Spacific – Vermessen leicht gemacht mit Augmented Reality
Objekte und ganze Räume scannen und vermessen, dabei automatisch 3D-Modelle erstellen und das alles mit dem Handy – noch ist das eine Zukunftsvision. Das Hamburger Startup Spacific will sie so schnell wie möglich wahr werden lassen. Ein preisgekröntes Projekt hat den Praxistest bereits bestanden.
Im November 2018 gewann beim nextReality Contest unter anderem ein Projekt namens HoloLinc der Firma Zühlke Engineering GmbH. Dabei ging es um den Einsatz von Augmented Reality (AR) zur Unterstützung von Verkauf und Produktion von Treppenliften. Zum Projektteam, das die Anwendung für den Konzern thyssenkrupp entwickelt hatte, gehörte auch Dennis Ahrens. Dennis hatte nach seinem Dualen Studium gut zehn Jahre bei Jungheinrich gearbeitet, vor allem im Kundendienst und in der Prozessoptimierung. Mit AR kam er erstmals bei dem Innovationsdienstleister Zühlke in Berührung. Schnell wurde ihm klar, dass dieser Technologie die Zukunft gehört.
Ein so aufwendiges Projekt wie das für thyssenkrupp können sich allerdings kleinere Unternehmen nicht ohne Weiteres leisten. Standartlösungen könnten den Prozess erheblich verkürzen und damit erschwinglich machen. Aus dieser Überlegung entstand die Idee zu seinem Startup Spacific, das er 2019 gründete. Die Messlösung, die Spacific entwickelt, nennt sich XR-Scan. Mit ihrer Hilfe können ein beliebiger Raum oder ein einzelner Gegenstand wie ein Tisch gescannt werden. Aufmaß nennt sich diese Form der Erfassung von Daten, aus denen sich ein exaktes 3D-Modell erstellen lässt, das über die Cloud verfügbar ist.
Spacific setzt auf AR-Brille oder Smartphone
Bei der Erstellung solcher Modelle kommt meist herkömmliche Lasertechnologie zum Einsatz. Die hat den Nachteil, dass die dabei erzeugte Punktewolke noch einer zeitraubenden Nachbearbeitung bedarf. Beim XR-Scan ist das Ergebnis unmittelbar geeignet für weitere CAD-Anwendungen. CAD ist die Abkürzung für „Computer-Aided Design“, zu Deutsch „rechnergestütztes Konstruieren“. Als Werkzeug zur Erstellung der Scans eignen sich zwei Gerätetypen. Da wäre zum einen die HoloLens von Microsoft, die bekannteste AR-Brille auf dem Markt. Und zum anderen Smartphones, die Lidar-Sensor verfügen. Lidar ist eine Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung unter Verwendung von Laserstrahlen. Bisher verfügt nur das ipPhone 12 Pro über einen solchen Sensor, doch das wird sich vermutlich bald ändern.
Der grundsätzliche Ablauf ist bei einem Aufmaß immer ähnlich, weshalb Spacific eine Plattform entwickeln kann, die die Basisanwendungen vereinheitlicht. Aber natürlich hat jedes Aufmaß auch viele individuelle Komponenten. Deshalb müssen Anwenderinnen und Anwender zunächst einen Workflow festlegen, der sich an dem zu vermessenden Objekt orientiert. Ist der definiert, gibt eine App Instruktionen, welche Messpunkte per Smartphone oder AR-Brille gescannt werden müssen. Das geht dann im Prinzip automatisch, übrigens auch offline, spezielle Technikkenntnisse sind nicht erforderlich. Die Vision ist, dass irgendwann jeder mit seinem Handy 3D-Modelle erstellen kann.
Im 2. Halbjahr 2021 soll es richtig losgehen
Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Bisher gibt es keine marktreife Version von XR-Scan. Immerhin existiert seit September ein Prototyp und dass die Technologie funktioniert, hat das Treppenlift-Projekt bewiesen. Im ersten Halbjahr 2020 war das siebenköpfige Team, zu dem auch die Mitgründer Simon Feismann (als Business Angel) und Ulrich Bönkemeyer (als Technikexperte) gehören, unter anderem mit einer Marktbefragung und der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten beschäftigt. Im November gab es dann eine Förderung durch das InnoRampUp-Programm der IFB, ein Darlehen sorgt für weitere Liquidität.
Um Kunden für eine neuartige Technologie wie Augmented Reality zu gewinnen, gibt es keinen besseren Weg, als sie live vorzuführen. Bei einem persönlichen Termin zum Beispiel oder auf einer Messe. Das ist in Zeiten der Corona-Beschränkungen natürlich nicht möglich. Spacific – der Name ist übrigens eine Kombination aus den englischen Begriffen „space“ und „specific“ – hofft daher auf neuen Schwung im zweiten Halbjahr 2021. Dann sollte die nächste Version von XR-Scan fertig und eine neue Finanzierungsrunde auf dem Weg sein.
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Bilder: Spacific