Deal geritzt.
Über seine Zusammenarbeit von Ralf Dümmel und dem Team von DS Produkte weiß Alexander viel Gutes zu berichten. Er lobt die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe und bekam seinerseits viel Lob für seine akribische Arbeit beispielsweise in Sachen Schutzrechte. Im Interview mit uns erklärt er, in den letzten beiden Jahren fordernder und verbindlicher geworden zu sein. Gleichzeitig bewahrt der dreifache Familienvater immer noch ein Stück des achtjährigen Jungen und Träumers in sich.
Was flexylot angeht, ist Alexander zuversichtlich, dass der Erfolg kein Traum bleibt. Für Präsenz im Fachhandel ist gesorgt und für Kooperationen mit Online-Fachhändlern wie Ars Mundi. Lediglich einen Liveauftritt direkt nach Sendeschluss beim Shoppingsender QCV in Düsseldorf musste er sicherheitshalber absagen. Das er für dieses TV-Format wie geschaffen ist, steht nach dem Auftritt bei den Löwen aber außer Frage.
curassist setzt sich für Pflegekräfte ein
Mit 21 hat Thomas Müller ein erfolgreiches IT-Unternehmen gegründet, mit 28 kam die schockierende Diagnose: Krebs. Er wurde geheilt und lernte die dabei geleistete Hilfe durch Pflegekräfte so zu schätzen, dass er sein ganzes Leben umkrempelte. Er machte eine Pflegeausbildung und stellte schnell fest, welche Missstände in dieser für unsere Gesellschaft so entscheidenden Branche herrschen. So ist der bürokratische Aufwand für selbständig arbeitende Pflegerinnen und Pfleger absurd hoch. Bis zu zwölf Monate vergehen, bis alle Anträge und Genehmigungen durch sind.
Mit seiner App curassist kann der Gründer diesen Prozess auf einen Monat verkürzen. Der Bedarf ist riesig, Müller schätzt die Zielgruppe auf über 200.000 Personen. Ein drängendes Thema, von dem sich die Löwen beeindruckt zeigen. Aber wird das für ein Investment reichen? Schon häufiger sorgten Lösungen von medizinischen Problemen für emotionale und erfinderische Höhepunkte bei „Die Höhle der Löwen“. Zum Abschluss kam es aber selten. Zu kompliziert der Markt, zu hoch das Risiko, zu gering die Gewinnaussichten. In diesem Fall stellen aber Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer solchen Bedenken hintenan und steigen mit 500.000 Euro für 30 % ein. Leider zu früh gefreut: In den anschließenden Verhandlungen können sich die Beteiligten nicht auf ein Geschäftsmodell einigen.
petTracer verpeilt seine Bewertung
Jeder kennt die kleinen Plakate mit den Katzenbildern und dem Hilferuf „Wer hat unseren Kater gesehen?“, die an Laternenmasten kleben. Oft bleiben die vierpfotigen Lieblinge verschwunden und die Trauer ist groß. Das Schweizer Startup petTracer verspricht da Abhilfe. Es hat ein Spezialhalsband entwickelt, das nicht nur GPS-Signale empfängt, sondern auch über einen zusätzlichen Peilsender verfügt. GPS funktioniert nämlich nur unter freiem Himmel und nicht in Garagen oder Kellern, in die sich Katzen gern verkriechen. Auch hält der Akku nicht nur ein bis zwei Tage, wie bei herkömmlichen Produkten, sondern bis zu vier Wochen.
Das klingt alles recht hochwertig, der Preis ist allerdings ebenfalls hoch. 198 Franken kostet das Set, hinzu kommen sechs bis neun Franken Monatsgebühr für die App, je nach Vertragsdauer. Na gut, irgendwie müssen die zwei Millionen Franken Entwicklungskosten wieder reinkommen. Da würden die gewünschten 750.000 Euro für 10 % natürlich auch helfen. Als die Gründer diese Wunschkonditionen nannten, hätte man den Pitch eigentlich gleich abbrechen können. „Stratosphärisch“ nennt Georg Kofler die daraus resultierende Bewertung, und eine „Beleidigung unserer Intelligenz“, als das Trio von petRacer die Höhle schon wieder verlassen hat.
Was sich YAB Fitness bei den Löwen eingehantelt hat
Auch die Hantel vom Hamburger Startup YAB Fitness und ihren Erfinder Christian Polenz haben wir bereits ausführlich in einem Beitrag vorgestellt. Beim letzten Pitch des Abends lernen nun die Löwen das innovative Sportgerät kennen und machen gleich fleißg ein paar Übungen damit (siehe unser Beitragsbild). Georg Kofler und Nils Glagau haben so viel Spaß daran, dass sie jeweils 150.000 Euro für 20 % bieten. Der Gründer hätte gern noch zusätzlich 100.000 Euro Working Capital, Kofler kontert mit 200.00 Euro für 25 % und der Deal ist perfekt. Zumindest vorläufig, denn im Nachhinein läuft es etwas anders.
„Wir werden uns zu einhundert Prozent auf den Vertrieb und das Marketing der Produkte fokussieren“, erklärt Georg Kofler die neue Vereinbarung. „Als Kooperationspartner können wir unsere Pläne wesentlich schneller umsetzen als über ein Investment mit Minderheitsanteil.“ Über die verschiedenen Kanäle, an denen sein Unternehmen beteiligt ist, könne man YAB optimal vermarkten – zum Beispiel über den World Fitness Day, heißt es weiter in einer Pressemitteilung.
Christian Polenz beschreibt die Entwicklung seines Startups so: „Seit dem Pitch hat sich Einiges getan. Mit Gründung unserer YAB Fitness GmbH haben wir auch das Team breiter aufgestellt, um unsere anvisierten Märkte und Zielgruppen zu erreichen und zu bedienen. So haben wir einerseits den B2B-Markt mit YAB.Studio für Fitnessstudios, Hotels, Urlaubsclubs und Kreuzfahrtschiffen, wo YAB als gesamtes Trainingsformat bereits erfolgreich angenommen wird: das YAB.Equipment mit dem passenden YAB.Workout unter Anleitung der von uns zertifizierten YAB.Coaches. Andererseits haben wir mit YAB.Home die Sportler als Endkunden, die mithilfe von Video-Content unsere Workouts auch zu Hause nachtrainieren können. Für beide Zielgruppen bieten wir regelmäßig neue Inhalte für eine nachhaltige Trainingseffizienz an, um die Menschen zu unterstützen, aktiv, fit und gesund zu bleiben.“
Alle Fotos: TVNOW / Bernd-Michael Maurer