VIREED – Virtual Reality für die medizinische Ausbildung
Mit VIREED hält die Virtual Reality Einzug in die medizinische Aus- und Fortbildung. Das Hamburger Startup entwickelt gerade eine Lernplattform, die Studierende und Ärtze gleichermaßen nutzen können. Der Gründer Nick Wiese erklärt uns im Interview, wie das funktioniert.
Hallo Nick, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle zu Beginn Dich und Dein Team kurz vor!
Sehr gerne! Mein Name ist Nick Wiese, 26 Jahre alt und gebürtiger Hamburger. Ich bin geschäftsführender Gesellschafter der VIREED UG. Mit im Gründerteam ist noch Arne Urff, unser CTO. 32 Jahre alt und ebenfalls Hamburger.
Wie ist die Idee zu VIREED entstanden?
Tatsächlich durch meine Bachelorarbeit, welche ich im März letzten Jahres geschrieben habe. Kurz gesagt habe ich eine Studie durchgeführt, innerhalb der ich klassische und virtuelle/immersive Präsenzveranstaltungen im Bereich der Hochschullehre verglichen und untersucht habe. Mittels 6 GoPros habe ich ein 360-Grad-Video einer Vorlesung erstellt und diese mit inhaltlich passenden 3D-Animationen versehen. Die Studenten haben diese dann mittels eines Virtual Reality Headsets (Oculus Rift Development Kit 2) immersiv nacherleben können. Das Testergebnis war erstaunlich gut. Der einzige Haken an der virtuellen Vorlesung war jedoch die fehlende Interaktion der Studenten, da auch 360-Grad-Content am Ende des Tages ein Video bleibt. Banale Dinge wie das Erstellen von Notizen ist bei reinem 360-Grad-Content einfach nicht möglich.
Nutzt man jedoch echte, auf 3D-Modellen basierte Virtual Reality, öffnet dieses einem ungeahntes Potenzial zur Erstellung und Kreierung von immersiven, interaktiven und auf Learning by Doing basierten Lernerfahrungen. Und gerade im Bereich der Medizin existiert eine Vielzahl an sinnvollen Einsatzmöglichkeiten für ein solches Medium. Die Vision stand, und direkt nach Fertigstellung meiner Bachelorarbeit haben wir das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) als Partner gewonnen und das Projekt VIREED MED gestartet. VIREED steht übrigens für VIrtual REality EDducation.
Was genau bietet VIREED an und wie funktioniert das?
VIREED ist der Name des Unternehmens. Mit VIREED MED entwickeln wir gerade unser erstes Produkt. VIREED MED ist eine medizinische Virtual Reality Education-Plattform für Studenten, Ärzte und Fachpersonal zum sozialen und fachlichen Austausch sowie zum Lernen, Trainieren und Simulieren von medizinischen Eingriffen und Notfallsituationen.
Stell dir vor, du bist frischer Student des ersten Semesters der Medizin. In der Uni, und in der Zukunft auch von Hause aus, setzt du dir ein VR-Headset auf und befindest dich direkt in der Welt von VIREED MED. Jeder startet auf unserer VIREED HOME-Plattform, welche optisch eine Mischung zwischen schicker Universität und einer modernen Privatbibliothek ist. In diesem Raum befinden sich bereits deine Kommilitonen sowie andere User und unterhalten sich. Die HOME-Plattform verfügt über verschiedene Räumlichkeiten mit verschiedenen Möglichkeiten. Zum Beispiel wird es einen Keynote-Raum geben, in dem du oder andere User zum Beispiel Doktorarbeiten oder andere Forschungsergebnisse vorstellen und mit dir teilen können. In einem weiteren Raum soll es möglich sein, einem Chirurgen bei seiner Arbeit mittels unserer 360-Grad Mediathek oder sogar per Livestream unserer Partnerkrankenhäuser aus der ersten Reihe zuzugucken.
Kern-Content unserer Plattform ist jedoch eine große Auswahl an interaktiven Lernszenarien. Von Basic-Life-Support – Was sind eigentlich die absolut notwendigen Schritte, die ich innerhalb von zwei bis drei Minuten nach eintreten eines Herzstillstandes des Patienten durchführen muss, um diesem das Leben zu retten? – bis hin zu hochkomplexen Situationen im Schockraum einer Notaufnahme.
