Was 2 Jahre Bestellerprinzip für PropTech-Startups bedeuten
Gastbeitrag: Genau heute vor zwei Jahren trat ein Gesetz in Kraft, das als Bestellerprinzip bekannt ist und die Bezahlung von Immobilienmaklern regelt. Welche Auswirkungen das hatte und hat, erläutern in einem Doppelinterview Alexander Ubach-Utermöhl von der German PropTech Initiative (GPTI) und Fabian Mellin vom PropTech-Startup moovin.
Im Gespräch: Alexander Ubach-Utermöhl (GPTI) und Fabian Mellin (moovin)
Alexander Ubach-Utermöhl ist seit Gründung im Juni 2016 der Vorsitzende der German PropTech Initative e.V. Der Verein vernetzt die Gründer immobilienwirtschaftlicher Geschäftsmodelle in Deutschland, stellt Verbindungen zur etablierten Branche her und wirbt für die zugrundeliegenden Technologien. Darüber hinaus ist Alexander geschäftsführender Gesellschafter der blackprint Booster GmbH. Der blackprint Booster ist der Accelerator der deutschen Immobilienwirtschaft, der sich auf ein breites Partnernetzwerk mit unter anderem Commerz Real, techem und Vonovia stützt, und unterstützt so zielgerichtet PropTech Startups.
Fabian Mellin (CEO) gehört zusammen mit Arne Schubert (CMO) und Dr. Axel von Zimmermann (CFO) zum Gründertrio von moovin. Als Experten aus der Immobilienbranche und für Digitalisierung arbeiten sie gemeinsam an Lösungen, um den sich drastisch verändernden Markt für alle Beteiligten fair, transparent und effektiv zu gestalten. moovin ist ein bundesweit verfügbarer digitaler Service für die Vermietung von Immobilien. Die Kosten- und Leistungsstruktur ermöglicht es Immobilieneigentümern und Hausverwaltern, die Vermarktung von Immobilien zeitsparend und kostengünstig zu gestalten.
Wann wurde die GPTI gegründet?
Alexander Ubach-Utermöhl: Die German PropTech Initiative gibt es seit Juni 2016. Wir feiern also einjähriges Jubiläum. Und in Österreich sind wir mit unserer Schwesterinitiative APTI seit Anfang des Jahres aktiv.
Wann wurde moovin gegründet?
Fabian Mellin: moovin wurde im März 2015 gegründet und feierte dieses Jahr seinen zweiten Geburtstag.
Warum ist die GPTI entstanden?
Alexander Ubach-Utermöhl: In der etablierten Immobilienwirtschaft ist es ganz normal, dass sich Branchenteilnehmer und auch Wettbewerber vernetzen und regelmäßig zu verschiedenen Anlässen treffen. Im Bereich der Digitalunternehmer fehlte ein solcher Austausch, von Unternehmer zu Unternehmer. Noch dazu bieten wir den PropTech-Unternehmen in Deutschland eine unabhängige Plattform, die für die Sache wirbt und Aufmerksamkeit für die Technologien erzeugt.
Was gab den Anstoß für die Gründung von moovin?
Fabian Mellin: Mit dem Bestellerprinzip änderte sich die Gesetzeslage für die Bestellung des Maklers. Seit dem 1. Juni 2015 muss derjenige den Makler zahlen, der ihn beauftragt und das sind in der Regel die Vermieter oder Hausverwaltungen. Hier setzt moovin an und bietet Lösungen für Immobilieneigentümer und Verwalter, die günstiger und effizienter vermieten möchten.
Derzeit werden etwa 168 PropTechs gezählt. Wie viele sind Mitglied in der German
PropTech Initiative?
Alexander Ubach-Utermöhl: Gestartet ist die Initiative mit sechs Unternehmen. Stand heute zählen wir etwa 35 Mitglieder. Auf dieses starke Wachstum sind wir extrem stolz, insbesondere im Hinblick auf die noch eher kleine Szene.
Das Bestellerprinzip wird am 1. Juni zwei Jahre alt. Demnach gilt, wer den Makler bestellt, muss ihn auch bezahlen. In der Regel betrifft das nicht mehr den Mieter, sondern den Vermieter. War die Einführung ausschlaggebend für die Entwicklung der PropTech Startups?
