YAB erfindet die Hantel neu
Mit einer ganz neuen Art von Hantel möchte das Hamburger Startup YAB eine kleine Revolution im Fitnessmarkt anzetteln. Nach jahrelanger Entwicklungszeit und Suche nach dem geeigneten Produzenten könnte der Durchbruch in diesem Jahr gelingen.
Christian Polenz ist studierter Jurist, hat bei einem Kabinenbauer gearbeitet, der Airbus zuliefert, und bei einem großen Versicherungskonzern. Seine große Leidenschaft gehört aber auch dem Sport, schon vor rund 30 Jahren hat er damit angefangen nebenbei Kurse zu geben. In dieser Zeit hat er viele Trends kommen und gehen sehen. Die Fitnesskundschaft liebt neue Kursangebote, die nicht selten Promis zum Beispiel aus Hollywood populär machen. Ihre Haltbarkeit ist allerdings oft begrenzt und im nächsten Jahr kommt schon der nächste Hype.
Manche Dinge dagegen scheinen beinahe ewige Gültigkeit zu besitzen und haben sich seit Jahrzehnten, ja seit Jahrhunderten kaum verändert. Die Kurzhantel zum Beispiel. Sie besteht aus einer kurzen Griffstange, an deren beiden Enden scheibenförmige Gewichte befestigt sind, die sich austauschen und kombinieren lassen. Ein Prinzip, das bisher kaum jemand hinterfragt hat. Christian hat dagegen festgestellt, dass die klassische Konstruktion der Hantel ihre Nachteile hat. So lässt sich das Gerät nur auf eine Weise greifen, nämlich mit geschlossener Hand. Die dadurch entstehende Anspannung hat Einfluss auf andere Muskeln im Körper, die Hand ermüdet schneller und die Zahl der Übungsvarianten ist eingeschränkt.
Beim YAB macht die Griffhaltung den Unterschied
Das Thema hatte Christian schon einige Jahre beschäftigt, als er 2013 begann, konkret an der Entwicklung eines neuen Sportgeräts zu arbeiten. Kürzlich hatte die Kugelhantel in der Fitnessszene für Furore gesorgt. Sie zeigte, dass auch in diesem Bereich Neuheiten eine Chance hatten, auch wenn sie eigentlich ein ganz alter Hut war. Das von Christian konzipierte Gerät sollte mehrere Griff- und Haltevarianten ermöglichen. Den gewohnten geschlossenen Griff sowieso, aber auch ein offenes Halten ohne die Gefahr des Abrutschens und ein die Belastung verminderndes Auflegen auf das Handgelenk. Die Haltung hat übrigens auch Einfluss auf das subjektiv zu hebende Gewicht, das sich um bis zu 20 % steigern oder vermindern lässt, ohne am Gerät objektiv etwas ändern zu müssen.
Immer wieder neue Prototypen entstanden, am Computer, aus Plastik und schließlich aus Eisen, dem endgültigen Material der Wahl. Bis das neue Gerät seine jetzige, optimal ausbalancierte Form gefunden hatte, vergingen fast drei Jahre. Etwas, in dem so viel Arbeit und Engagement steckte, sollte nicht einfach Hantel heißen, ein neuer Name musste her. Die Wahl fielt auf YAB (Abkürzung für „your active body“). Die Handelskammer Hamburg hatte Christian empfohlen, sich für einen möglichst allgemein verständlichen Namen zu entscheiden, der auch zur Marke und eventuellen weiteren Produkten passt.
Auf Anhieb Erfolg bei den großen Messen
Ein Testlauf in einem Hamburger Fitnessstudio Ende 2015 war ein großer Erfolg und auch der erste öffentliche Auftritt bei der Fachmesse ISPO in München im Januar 2016 verlief äußerst erfreulich. Beim ISPO Award gab es einen Preis in der Kategorie „Health & Fitness – Small Equipment (professional)“. Nächste Messestation war die FIBO in Düsseldorf im April. Dort konnte Christian gerade noch einen Ausstellerplatz ergattern, nicht zuletzt dank der unbürokratischen Förderung durch das Wirtschaftsministerium, das einen Großteil der üppigen Standkosten übernahm.
Trotz mächtiger Konkurrenz etablierter Großunternehmen konnte YAB den FIBO-Jury Award 2016 gewinnen (und bei der Publikumsabstimmung immerhin den dritten Platz belegen). „The reel has been reinvented“ lautete das Urteil. Oder zumindest die Hantel. Dabei überzeugte nicht nur das Sportgerät selbst, sondern das gesamte Konzept drumherum. Christian hatte für YAB mehrere Fitnessprogramme entwickelt, die die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten berücksichtigen. So lässt sich die YAB mit einem Gurt problemlos am Fuß befestigen und bietet so völlig neue Übungsvarianten, auch für die Reha bei Sportverletzungen und ähnlichen Erkrankungen.
Nach langem Anlauf ist YAB jetzt auf dem Sprung
Zum Paket gehörte zudem eine neu entwickelte Matte, die sich besser um ein Steppbrett legen lässt als herkömmliche Modelle und die Stolpergefahr minimiert. Nach dem Erfolg bei der FIBO gingen reihenweise Bestellungen ein, der Markt hatte eine Innovation wie YAB mit offenen Armen empfangen. Alles in Butter also? Leider noch nicht, denn Christian hatte bisher nur wenige Muster anfertigen lassen, auf größere Mengen war er gar nicht vorbereitet. Gut zwei Jahre dauerte es, bis er endlich in Asien den geeigneten Produzenten gefunden hatte.
2019 soll nun das Jahr des endgültigen Durchbruchs werden. Seit etwa einem halben Jahr kümmert sich Christian ausschließlich um sein Startup und hat insgesamt 15 freie Mitarbeiter, die ihn dabei unterstützen. Die YABs gibt es inzwischen in neun Größen, von 1,3 bis 18,7 Kilogramm. In einigen Fachgeschäften sind sie schon erhältlich und eine Reihe von Fitnessstudios in Hamburg bieten YAB-Trainingsprogramme an. Im Herbst soll der Onlineshop live gehen. Dann wird sich zeigen, ob das neue Sportgerät tatsächlich abheben kann.