Überraschende Ergebnisse für Hamburg beim Deutschen Startup Monitor 2020
Bereits zum achten Mal hat 2020 der Bundesverband Deutsche Startups e.V. den Deutschen Startup Monitor durchgeführt. Die Vorstellung der speziell für Hamburg ermittelten Ergebnisse fand am 4. März in zeitgemäß digitaler Form statt, präsentiert von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Was dabei herausgekommen ist, was gut läuft in Hamburg und wo es noch Defizite gibt, fassen wir hier zusammen.
Vorab ein paar Informationen zur Methodik des Deutschen Startup Monitors: Teilgenommen haben bundesweit 1.946 Startups, 113 davon aus Hamburg. Die Auswahl ist streng genommen nicht repräsentativ, erfahrungsgemäß ermöglicht sie aber ein glaubwürdiges Stimmungsbild. Die Befragung fand vom 11. Mai bis 21. Juni 2020 online statt. Die Corona-Krise hat also Einfluss auf die Antworten genommen und ist auch Thema bei einigen Fragen. Trotzdem spiegeln die Ergebnisse sicherlich nicht in allen Punkten die aktuelle Situation Anfang 2021 wider. Soviel der Vorrede; jetzt zu den wichtigsten Resultaten, die vor allem da relevant sind, wo Hamburg signifikant vom Rest der Republik abweicht.
Hamburger Startups sind länger dabei
Zunächst ging es um allgemeine Daten zu den im Monitor berücksichtigten Hamburger Startups. Sie sind etwas älter (3,0 zu 2,5 Jahre) und befinden sich daher häufiger in der Growth Phase (41 % zu 30 %) als der Bundesdurchschnitt. Daraus resultieren auch größere Teams (21 Mitglieder durchschnittlich in Hamburg, 16,7 bundesweit). Bei der Branchenzuordnung fällt der hohe Wert bei der Sparte „Ernährung und Nahrungsmittel/Konsumgüter“ auf (18 % zu 11 %). Führend ist die Informations- und Kommunikationstechnologie mit 30 %. Insgesamt liegt Hamburg bei den digitalen Geschäftsmodellen mit 79 % zu 67 % deutlich vorn.
Corona: mehr Geldprobleme, mehr Hilfen
Die Corona-Krise hat überall die Geschäftstätigkeit von rund drei Viertel aller Startups beeinträchtigt. Überproportional verschlechtert haben sich in Hamburg die kurzfristigen Umsätze (70 % zu 60 %), die langfristigen Umsatz- und Renditeprognosen (51 % zu 42 %) und VC-Finanzierungen (49 % zu 32 %). Die Finanzierungsfrage ist überhaupt ein Kernproblem in Hamburg. Für Corona-Hilfen gilt das weniger, hier wurden vor allem Sofortzahlungen (48 % zu 36 %) und das Kurzarbeitergeld (33 % zu 22 %) in Anspruch genommen.
Nachholbedarf bei Nachhaltigkeit
Exakt auf Bundesniveau ist Hamburg bei dem Durchschnittsalter der Gründerinnen und Gründer (36,1 Jahre) und beim Frauenanteil (16 %). Hier tut sich insgesamt immer noch zu wenig. Nachholbedarf gibt es zumindest in Hamburg auch beim Megatrend Nachhaltigkeit. 34 % der Startups ordnen sich dem Bereich Social Entrepreneurship zu, bundesweit sind es 43 %. Für nur 43 % ist eine positive gesellschaftliche oder ökologische Wirkung (sehr) wichtig; auf ganz Deutschland bezogen liegt der Wert bei 56 %.
Unerwartete Exit-Träume
Dem Selbstbild vom bedächtig und in jeder Hinsicht nachhaltig agierenden Hanseaten widersprechen auch einige Aussagen zu den Zielen der Startups. Tendenziell streben sie überdurchschnittlich oft exponentielle Wertsteigerung an (82 % zu 67 %), zielen stärker auf Marktführerschaft ab (41 % zu 34 %) und planen häufiger einen Exit (68 % zu 59 %) . Bei den den in diesem Zusammenhang angestrebten Summen hört die vermeintliche Bescheidenheit endgültig auf: 11 % träumen von einer Bewertung jenseits der Milliarde (Bundeswert: 6 %).
Schlechte Noten für das Ökosystem und eine Ankündigung vom Bürgermeister
Eine weitere Überraschung bot die Bewertung von Hamburg als Startup-Standort. Nur 38 % konnten sich zu den Noten „gut“ oder „sehr gut“ durchringen. Bundesweit liegt die positive Einschätzung bei 61 %. Woran hapert es laut Monitor im Ökosystem? Eine Antwort liefert der Zugang zu Beratern und Mentoren, den nur 44 % als (sehr) gut beurteilen (bundesweit 59 %). Auch bei wirtschaftspolitischen Initiativen herrscht noch Nachholbedarf (42 % zu 56 % positive Beurteilung). Dementsprechend hoch ist der Wunsch nach Ausbau der staatlichen Finanzierungsangebote (53 % zu 39 %). Da passte eine Ankündigung vom Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher im Rahmenprogramm der Präsentation ganz gut. Er erklärte, ein Modell zumindest prüfen zu lassen, bei dem die Stadt private Investitionen in Startups um den gleichen Betrag aufstocken könnte..
Hamburg ist eine attraktive Stadt, sicherlich auch für Startups. Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier aber oft noch auseinander. So lassen sich die Ergebnisse des Deutschen Startup Monitors 2020 in aller Kürze zusammenfassen. Wer sich die gesamte Auswertung ansehen möchte, kann sie sich hier kostenlos herunterladen.
Beitragsbild: Screenshot PwC