Was künstliche Intelligenz und Kochen gemeinsam haben
Vergangenen Donnerstag stelle sich eine neue Hamburger Initiative zur Förderung von künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen vor. Eine begleitende Konferenz machte deutlich, dass künstliche Intelligenz kein Grund für übertriebene Sorgen sein muss, sondern viele Chancen bietet. Und das viele Köche nicht unbedingt den Brei verderben.
Offiziell soll der Digitalcampus Hammerbrooklyn erst im Sommer 2020 eröffnen, aber schon jetzt ist in der provisorischen BOX im Containerlook immer mal wieder was los. So auch am 21. November, als die Konferenz DISRUPT NOW! rund 120 Gäste anlockte. Eingeladen hatte die neue Initiative AI.HAMBURG, die von den Smaato-Gründern Petra Vorsteher und Ragnar Kruse initiiert wurde, und Hamburg@work. Ebenfalls bei dem Projekt engagiert sind Tutech Innovation, Hamburg Marketing, ARIC Artificial Intelligence Center Hamburg, TUHH sowie weitere Hamburger Universitäten und städtische Partner. Mit an Bord sind zudem 22 sogenannte Advisors.
In vielen Bereichen schlägt künstliche Intelligenz schon jetzt den Menschen
Ihr gemeinsames „Ziel ist es, die Adaption von Artificial Intelligence in Unternehmen und Startups zu beschleunigen, Ausbildung und Weiterbildung zu fördern und ein führendes Ökosystem für die Anwendung künstlicher Intelligenz aufzubauen.“ So steht es auf der Webseite von AI.HAMBURG. Bei der Auftaktveranstaltung standen zunächst die naheliegendsten Fragen auf der Tagesordnung: Was ist überhaupt künstliche Intelligenz? Und was kann sie? Für die Beantwortung war Roland Becker zuständig.. Der CEO des Beratungsunternehmens JUST AD AI gab einige Beispiele, wo KI schon heute dem Menschen überlegen ist. Etwa bei der Auswertung von Röntgenaufnahmen. Die Radiologen mussten im Laufe des Tages noch häufiger als Beispiel für eine bedrohte Berufsgruppe herhalten.
Als weiteren Running Gag etablierte Roland Becker ein Küchenszenario, um zu erklären, warum Deutschland bei der künstlichen Intelligenz im Vergleich zu China und den USA so weit hinterherhinke. In der Forschung sei man hierzulande weltklasse, die Küchengeräte seien quasi in bester Qualität vorhanden, nur fehle es an den Köchen, die daraus etwas Schmackhaftes bereiten könnten. Damit war der Startschuss gefallen wir jede Menge Küchenmetaphern und -analogien.
In der Folge erklärten Expertinnen und Experten aus fünf Branchen, welche Konsequenzen KI in ihren Bereichen haben könnte. Manche Beispiele waren ziemlich spezifisch, doch die meisten Aussagen hatten branchenübergreifende Gültigkeit. Ein paar von ihnen fassen wir hier zusammen.
5 Thesen zu KI
Datenschutz – Hemmnis oder Wettbewerbsvorteil? Eines ist unbestritten: um eine funktionierende KI aufzubauen, benötigt man große Mengen Daten. In Europa und speziell in Deutschland ist das nicht ganz unproblematisch, aus Mentalitätsgründen und wegen der Gesetzeslage, Stichwort DSGVO. Dr. Christian Becker-Asano von der Robert Bosch Start-Up GmbH sah in der hohen Datensicherheit und dem strengen Datenschutz sogar einen Standortvorteil, eine Meinung, die nicht alle teilten. So ist es für den medizinischen Fortschritt unverzichtbar Daten zu sammeln, die als besonders sensibel gelten. Hier tut Aufklärung Not, die Patienten zu einer „Datenspende“ animieren könnte, anonymisiert natürlich.
Predictive Maintenance wird immer wichtiger. Einen Fehler beheben, bevor passiert ist – das steckt, vereinfacht gesagt, hinter dem Begriff Predictive Maintenance. Künstliche Intelligenz ist grundsätzlich hervorragend dafür geeignet, Wahrscheinlichkeiten so präzise wie möglich zu berechnen und Prognosen zu erstellen. Wenn sich in der Schiff- und Luftfahrtindustrie zukünftige Reparaturfälle vorhersagen lassen, spart das nicht nur Geld, sondern kann auch schwerwiegende Schäden verhindern.
Der richtige Zeitpunkt für KI ist jetzt. Jeder Käufer von elektronischen Geräten kennt das Dilemma: Die heißeste Innovation von heute ist in ein paar Monaten schon kalter Kaffee. Bei der künstlichen Intelligenz verläuft die Entwicklung exponentiell, also rasend schnell. Das ist aber kein Grund abzuwarten, im Gegenteil. Unternehmen, ob klein oder groß, sollten sofort einsteigen. Die Konkurrenz schläft nämlich nicht, schon gar nicht in China.
Kooperation ist der einzige Weg zum Erfolg. Wem in letzter Zeit die Küchenvergleiche gefehlt haben, der bekommt jetzt die extragroße Portion. Bei KI kommt man nicht weit, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Um ein schmackhaftes 5-Gänge-Menü, also einen komplexen Arbeitsprozess hinzubekommen, bedarf es einer kollektiven Anstrengung. Viele Köche verderben also nicht den Brei, sondern machen in erst schmackhaft. Noch einmal in die Welt der Wirtschaft übersetzt: Auch Akteure, die sich sonst als Konkurrenten sehen, sollten sich in Sachen künstliche Intelligenz zusammentun, um die Herausforderungen besser zu meistern.
Menschliche Qualitäten sind mehr den je gefragt. Dass uns Maschinen stumpfsinnige und körperlich anstrengende Arbeit abnehmen, wird allgemein als Fortschritt gewertet. Aber was passiert, wenn KI nun auch geistige Arbeit besser leisten kann als der Mensch – hier sei wieder der Radiologe ins Spiel gebracht? Dann bleibt mehr Zeit für das Zwischenmenschliche, so lautet die hoffnungsvolle Antwort, die eine abschließende Diskussionsrunde gab. Es wird noch lange dauern, bis eine Software Empathie und Emotionen glaubhaft simulieren kann. Wenn wir Glück haben, wird das nie passieren.
Beitragsbild: Moderatorin Stefanie Dreyer mit den Initiatoren Ragnar Kruse und Petra Vorsteher und Uwe Jens Neumann von Hamburg@work.