Alexander Ubach-Utermöhl: Ja, denn das Bestellerprinzip hat eine Ineffizienz der Branche für
die breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Dies hat dazu geführt, dass sich viele Branchenfremde, mit Unternehmer- oder Tech-Hintergrund, auf dieses Feld gestürzt haben. Wir gehen aber davon aus, dass dieser Fokus in Zukunft kleiner wird, und die Szene mit zunehmender Reife diversifizierter und breiter wird.
Fabian Mellin: Ja, die Idee von moovin entstand jedoch bereits 2012 und somit lange vor der Einführung des Bestellerprinzips. Doch erst mit dem Inkrafttreten des Bestellerprinzips wurden Lösungen, die moovin anbietet, am Markt nachgefragt und wir konnten durchstarten. Aus unserem Produktbaukasten bucht der Kunde nur die Leistungen rund um Energieausweis, Vermarktung und Vermietung, die er wirklich benötigt. moovin bietet ein webbasiertes Produkt, welches den gesamten Prozess der Vermarktung und Vermietung digital abbildet. In 17 Städten deutschlandweit betreuen wir unsere Kunden auch vor Ort bei der Erstellung von Exposés mit 360-Grad-Rundgang oder der Durchführung von Besichtigungen mit Mietinteressenten.
Die Politik verlangt teilweise auch nach einem Bestellerprinzip für Immobilienverkäufer. Würde das Inkrafttreten die Entwicklung der PropTech Szene beeinflussen?
Alexander Ubach-Utermöhl: Die Auswirkung auf die Anzahl der Neugründungen wäre wohl nicht so stark wie beim Bestellerprinzip für Mietwohnungen. PropTech Unternehmen, die bereits jetzt Erfahrung haben bestehende traditionelle Prozesse zu standardisieren und zu digitalisieren, sind dann gut vorbereitet. Aber auch etablierte Unternehmen, die ihre prozessualen und somit digitalen Hausaufgaben jetzt erfolgreich machen, können von einer solchen Regelung profitieren. Denn dann geht es ganz klar um Transparenz und Kosteneffizienz.
Fabian Mellin: Ja, da mit der Einführung des Bestellerprinzips im Immobilienverkauf auch Verkäufer nach kosteneffizienten Lösungen suchen würden, hätten PropTechs eine zusätzliche Zielgruppe. moovin hat es bereits jetzt geschafft, die Digitalisierung der Prozesse und Strukturen so zu gestalten, dass diese nicht nur bei der Vermietung, sondern aktuell auch schon beim Immobilienverkauf genutzt werden.
Makler argumentierten wenige Monate nach der Einführung des Bestellerprinzips und dem Startup-Boom in der Szene, dass aufgrund des fehlenden Vertrauens nur mit wenig ernsthafter Konkurrenz zu rechnen sei. Wie schätzen Sie die Entwicklung aus heutiger Sicht ein?
Alexander Ubach-Utermöhl: Das sehen wir anders. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass Makler komplett verschwinden werden. Deren Aufgaben werden sich jedoch eher zu einem „Transaktionsberater“ entwickeln. Jedoch sollten sich die Marktteilnehmer darauf einstellen, dass es einen transparenteren und offeneren Markt geben wird. Makler, deren Geschäft nur darauf beruht Kontakte zu Objekten oder potenziellen Käufern herzustellen, sollten jetzt anfangen, ihr Geschäft auf echten Mehrwert und effiziente Leistung auszurichten. Denn Kontakte kann in Zeiten von smarten Plattformen und Matchings jeder direkt bekommen. Auf diesem Weg werden Sie um die Digitalisierung ihrer eigenen Prozesse nicht herumkommen.
