UniPitch: der Wettbewerb mit dem Vorher-Nachher-Effekt
Unter den vielen Pitchwettbewerben sticht der UniPitch besonders heraus. Hier bekommen die Startups nämlich die Chance sich zweimal zu präsentieren. In den zwei Stunden zwischen den Auftritten werden sie intensiv gecoacht, und es ist beeindruckend, welche Veränderungen und Fortschritte in so kurzer Zeit möglich sind. Daher gab es am Mittwoch mit Taxdoo nicht nur einen Sieger, sondern insgesamt vier Gewinner.
Gründerinnen und Gründer bekommen häufig die Gelegenheit, ihr Startup zu pitchen: vor Investoren, vor einer Fachjury oder vor einem interessierten Publikum. Was fast immer fehlt, sind ein ehrliches und konstruktives Feedback und erst recht die Chance, es in einem zweiten Versuch noch besser zu machen. Ganz anders beim UniPitch, dem gemeinsamen Pitch-Event der Hamburger Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Ein Pitch als Entwicklungsgeschichte
Dieser Wettbewerb läuft folgendermaßen ab: Die vier Finalisten, ausgewählt aus 30 Bewerbern, präsentieren sich vor Publikum und einer vierköpfigen Jury und haben dafür jeweils fünf Minuten Zeit. Anschließend geben die Juroren ihr fachliches Urteil ab, sparen dabei nicht an Lob, zeigen aber auch Schwachstellen auf. Nach Ende des ersten Pitchdurchgangs kümmert sich je ein Jurymitglied um eines der Startups und hilft dabei, den Auftritt zu optimieren. Damit den Zuschauern in der Zwischenzeit nicht langweilig wird, können sie zwischen fünf verschiedenen Workshops wählen, die sich überwiegend mit dem Thema „Pitch“ beschäftigen.
Soweit das Grundprinzip. Das Event selbst lief dann am 16. November folgendermaßen ab: Ort des Geschehens war das Forum Finkenau, in dessen Foyer einige Startups ausstellten. Zur Einleitung sprach Christian Salzmann, der neue Executive Director des Startup Docks, das den Löwenanteil der Organisation übernommen und souverän gemeistert hatte. Danach erzählte außer Konkurrenz Constanze Klotz von ihrem Projekt Bridge&Tunnel.
Bridge&Tunnel: Erfolg mit sozialem Anliegen und schönem Design
Bridge&Tunnel begeistert schon sein eineinhalb Jahren die Medien, und das aus einer Reihe von Gründen. Das Startup ist angesiedelt in Wilhelmsburg, einem Stadtteil, der sonst oft für unerfreuliche Geschichten herhalten muss. Es beschäftigt Frauen mit Migrationshintergrund, die auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum eine Chance bekommen und hier ihre Fähigkeiten einsetzen können. Es verwendet als Ausgangsmaterial alte Jeans und macht daraus schicke Taschen und andere Accesoires. „We design society“ ist das passende Motto des Unternehmens, das inzwischen einen gut sortierten Onlineshop hat und ein zehnköpfiges Team beschäftigt. Vier Praktikumsplätze für Flüchtlinge kommen bald dazu.
Nun aber zum eigentlichen Wettbewerb. Wir stellen die vier Kandidaten mit ihren Geschäftsideen kurz vor und fassen zusammen, welche Entwicklung vom ersten zum zweiten Pitch zu beobachten war. Den Anfang macht Julia Kaiser. Sie ist Designerin und absoluter Neuling auf der Pitchbühne. Deshalb hielt sie sich bei ihrem ersten Auftritt noch an einer Zettelsammlung fest. Ihr Produkt, die Glosch, kennt sie eigentlich in- und auswendig, war es doch Thema ihrer Masterarbeit. Um Gemüse länger haltbar zu machen, haben die Menschen es früher in feuchten Sand eingegraben und dabei des Prinzip der Verdunstungskühlung genutzt.
Die Glosch: demnächst bei Dümmel im Angebot?
Das findet auch bei der Glosch Anwendung. Sie ist eine doppelwandige Glocke, die über die Nahrungsmittel gestülpt wird. Das in den Raum zwischen den Wänden gefüllte Wasser sorgt für eine Temperatur, die ideal für Tomaten oder Käse ist, besser als in jedem Kühlschrank. Ein schönes Produkt und eine schöne Geschichte, die Julia im zweiten Versuch auch schon deutlich flüssiger und freier vermitteln konnte. Wenn die Glosch noch verbessert wird, könnte sie demnächst für einen großen Markt und beispielsweise für den Oberlöwen Ralf Dümmel interessant werden, wie Jurorin und Hamburg Startups-Mitgründerin Sanja Stankovic andeutete.