Stell dir vor, der beste Oberarzt der Welt gibt dir Privatstunden und trainiert mit dir Schritt für Schritt komplexe oder einfache Szenarien, und zwar wann immer und so oft du willst. Im Anschluss kannst du dich selbst unter realistischen Bedingungen in sogenannten Ernstfallsimulationen testen. Unser Reporting-Tool erstellt dir nach Abschluss ein persönliches Leistungsprotokoll, welches deine erbrachten Leistungen, aber vor allem deine vorhandenen Defizite aufzeigt. Mit VIREED MED wollen wir unsere User besser und vollständig auf den Alltag im Bereich der Medizin vorbereiten.
Welche Zielgruppe spricht VIREED an?
Anfangen werden wir mit Studenten und planen, mit ihnen vom ersten Semester an mitzuwachsen. Nachdem die Ausbildung abgeschlossen ist, richtet sich unser Fokus auch auf Fort- und Weiterbildung sowie Pflichtschulungen. Ziel ist es also, nicht nur Studenten, sondern auch Ärzte und medizinisches Fachpersonal aus anderen Bereichen zu erreichen. Wie zum Beispiel aus der Pflege.
Ist das Verfahren schon in der Praxis getestet worden?
Durch den engen Austausch mit unseren Partnern wird unsere Plattform kontinuierlich von Ärzten oder Studenten getestet. Anfang 2019 starten wir dann zusammen mit dem UKE unsere erste große Studie mit circa 400 Studenten. Aktuell verhält sich das Feedback sehr positiv, natürlich zählt auch immer ein bisschen Vorstellungskraft dazu, da unsere Plattform noch eine Weile in der Entwicklung stecken wird.
Ihr habt Euch bisher auf den Medizinbereich spezialisiert. In welchen anderen Branchen wäre der Einsatz Eurer Technologie noch denkbar?
Überall dort, wo Prozesse trainiert werden, ergibt sich auch die Möglichkeit einer VR-Education-Plattform. Ob sich aktuell oder in Zukunft auch ein Markt sowie ein passendes Business Model für diesen Bereich formen lassen, ist natürlich eine andere Frage. Die Erkenntnis, dass Virtual Reality im Bereich des prozessbasierten Trainings einen enormen Mehrwert ausmachen kann, wird auch bald in der breiten Gesellschaft angekommen sein. Je mehr sich Virtual Reality etablieren kann, desto größer und interessanter werden natürlich auch die Einsatzmöglichkeiten.
Welche sind Eure wichtigsten Mitbewerber?
Die wichtigsten Mitbewerber kommen aus den Staaten. Unternehmen wie BioflightVR oder Arch Virtual, welche von Partnerschaften mit zum Beispiel Oculus oder HTC profitieren. Jedoch ist die Art und Weise der Ausbildung in den Staaten nicht mit der hiesigen zu vergleichen. Besonders die deutsche Medizinausbildung genießt ein international hohes Ansehen. Das spielt uns im Raum Europa natürlich in die Karten.
Wer sind Eure Partner und Investoren?
Unsere Partner neben dem UKE sind aktuell Philips, die Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW), die Universität Hamburg, die Gesundheitswirtschaft Hamburg sowie weitere Partner aus der Medizintechnik. Zu den Investoren zählt aktuell Axel Springer. Das Health Innovation Port (HIP) von Philips ist ein wirklich schöner und chancenreicher Ort zum Wachsen. Nicht nur der Austausch mit den anderen HIP-Startups, sondern auch die interessanten Besucher und spannenden Veranstaltungen bringen einen voran. Da hauptsächlich das Thema Medizin im Fokus steht, befindet man sich automatisch im Richtigen Umfeld. Die Dichte und Qualität der potenziell wertvollen Kontakte ist dadurch ziemlich hoch. Aber natürlich auch Events, wie ihr sie veranstaltet, bringen uns voran. Startups können extrem viel von den erfahrenen Menschen der Branche lernen. Euer Innomatch-Event zum Beispiel ist eine ideale Chance, um einen Mentoren für das eigene Startup zu gewinnen.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate?
Hauptsächlich das Gewinnen weiterer Partner und Investoren zur planmäßigen Fertigstellung unserer ersten Beta-Version Anfang 2019. Des Weiteren wollen und müssen wir unser Team ausbauen. Daher Suchen wir Unreal Engine-Entwickler, die mit der gleichen Leidenschaft an unserer Vision und der Zukunft der medizinischen Ausbildung arbeiten wie wir es tun. Natürlich ist Geld auch immer ein Thema. Auch da arbeiten wir an verschiedenen Baustellen um unser vorhaben zu finanzieren. In circa acht Monaten wollen wir unsere Seed-Runde schließen. Es liegt also ein Haufen Arbeit vor uns, aber es macht auch einfach extrem viel Spaß.
Vielen Dank für das Interview!