Fabian Mellin: moovin konnte hier ganz klar das Gegenteil beweisen. Zu unseren Kunden zählen nicht nur private Immobilieneigentümer, sondern auch namhafte Hausverwaltungen und Immobilienfonds. Durch das Anbieten von Testphasen haben wir das Vertrauen der Kunden gewonnen und können inzwischen ca. 550 Neuvermietungen und 200 Verkäufe verzeichnen. Ein Warenkorb zum tatsächlichen individuellen Zusammenstellen der Leistungen, wie moovin ihn anbietet, ist für die stationären Makler schwierig zu realisieren, da laufende Kosten zu hoch sind und digitale Lösungen zur Reduzierung des Mehraufwands fehlen. Es zählen bereits einige Immobilienmakler zu unseren Kunden, da unser Service auch dem traditionellen Immobilienmakler einen Mehrwert bietet. Durch unser digitales Mieter-Management können Makler auch die eigenen Prozesse optimieren.
Das Portfolio der PropTechs reicht von digitalen Lösungen in der Immobilienvermittlung, der Vermittlung von Maklern über Crowdfunding bis hin zu Smarthome Entwicklungen. Welche PropTechs werden 2017 vor besonderen Herausforderungen stehen und warum?
Alexander Ubach-Utermöhl: Im Hinblick auf die angekündigten Regulierungen des Crowdfundings werden die Unternehmen in diesem Bereich sicher gefordert sein, die Nachhaltigkeit und Sicherheit der angebotenen Investments klar und offen zu zeigen. Auch erwarten wir im Bereich der Immobilienvermittlung eine Fortsetzung der bereits stattfinden Marktbereinigung. Wenn man in die weiter fortgeschrittenen Märkte USA und UK schaut, erwartet uns in Deutschland dazu noch einiges im Bereich Internet-of-Things und Visualisierung im Sinne von Augmented Reality AR oder Virtual Reality VR. Hier gibt es zwar schon einige Player im deutschen Markt, die technologischen Möglichkeiten werden aber noch nicht vollends ausgeschöpft. Auch aufgrund der deutschen Vorbehalte gegenüber neuen Technologien, die in der Immobilienbranche besonders ausgeprägt sind, und der deutlich schlechteren Verfügbarkeit von Kapital. Denn Startups, die wirklich bahnbrechende Technologien entwickeln wollen, brauchen große Mengen Risikokapital.
Fabian Mellin: Insbesondere die jungen Proptech Startups konzentrieren sich auf die weitere Entwicklung des Geschäftsmodells und die Etablierung am Markt. moovin legt den Fokus auf die digitale Weiterentwicklung der Software sowie Prozesse. Durch das Feedback unserer Kunden haben wir zahlreiche Features auf der Liste, die moovin noch besser machen werden. Wir konzentrieren uns weiterhin auf die gezielte Ansprache von potentiellen Großkunden, da hier der entscheidende Hebel für die weitere Entwicklung liegt.
Würden Sie PropTechs als etablierte Player der Immobilienbranche bezeichnen?
Alexander Ubach-Utermöhl: Da es mittlerweile Unternehmen gibt, die in punkto Umsatz und Mitarbeitern inzwischen sehr mittelständisch geprägt sind, ganz klar ja. PropTech Unternehmen sind schon lange nicht mehr nur Startups.
Fabian Mellin: Ja. Vorreiter der Branche wie ImmobilienScout24 zeigen uns, wo die Reise hingehen kann. Die PropTech Startups haben sich etabliert und agieren auf einem Markt, der noch ein enormes Entwicklungspotenzial birgt.
Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der PropTech-Szene in den nächsten Jahren
ein?
Alexander Ubach-Utermöhl: Die Szene wird weiterwachsen und auch schwierigere Felder, insbesondere im Bereich B2B und gewerbliche Immobilien, in Angriff nehmen. Diese Früchte hängen zwar höher, sind jedoch dafür auch deutlich lohnender. Dies zeigt sich auch in der etablierten Branche, die von diesen Bereichen dominiert wird. Zusammenfassend stehen aufregende Zeiten an, die wohl zu einer Durchmischung von alten und neuen Playern führen werden. Es lohnt sich also für beide Seiten, gezielt Gemeinsamkeiten zu identifizieren oder zu entwickeln.
Fabian Mellin: Neue Player werden dazu kommen, andere ziehen sich vielleicht vom Markt zurück. Neben der weiterführenden Digitalisierung der Prozesse für Vermieter aber auch Mieter, liegt der Schwerpunkt bei der Akquise potentieller Großkunden, um nachhaltig zu wachsen.
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