Auch noch vor dem Markteintritt befindet sich Localize. Unter diesem Namen entsteht eine Plattform für Leute, die aus dem Ausland nach Hamburg kommen und jede Menge Fragen zu beantworten haben. Wo kann ich wohnen? Welche Behördengänge muss ich machen? Wie finde ich einen passenden Verein für meinen Lieblingssport? Und vieles mehr. Für den engagierten Pitch gab es viel Lob für das Gründerduo Hanna Asmussen und Fabian Jacobson, aber auch einiges an Kritik. Die Slides seien zu unübersichtlich, die Präsentation sei insgesamt zu überladen, und das Geschäftsmodell auch nicht richtig rübergekommen.
Localize macht den größten Fortschritt
Daraufhin hat Localize seinen Pitch am drastischsten von allen Teilnehmern überarbeitet. Jetzt waren Slides zusehen, die nur aus einem Wort oder einer Zahl bestanden. Die Idee der Plattform wurde anhand eines prototypischen Nutzers lebendig, und Hanna brachte ihre eigenen Erfahrungen aus der Dominikanischen Republik ein. Und schließlich wurde auch der angepeilte Kundenkreis definiert: Unternehmen, die ihre Mitarbeiter international rekrutieren. Mehr Änderungen an einem Pitch sind innerhalb von zwei Stunden kaum zu schaffen.
Deutlich weiter als Glosch und Localize ist das Startup von Reyk Sonnenschein: Soziago ist eine Plattform für soziale Arbeit und ihre Einrichtungen, von der Kita bis zum Altenpflegeheim. Eine Branche von enormer Bedeutung, der es aber an Transparenz fehlt. Hier will Soziago Abhilfe schaffen und richtet sich dabei sowohl an Kunden als auch an Anbieter. Von denen sind bereits über 3.000 auf der Plattform versammelt, und das nur für den Raum Hamburg!
Immer gut: Slides mit Kinderbildern
Förderung gab es schon beispielsweise durch das Social Impact Lab, und man merkte Reyk an, dass er schon mehr Erfahrung besitzt, auch wenn er erklärt, in einem so großen Rahmen noch nicht gepitcht zu haben. Verbesserungen sind aber immer möglich, und so fügte er in Runde 2 etwas hinzu, was jeder guter Pitch haben sollte: eine konkrete Geschichte, am besten eine aus dem Leben des Präsentators. Reyk ist zweifacher Vater und war Sozialarbeiter, weiß also in mehrfacher Hinsicht, wovon er spricht. Zum Abschluss zeigte er noch ein paar Fotos von Kindern. Bilder von Menschen fehlten nämlich im ersten Durchgang, und das bei einem so menschlichen Thema.
Umsatzsteuer. Kein Thema, das dem Publikum ein Leuchten in die Augen zaubert, höchstens Tränen den Betroffenen. Damit das nicht passiert, kümmert sich Taxdoo um die Steuerfragen von Onlinehändlern, die in ganz Europa aktiv sind. 50 Betatester gibt es, die Kommunikation über Newsletter und Blog läuft, und der Pitch auch. Christian Königsheim konnte das vermeintlich dröge Thema gut vermitteln, wobei auch die „Angsttaktik“ half, wie es durchaus lobend aus der Jury hieß.
Der UniPitch gehört in den Quadranten rechts oben
Da gab es gar nicht so viel zu verbessern. Neu beim zweiten Mal war auch hier eine persönliche Story, in diesem Fall die von der Onlinehändlerin Anna. Auch immer gern genommen: Eine Grafik, bei der zwei sich schneidende Achsen vier Quadranten bilden. Ziel ist es, im Vergleich mit der Konkurrenz immer rechts oben zu landen, egal, nach welchen Kriterien. Taxdoo hatte damit kein Problem und konnte auch die Abstimmung durch das Publikum per Smartphone gewinnen und somit 500 Euro. Hier gab wohl der positive Gesamteindruck den Ausschlag. Der positive Gesamteindruck, da wiederholen wir uns gern, gilt unbedingt auch für den gesamten UniPitch. Bitte mehr davon!
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