TimeTeller gewinnt bei Female StartAperitivo 2023
Zehn Bundesländer, zehn Startups mit Gründerinnen an der Spitze und zehn großartige Präsentationen – das Finale von Female StartAperitivo bot ein Pitchevent der Extraklasse. Häufig ging es dabei um die Vermeidung von Plastik und Müll insgesamt sowie um die Gesundheit. So auch bei der Gewinnerin des Abends, Angela Relógio aus Hamburg, die mit ihrem Startup TimeTeller und einer lebensrettenden Idee überzeugte. In diesem Beitrag stellen wir sie und alle anderen Kandidatinnen vor.
Über die rasante Entwicklung von Female StartAperitivo zu einem bundesweiten Wettbewerb und seinem eigentlichen Zweck, nämlich zu zeigen, was für starke, förderungswürdige Ideen und Geschäftsmodelle von Frauen geführte Startups aufweisen, haben wir an dieser Stelle schon häufiger berichtet. Deshalb legen wir gleich los mit den Gründerinnen und ihren mitreißenden Pitches.
Ein breites Spektrum ein tollen Ideen bei Female StartAperitivo
Etwas zu verschenken hatte Hannah Krominga aus Berlin, nämlich ihren grünen Hosenanzug, den sie während ihres Pitches trug. Damit erklärte sie das Prinzip ihres Startups GIFTD. Über eine App kann man dort seine überschüssigen Klamotten, die sonst im Müll landen würden, kostenlos anbieten. Bezahlen muss man lediglich die Mitgliedschaft. Für Sachsen war Eva-Maria Kappelhoff mit MealGood am Start. Sie war ganz kurzfristig ins Finale aufgerückt, weil die Gründerin des eigentlich qualifizierten Startups bitteiler aus persönlichen Gründen verhindert war. MealGood bietet ein Mehrwegsystem für die Großgastronomie und leistet damit einen Beitrag zur Müllvermeidung.
Das tut auf seine Weise auch BIOVOX aus Darmstadt. Gründerin Carmen Rommel berichtete von dem enormen Plastikverbrauch in Krankenhäusern. Die Biokunststoffe von BIOVOX lassen nicht nur den Plastikmüllberg schrumpfen, sondern senken im Vergleich zu fossilen Kunststoffen auch den CO2-Ausstoß um 85 %. Startups wirken oft am überzeugendsten, wenn sie mit einer persönlichen Geschichte verbunden sind. Auf besonders bewegende Weise gilt das für Protectify aus Kiel. Die Gründerinnen Sogol Kordi und Filiz Gezici waren selbst Opfer häuslicher Gewalt und zeigten Fotos von ihren Verletzungen. Mit einer App wollen sie nun Betroffenen die Möglichkeit geben, schnell und unkompliziert Hilfe zu holen.
Nicht ganz so oft wie vielleicht zu erwarten war fiel bei Female StartAperitivo der Begriff „künstliche Intelligenz“. Zumindest bei Anymate Me aus Köln spielte sie aber die Hauptrolle. Und das buchstäblich, denn das von Julia Leduc vorgestellte Startup produziert mit KI Videos, in denen realen Personen nachgebildete Avatare auftreten. Ernster ging es dann wieder zu bei Alvie aus Rostock zu. Dr. Doris Krüger ist Ärztin und will mit ihrer App helfen, Depressionen zu erkennen und zu therapieren. Millionen sind davon betroffen, und das gilt erst recht für die Zielgruppe von femfeel aus Karlsruhe. Früher oder später kommt jede Frau in die Wechseljahre und hat dann mit allerlei Beschwerden zu kämpfen. Janna Kraft und Marie Reger möchten mit ihrer App einen Leitfaden für eine Lebensführung bieten, der die Menopause angenehmer gestaltet.
Weniger Müll und Tierleid mit MIMBIOSIS und Phaeosynt
Alle Kandidatinnen hatten sich zuvor in ihren Bundesländern gegen starke Konkurrenz durchgesetzt, das erklärte die durchweg hohe Qualität der Pitches. Jede hätte auch an diesem Abend den Sieg verdient gehabt, doch das Publikum, in dessen Händen die Entscheidung lag, stimmte für drei andere würdige Gewinnerinnen. Platz 3 ging an MIMBIOSIS und Almira Kahya. Dieses Münchner Startup bietet für das Müllproblem gleich eine doppelt wirksame Lösung an. Zum einen ersetzt es Styropor durch auf Pilzmyzel basierenden Biokunststoff. Zum anderen nutzt es als Nährboden Textilmüll.
Vegane Schwangerschaftstests – was ist das und was soll das? Diese und und ähnliche Fragen bekommt Stephanie Pfeil-Coenen von Phaeosynt aus Hannover häufiger gestellt. Ihr Pitch war daher ein echter Augenöffner. Für Schwangerschaftstest werden Antikörper benötigt, die bisher aus lebenden Tieren oder tierischen Zellkulturen stammen. In beiden Fällen ist ihre Erzeugung mit Tierleid verbunden. Phaeosynt gewinnt nun seine Antikörper aus Kieselalgen und vermeidet bei seinen Schwangerschaftstest, die 2025 auf den Markt kommen sollen, sogar noch Plastikmüll, denn sie sind aus Papier. Dieser doppelte Vorteil wurde mit dem zweiten Platz belohnt.
Ein Triumph für Hamburg und Female StartAperitivo
Bei der Gewinnerin mag der Heimvorteil eine Rolle gespielt haben, sicherlich aber vor allem der überzeugende Pitch. Prof. Dr. Angela Relógio von TimeTeller hatte das Hamburger Halbfinale klar gewonnen und konnte erneut die meisten Stimmen einsammeln. Sie entwickelt einen Speicheltest, über den sich der beste Tageszeitpunkt für eine Chemotherapie feststellen lässt. Der hat enormen Einfluss auf die Verträglichkeit und Wirksamkeit der Behandlung und kann daher buchstäblich über Leben und Tod entscheiden. Bis TimeTeller marktreif sein kann, werden noch einige Jahre vergehen und 4 Millionen Euro Investorengelder benötigt. Die 5.000 Euro Preisgeld sind da nur ein kleiner Anfang, aber viel wichtiger für so ein Projekt ist die Sichtbarkeit, und die bietet Female StartAperitivo auf jeden Fall.
Das war es also, das große Finale, das wieder einmal zeigte, welch enormes Potenzial in von Frauen geführten Startups stecken kann. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis rasch auch auf Investorenseite durchsetzt, damit wir bis zur vollständigen Gleichberechtigung nicht bis zum Jahr 2215 warten müssen, wie eine wenig optimistische Berechnung behauptet. Das Team vom Hamburg Investors Network, das Female StartAperitivo mit großer Leidenschaft und großem Erfolg organisiert, ist da zuversichtlicher und wird weiter Gas geben. Wohin kann das noch führen? Ein paar Bundesländer fehlen noch und in unseren Nachbarländern gibt es sicherlich auch genug interessante Startups. Lassen wir uns überraschen!