UniPitch 2017 – doppelt gepitcht wirkt besser
Beim Pitchen eine zweite Chance bekommen – dieser Wunsch bleibt Startups in den meisten Fällen verwehrt. Ganz anders beim UniPitch. Hier gehört es zum Konzept, dass die Teilnehmer nicht nur ausführlich Feedback auf ihre Präsentationen bekommen, sondern auch einen weiteren Auftritt mit einem verbesserten Pitch haben. Ein tolles Event, das am 16. November über die Bühne ging und auch sonst noch einiges zu bieten hatte.
„Pitchen ist einfach, man muss es nur können.“ Unter diesem Motto von entwaffnender Logik stand der Vortrag, den Nico Lumma vom Next Media Accelerator zur Einstimmung hielt. Darin erläuterte er, was einen gelungenen Pitch seiner Meinung nach ausmacht. Das klang dann in der Tat nicht sonderlich kompliziert. So sind nicht mehr als zehn Slides erforderlich, die alle wichtigen Punkte enthalten müssen.
10 Slides für den perfekten Pitch – und eine vermeintliche Todsünde
1. Problem (groß, wichtig). 2. Lösung (überzeugend). 3. Produkt (noch überzeugender). 4. Marktgröße (wächst). 5. Geschäftsmodell (einträglich). 6. Tech / Magie (einzigartig). 7. Wettbewerb (vorhanden, aber wir sind besser). 8. Markteintritt (zum richtigen Zeitpunkt). 9. Team (top besetzt). 10. Stand der Dinge / Ausblick (rosig). Wer dazu noch berücksichtigt, vor welchem Publikum er gerade pitcht, kann eigentlich nichts mehr falsch machen. Es sei denn, er verwendet ein Video; Videos hasst Nico nämlich in Pitches.
Haben sich die Teilnehmer am UniPitch 2017 an diesen Ratschlägen orientiert, die sie ja bei der Vorbereitungen ihrer Präsentationen vielleicht noch gar nicht kannten? Darauf kommen wir gleich zurück, zuerst noch ein paar allgemeine Anmerkungen zu der Veranstaltung. Der UniPitch ist das gemeinsame Gründer-Event der Hamburger Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Stattgefunden hat es im Forum Finkenau, und die Organisation hatte das Startup Dock der TU Harburg übernommen.
Vorträge, Workshops und eine Prototypenmesse ergänzen das Programm
Im Mittelpunkt stand der Pitch-Wettbewerb, bei dem die Kandidaten gleich zweimal ran durften. Nach dem ersten Durchgang entwickelten sie mit erfahrenen Coaches Verbesserungen an ihrem Pitch und präsentierten das Ergebnis erneut dem Publikum. Dieser Vorher-Nachher-Effekt ist der Clou beim UniPitch. Daneben gab es aber auch eine kleine Prototypenmesse, bei der die Besucher ihren Favoriten unter den Ausstellern küren konnten. Fünf Workshops und drei Vorträge von schon erfolgreichen Gründerpersönlichkeiten rundeten das Programm ab. Mit dabei war Marie-Lene Armingeon, eine der Gründerinnen von SofaConcerts, die, na klar, ein sehr langes, schönes, emotionales Video mitgebracht hatte.
Bluebird Mountain hilft Lawinenopfern, Breeze misst die Luftqualität
Aber jetzt zurück zum Kern des Events, den Pitches. Jeweils den Auftakt machte Konstantin Kollar von Bluebird Mountain. Dieses Hamburger Startup kümmert sich um die Nöte von Wintersportlern, die abseits der Piste in eine Lawine geraten. Ein kurzes Video zeigte eindrucksvoll, wie das aussieht – und damit, dass Video durchaus wirkt. Wer von einer Lawine verschüttet wird, droht innerhalb weniger Minuten zu ersticken. Bluebird Mountain hat nun eine Drohne entwickelt, die sich von dem Verunglückten leicht abschießen lässt und die über dem Unglücksort verharrt und ihn damit auffindbar macht.
