So war 2020 – Hamburger Startups ziehen Bilanz
2020 war ein Jahr wie kein anderes zuvor und stellte auch Startups vor ganz neue Herausforderungen. Deshalb haben wir eine Umfrage gestartet um herauszufinden, was das Hamburger Startup-Ökosystem wirklich bewegt hat und wie es mit der Situation umgegangen ist. Dabei zeigt sich: Trotz aller Schwierigkeiten gibt es auch Grund für Optimismus. Aber lest selbst!
Insgesamt 37 Personen haben an unserer Online-Befragung teilgenommen. Sie stehen überwiegend für kleine und mittlere Teams: 30 der Startups haben höchsten 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nur zwei über 50. Die am häufigsten vertretenen Branchen sind Tech (10), Commerce (7) und Fintech (5). Die Ergebnisse sind streng genommen nicht repräsentativ, aber ermöglichen dennoch ein aussagekräftiges und vielschichtiges Stimmungsbild.
Die größten Herausforderungen und wie man sie meistert
Die einfachste Antwort auf die Frage nach der größten Herausforderung 2020 lautet nicht nur bei Startups: Corona. Die Pandemie hat sicherlich niemanden unbeeinflusst gelassen, allerdings sind die Auswirkungen unterschiedlich drastisch. Manchmal hat schon ein einziges (Nicht-)Ereignis erhebliche Konsequenzen, wie beim Dirndel-Startup Limberry die Absage des Oktoberfests. Bei jetlite, das Flugzeuge mit Lichtsystemen gegen Jetlag ausstattet, war es der Einbruch in der Luftfahrt- und Tourismusbranche, der über 70 % des Auftragsvolumens kostete. Corona verstärkte zudem eine Herausforderung, mit der sich Startups grundsätzlich beschäftigen müssen, nämlich die Finanzierung des Unternehmens im Allgemeinen und die Suche nach Investoren im Besonderen. Für manche war auch die Umstellung auf Home Office neu. Allerdings konnten sich die an flexible Arbeitsmodelle gewohnten Startups leichter an diese neue Normalität anpassen als viele andere Unternehmen.
Wie in jedem normalen Jahr gab es aber auch 2020 Herausforderungen, denen sich die Befragten gerne stellten. „Personalaufbau“und „Wachstum“ sind hier die Stichworte. Das passt auch zu den Antworten auf die Frage, welche Lösungen die Startups für die aktuellen Probleme gefunden haben. „Harte Arbeit“ heißt es da mehrfach und „viel Motivation, wenig Schlaf“. Das ist auf Dauer nicht die gesündeste Lösung, steht aber beispielhaft für die Haltung, sich nicht unterkriegen zu lassen und neue Wege zu gehen. Teams rücken enger zusammen, trotz oder gerade wegen der Kontaktbeschränkungen auf das Internet. Die Krise führt auch dazu, Geschäftsmodelle zu überdenken und neue Zielgruppen zu erschließen. Noch einmal das Beispiel jetlite: „Z.B. haben wir das Corona-Behandlungszentrum Jafféstraße in Berlin mit unserer intelligenten Lichtsteuerungslösung ausgestattet, um dort die Erholungszeit von COVID-19 Patienten zu verkürzen.“
Zurückhaltung prägt den VC-Markt
Ein Thema, das die meisten Startups generell beschäftigt, ist wie gesagt die Suche nach Investoren. Gerade in Hamburg ist es keine leichte Aufgabe Venture Capital (VC) aufzutreiben und in 2020 war das nochmal ein bisschen schwieriger. Immerhin haben zum Zeitpunkt der Befragung vier Startups eine Finanzierungsrunde abschließen können, bei weiteren sieben läuft die Planung. Bei der Beurteilung der VC-Szene fallen am häufigsten Begriffe wie „zurückhaltend“ (13 Nennungen), acht Befragte konnten kein grundsätzlich verändertes Verhalten feststellen, elf wollten sich kein Urteil erlauben. Die Aktivitäten sind sicherlich auch abhängig von den Branchen, in die bevorzugt investiert wird. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang folgende Aussage: „Besonders aufgefallen ist uns, dass beispielsweise bestimmte VC-Fonds von Industrieunternehmen stark beschnitten oder nicht neu aufgelegt wurden, z.B. um bestimmte politische Verstimmungen zu verhindern (einerseits Kurzarbeit, anderseits Risikokapital).“
Corona-Hilfen nicht immer hilfreich
Um durch die Corona-Krise verursachte finanzielle Engpässe zu überbrücken, gab es von staatlicher Seite eine Reihe von Hilfsprogrammen. Am häufigsten wurde die Corona-Soforthilfe beantragt (16 Nennungen, davon schon 15 ausgezahlt), den Corona Recovery Fonds (CRF) wollten sieben Startups in Anspruch nehmen, davon haben drei ihr Geld bereits erhalten. Während die Soforthilfe weitgehend positiv beurteilt wurde, scheiden sich beim CRF die Geister. So wurde angemerkt, dass die von der IFB definierten Bedingungen, etwa Zustimmungsvorbehalte als stiller Teilhaber, mit den Interessen bestehender Invesoren kollidieren könnten.
Ein weiteres Problem ist, dass einige Startups von vornherein durchs Raster fallen. „Die Kriterien sind entweder Umsatz in 2019 bzw. von einem staatlichen Gründungsprogramm gefördert sein zu müssen (Innoramp, Innovationsstarter, HTGF etc).“ Wer also erst kürzlich gestartet oder bisher finanziell unabhängig geblieben ist, geht leider leer aus. Ein weiteres Beispiel: „Für dieses Geschäftsjahr war ein Mitarbeiterwachstum um 40% geplant. Hierfür wurden Rücklagen gebildet, die jetzt aufgebraucht sind. Diese Rücklagen haben verhindert, dass wir einen Anspruch auf Corona-Hilfen haben.“
Trotz allem ist die Stimmung überwiegend positiv
Es gibt also genug Gründe, hinter 2020 endlich einen Haken zu setzen und auf bessere Zeiten zu hoffen. Genau das tut die Mehrzahl der Befragten. Das führt dann zu Aussagen wie dieser: „Wir wollen unser Wachstum noch mal beschleunigen und den Umsatz noch mal verdoppeln. Damit einher geht ein weiterer massiver Personalaufbau.“ Nicht alle haben so ehrgeizige Ziele, aber auf die Frage, ob sie für 2021 Wachstum planten und Stellen zu vergeben hätten, antworteten 29 mit „Ja“. Neue Produkte, größere Teams, eine Ausweitung der Märkte auch international – das, was die DNA von Startups ausmacht, kann auch Corona nicht zerstören. Der Optimismus überwiegt und lässt sich in dieser schönen Aussage bündeln: „Wir wollen wachsen! Wie immer!“
Was Startups über den Standort Hamburg zu sagen haben und was sie sich für die Zukunft wünschen, könnt ihr bald im zweiten Teil unserer Auswertung der Befragung nachlesen! Übrigens: Die meisten Antworten kamen von Mitgliedern aus unserem Hamburg Startups Club. Bis zum 18. Dezember läuft noch eine Aktion zusammen mit KPMG, bei der ihr euch für eine kostenlose Jahresmitgliedschaft für euer Startup bewerben könnt!
Beitragsbild: Pixabay