Was der Osterhase den Löwen brachte
Je schlichter dein Produkt, desto größer deine Chancen bei den Löwen – tatsächlich hat man manchmal den Eindruck, dass es leicht veränderte Versionen von Altbewehrtem leichter haben als echte Innovationen. Was das für THE PLANT BOX, BBQ-Rescher, Res-T, WireStyle und Smartbraille bedeutete, erfahrt ihr in unserem Nachbericht zur Osterausgabe von „Die Höhle der Löwen“.
THE PLANT BOX bringt Löwen und Schafe zusammen
Den Bock sollte man bekanntlich lieber nicht zum Gärtner machen, aber zwei Schafe als Sympathieträger für ein Pflanzen-Startup, das passt schon. THE PLANT BOX verschickt nämlich Blumenensembles für den Balkon, die in einem als Socke bezeichneten Beutel aus Schafswolle wurzeln. Ein Blumenkasten aus recyceltem Pflanzenöl ist auch noch im Angebot. Wem das gefällt, der kann gleich ein Abo abschließen, mit einer Lieferung zu jeder Jahreszeit.
Tiere, Blumen und dazu noch zwei clevere Gründerinnen, eine derartige Kombi kommt bei den Löwen eigentlich immer an. Bedenken bestehen höchstens, ob die Blumen den Versand unbeschadet überstehen, aber das soll ein extra verstärktes Paket sicherstellen. Carsten Maschmeyer gilt als großer Gartenfreund und Judith Williams ist auch sehr angetan, also machen sie einen Duodeal mit 150.000 Euro für 20 %.
BBQ Rescher bringt Ralf Dümmel Bayrisch bei
Am Anfang des Pitches steht ein kleiner Crashkurs Bayrisch-Deutsch. So lernen wir, dass „resch“ „knusprig“ bedeutet und „Wammerl“ „Bauchfleisch“. Die Gründer Tobias Daniel und Alexander Feilen haben nämlich ein Utensil erfunden, das beim Grillen resche Wammerln garantiert, und es Bavarian Rescher genannt (inzwischen als BBQ Rescher auf dem Markt). Fisch, Hähnchenkeulen und anderes Grillgut macht das Teil aus Stahl auch knuspriger.
Die Löwen, hungirg wie sie sind, können ihre Fütterung kaum erwarten und sind begeistert. Beim Kampf um den Deal bricht der klassische Nord-Süd-Konflikt wieder auf. Dagmar Wöhrl, streng genommen Fränkin, appelliert an den Lokalpatriotismus der Bajuwaren. Nordlicht Ralf Dümmel bringt seine Marktmacht und Grillerfahrung ins Spiel; Grillhersteller Landmann gehört zu seinem Unternehmen. Beide wollen für 50.000 Euro 25 % Unternehmensanteile und Dümmel bekommt sie.
Res-T geht bei den Löwen unter
Endlich mal wieder eine wirklich sinnvolle Erfindung bei „Die Höhle der Löwen“ – oder doch nicht? Auf dem ersten Blick scheint die Idee des Startups Res-T brillant. Rettungswesten sind zwar äußerst nützlich, aber auch recht unschön und unförmig, sodass viele Wassersportler sie nicht tragen mögen. Weltweit ertrinken jährlich 37.000 Menschen und viele davon hätte eine Weste vielleicht retten können. Res-T hat nun ein Shirt entwickelt, das sich mithilfe einer Kartusche in sekundenschnelle aufblasen lässt. Im Normalzustand ist es von normaler Kleidung kaum zu unterscheiden.
Je mehr die Löwen allerdings bei ihren Nachfragen ins Detail gehen, desto mehr Schwächen offenbaren sich. So kann das Shirt nur in küstennahen Regionen eine herkömmliche Weste ersetzen, und ob jemand einer Notsituation die Nerven behält und an der Reißleine zieht, ist auch nicht sicher. Das Stück ist mit 149 Euro nicht gerade billig und ob die „coolen“ Wassersportler es in für Investoren attraktiver Stückzahl kaufen würden, wird ebenfalls bezweifelt. An diesem Abend ist Res-T nicht zu retten.
Bei WireStyle hängt der Deal am langen Faden
Stringart nennt sich eine Kunstform, bei dem ein Faden so um ein in ein Brett geschlagene Nägel gewickelt wird, dass sich daraus ein Bild ergibt. In Handarbeit ist das ein zeitaufwendiger Prozess, den WireStyle automatisiert hat. Eine Software berechnet, wie der oft über einen Kilometer lange Faden verlaufen muss, ein Roboter schlägt die mehreren tausend Nägel ein und zieht dann zügig die Schnur drumherum. Bis zu zehn Bilder pro Tag schafft er. Fast jedes Foto lässt sich so in ein ungewöhnliches Kunstwerk umwandeln.
Die Löwen sind beeindruckt, fragen sich aber, ob daraus ein tragfähiges Geschäftsmodell entstehen kann. Nicht zu Unrecht, denn das Hamburger Startup FADENFELD hat es vor ein paar Jahren schon einmal versucht und existiert längst nicht mehr. Nils Glagaus Erwartungen sind zum Glück für die Gründer nicht so hoch und er wäre mit 200.000 Euro für 20 % bereit zum Deal. Man einigt sich schließlich mit Ach und Krach auf 17,5 %. Kein optimaler Start, und tatsächlich kommt es später doch nicht zur Zusammenarbeit.
Smartbraille möchten Blinden den Zugang zu Literatur erleichtern
Die Blindenschrift Braille, bei der ertastbare Punkte die Buchstaben ersetzen, gibt es seit fast 200 Jahren. Leider ist nur ein Bruchteil der normal gedruckten Bücher in einer Brailleversion vorhanden. Höchste Zeit also für eine digitalisierte Variante, dachte sich der Handelsunternehmer und Hobbyschriftsteller Ralph Brey. Gut, es gibt bereits die Braillezeile, ein Computer-Ausgabegerät, das stolze 6.000 Euro kostet. Die Krankenkassen übernehmen zwar, aber sie wären bestimmt nicht böse, wenn sie für Ralphs Erfindung Smartbraille nur 600 Euro oder gar nur 99 Euro zahlen müssten, je nach Produktionsmenge.
Smartbraille ist nur wenig größer als eine herkömmliche Computermaus und kann E-Books in der Blindenschrift wiedergeben, immer einen Punktbuchstaben gleichzeitig. Traditionell schrecken die Löwen vor Neuentwicklungen, die sich mehr oder weniger dem Bereich Medizinprodukte zuordnen lassen, zurück. Der Markt ist oft nischig, der Vertrieb schwierig und die Branche, vor allem die Kassen, schwer von Innovationen zu überzeugen. So wird das auch hier nichts mit einem Deal.
Fotos: RTL / Bernd-Michael Maurer