Der erste Pitch war schon recht überzeugend, was auf der Bühne fehlte, war die PowderBuddy genannte Drohne selbst. Das änderte sich im zweiten Durchgang, der mit der Nennung von Preisen und Geschäftszielen auch die vorher etwas zu kurz gekommenen Zahlenfreunde zufrieden stellte. Zahlen standen auch im Mittelpunkt der Präsentation von Breeze, und zwar erschreckende, beispielsweise über die enormen Kosten, die Luftverschmutzung jährlich verursacht. Beim ersten Pitch waren die noch in englischen Trillionen angeben, in der überarbeiteten Fassung wurden deutsche Billionen daraus. Ebenfalls anders: Ein Bild von der Köhlbrandbrücke im Dunst anstatt vom Eiffelturm, welches verdeutlichte, dass dicke Luft auch in Hamburg ein Problem ist. Und die misst Breeze mit seinen Sensoren ja in erster Linie.
CiDO öffnet Türen, Flugilo hilft Flugzeugen beim Einparken
Einen Heimatbezug konnte Felix Ueckermann von CiDO leicht herstellen, schließlich ist der erste Barcode-Scanner zum Öffnen von Türen von Mehrfamilienhäusern im Haus seines Mitgründers Julian Wulf installiert. Ein auf den ersten Blick etwas verwirrendes Video erläutert die Funktionsweise des Geräts. Das blieb auch in dem Pitch 2.0 drin, der keine grundsätzlichen Änderungen beinhaltete, aber an vielen Stellen noch klarer formuliert war und mehr Informationen zum Geschäftsmodell enthielt.
Die fehlten bei dem Pitch von Flugilo von vornherein nicht. Im Gegenteil, im zweiten Versuch wurden die sogar etwas gekürzt. Flugilo ist eine Art sensorgesteuerte Einparkhilfe für Flugzeuge und trotz des deutsch klingenden Namens die Gründung von zwei Amerikanern, Alex Kasinec und Andrew Moakes. Sie pitchten routiniert , aber ein bisschen zu abgeklärt, sodass der Funke nicht ganz überspringen wollte. Beim zweiten Mal war das anders; schon das erste Bild holte das Publikum ab. Es zeigte nämlich einen kaputten Auto-Seitenspiegel. So einen kleinen Unfall haben wohl viele schon gehabt, und bei Flugzeugen passiert ähnliches täglich, mit erheblich höheren Reparaturkosten, versteht sich.
Supyrb entführt in die Welt von Vaporwave
Verstehen konnte man mühelos den letzten Kandidaten, Johannes Deml, im Zweifelsfall auch ohne Mikrophon. Sein Enthusiasmus drückte sich unter anderem in der Lautstärke seiner Stimme aus. Und auch sonst war er kaum zu bremsen in seiner Begeisterung für seine Game-Schmiede Supyrb und sein Smartphone-Spiel Marbloid. Das ist geprägt von der Musik- und Kunstbewegung Vaporwave, die nur wenige Insider kennen. Folgerichtig gab es in zweiten Durchgängen ein paar mehr Infos dazu, und der Pitch wirkte insgesamt strukturierter, Johannes leider auch etwas gehemmt. Ach ja, der Pitch endete jeweils mit einem etwas chaotischen, aber sehr amüsanten Video.
Die Gewinner: CiDO, Bluebird Mountain – und das Team vom UniPitch!
Zeit, das Publikum über seinen Lieblingspitch entscheiden zu lassen. Das hatte zuvor schon CiDO zum besten Prototypen gewählt. Der Hauptpreis des Abends, unter anderem verbunden mit einem Scheck über 500 Euro, gestiftet von BEST AUDIT, ging dann an Bluebird Mountain. Gecoacht wurde das Team übrigens von Hamburg Startups-Mitgründerin Sanja Stankovic, die letztes Jahr schon Taxdoo zum Sieg verholfen hatte. Jetzt strebt sie natürlich das Triple an, vorausgesetzt der UniPitch findet auch 2018 wieder statt. Und das wollen wir ganz stark hoffen, denn dieses in seiner Art einzigartige und vom Startup Dock großartig veranstaltete Event sollte unbedingt erhalten bleiben!
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