So feierte Hamburg Startups den Startup Day der Social Media Week
Es hat schon Tradition: Seit vier Jahren ist Dienstag bei der Hamburger Social Media Week im Betahaus der Startup Day. Von Beginn an federführend dabei war Hamburg Startups. Dieses Jahr standen drei Workshops und eine Paneldiskussion auf unserem Programm, und die rege Publikumsbeteiligung hat uns gezeigt, dass wir mit unseren Themen wieder den richtigen Nerv getroffen haben.
Startups lassen sich durch eine Reihe von Eigenschaften ziemlich gut charakterisieren. Sie bestehen aus schnell wachsenden Teams mit flachen Hierarchien, die mangelnde Erfahrung durch hohes Engagement und große Flexibilität oft mehr als ausgleichen. Manche wichtigen Prozesse werden bei solchen Produkt- und Tech-getriebenen Unternehmen aber schnell mal vernachlässigt. Darauf machte Ulrich Bitting von der Beratungsgesellschaft BEST AUDIT in seinem Workshop „Effizientes Finanzmanagement“ aufmerksam.
Steuerfragen sind Expertensache
Der Experte für Steuerfragen rät deshalb allen Startups, von Beginn an klare Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten zu definieren. Manchmal lässt sich Disziplin mit ganz einfachen Mitteln herstellen: Wenn Mitarbeiter ihre Reisekosten zunächst selber tragen müssen, liegt die dazugehörige Abrechnung in den meisten Fällen schon am nächsten Tag auf dem Tisch. Andere Probleme lassen sich leider nicht so einfach lösen. „Die Umsatzsteuer ist ein Albtraum“, gibt Ulrich Bitting zu, vor allem im internationalen Geschäft. Deshalb ist es unverzichtbar externe Experten zu Rate zu ziehen.
Die Arbeit wesentlich leichter macht zudem die richtige Software. Datev ist die „Monsterlösung der Steuerberater“ und kann fast alles, außer Mac. Da aber sehr viele Startups mit Mac arbeiten, bedarf es dafür Unterstützung durch andere Anbieter. Beispielhaft genannt wurden Candis.io, Fastbill und Buchhaltungsbutler. Alle Programme haben ihre Stärken und zugleich noch offene Punkte, es gilt also im Einzelfall zu prüfen, welches das geeignetste ist. Eine Sonderempfehlung gab es für Taxdoo, das den internationalen Umgang mit der Umsatzsteuer leichter macht. Ein Rundumsorglospaket gibt es aber nicht, qualifiziertes Personal ist und bleibt unverzichtbar.
Arbeitsrecht ist auch für Startups wichtig
Womit wir schon beim nächsten Workshop wären. „Startup Essentials: Arbeitsrecht für Gründer“ hieß es bei Jan Ove Becker und Dr. Richard N. Lauer von vangard, einer internationalen Kanzlei für Arbeitsrecht. Auch wenn Startup-Teams zu Beginn oft nur aus freundschaftlich verbundenen Personen bestehen, gibt es da einiges zu beachten. Zum Beispiel die Frage, wer ein echter Freelancer ist und wer eher scheinselbständig. Die Grenzen sind da fließend, wichtige Abgrenzungskriterien sind unter anderem die Intensität der Einbindung in interne Abläufe, Dauer und Ort der Tätigkeit, Abhängigkeit der Freelancer von einer bestimmten IT-Struktur und die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein.
Besonders engagiert zeigte sich das Publikum beim Thema Recruiting, also der Einstellung neuer Mitarbeiter. Wenn Startups wachsen, kommt erstmals Personal hinzu, das nicht zu der ursprünglichen verschworenen Gemeinschaft gehört. Da möchte man natürlich ganz genau wissen, ob jemand zum bestehenden Team und zur Unternehmensphilosophie passt. Das Antidiskrimierungsgesetz schreibt allerdings vor, dass Einschränkungen wie beispielsweise bezüglich des Geschlechts, der Herkunft oder des Alters nicht in eine Stellenausschreibung gehören. Selbstverständlich eigentlich, der Teufel steckt allerdings manchmal im Detail. So ist es es erlaubt, Mitglieder für ein „junges Team“ zu suchen, wenn sich das „jung“ auf das Team an sich bezieht und nicht auf das bevorzugte Alter der Mitarbeiter.
Im Vorstellungsgespräch sind dann auch längst nicht alle Fragen erlaubt, wenn sie nicht relevant für das Arbeitsverhältnis sind. Die Kandidaten haben sogar das „Recht zur Lüge“, wenn es um private Dinge wie Familienverhältnisse, Religion oder Mitgliedschaft in einer Partei geht. Auch eine Schwerbehinderung ist nicht grundsätzlich ein relevantes Kriterium, der Gesundheitszustand in bestimmten Situationen schon, wenn er unmittelbaren Einfluss auf den Arbeitsalltag hat. Am Ende des Workshops wurde klar: Arbeitsrecht hat viele Facetten, die auch Startups betreffen, und je früher sie sich damit beschäftigen, desto besser.
Wie Banken Startups bei der Finanzierung helfen
Ein Thema, mit dem sich Startups garantiert von Anfang befassen, ist die Finanzierung. Und klassische Banken können da viel mehr tun, als mache denken. Die Deutsche Bank zum Beispiel. Dort ist Shelley Burke speziell für den Bereich Startups zuständig, und sie bestritt den ersten Teil unseres dritten Workshops „Finanzierung: Bootstrapping, BA, VC – what’s next?“. Banken gelten manchmal als etwas pingelig, wenn es um die Vergabe von Krediten geht, doch das hat einen plausiblen Grund. Genau wie Venture Capitalist-Investoren gehen sie volles Risiko. Während die Investoren aber meist mit Unternehmensanteilen oder Gewinnbeteiligungen belohnt werden, verdienen Banken nur an den Kreditzinsen.
Die Beurteilungskriterien sind bei beiden die gleichen: Im Vordergrund steht immer das Team, wenn das passt und einen kompetenten Eindruck macht, ist schon vieles erreicht. Ohne überzeugendes Geschäftsmodell und ein marktreifes oder schon am Markt platziertes Produkt geht es allerdings nicht, ein Proof of Concept ist unabdingbar. Und natürlich müssen eine Reihe von Kennziffern erfüllt sein und solide Finanz- und Liquiditätspläne vorliegen, vor allem, wenn es in das detaillierte Finanzierungsgespräch geht.
Banken unterstützen Startups aber nicht nur mit Krediten, sie helfen auch dabei, an die verschiedenen Quellen der öffentlichen Wirtschaftsförderung zu kommen. Davon berichtete Simone Körber, Leiterin Öffentliche Fördermittel, im zweiten Teil des Workshops. Da gibt es eine Menge Programme für Startups aus unterschiedlichen Bereichen und in verschiedenen Unternehmensphasen. Die KfW ist da sehr aktiv, und die IFB in Hamburg, mit Angeboten wie dem Innovationsstarter Fonds oder InnoRampUp. Banken beraten da gern, denn dadurch binden sie früh Startups an sich, die später große und wichtige Kunden werden können. Der Bedarf ist definitiv da, wie auch hier die zahlreichen Nachfragen aus dem Publikum zeigten. So hätte dieser wie die beiden anderen Workshops gern länger als nur eine Stunde gehen können, doch der volle Terminplan der Social Media Week setzt eben Grenzen.
Zum Abschluss eine große Portion Food-Facts
Richtig geschmackvoll ging es dann bei unserem letzten offiziellen Programmpunkt zu, dem großen Food-Panel. Christina Wegelin von Loé, Ayran Moghaddam von Heimatgut, Dominik Hensel von der Deutsche See GmbH und Alexander Djordjevic von Foodist standen Gastgeberin und Hamburg Startups-Mitgründerin Sina Gritzuhn Rede und Antwort. Food-Startups sind mehr als ein kurzfristiger Hype – darin waren sich alle einig, so unterschiedlich die jeweiligen Unternehmensphasen auch sind. So befindet sich Christina erst noch vor dem Launch ihres Aloe Vera-Getränks, während Ayram mit seinen Wirsingchips schon länger am Markt ist und inzwischen weitere Snacks herausgebracht hat.
In der Startup-Show „Die Höhle der Löwen“ ist er auch schon aufgetreten, genau wie Alex von Foodist. Beide bestätigten, dass der Kundenansturm unmittelbar nach Ausstrahlung der Sendung enorm ist und man sich mit seinen Servern und der Produktion darauf vorbereiten sollte. Einen nachhaltigen Erfolg garantiert die einmalige TV-Präsenz allerdings nicht, für den ist tatsächlich Nachhaltigkeit ein entscheidendes Kriterium. Genau wie Glaubwürdigkeit. Das bestätigt auch Dominik von Deutsche See, mit bundesweit 1.700 Mitarbeitern sicher kein kleiner Fisch. Wie ein Startup ist allerdings intern ein Team zur Produktion eines Lachburger-Patties vorgegangen. Er rät: „Startups, geht auf die Großen zu!“
Unerlässlich ist auf jeden Fall der Kontakt zur Community. Nahrungsmittel können nicht geschützt und innerhalb von zwei Wochen von Profis kopiert werden. Daher ist es entscheidend, sich ein positives Image aufzubauen, mit seinen Kunden im Dialog zu bleiben und soviel Transparenz wie möglich zu bieten. Derartige Glaubwürdigkeit und Konsumentennnähe können Großkonzerne nicht so leicht nachmachen. Zum Schluss wurden die Foodies noch gefragt, welches das beste Erfolgsrezept sei. Also, man nehme: ein tolles Team, harte Arbeit, Geduld und Durchhaltevermögen, Leidenschaft und eine Prise Wahnsinn. Guten Appetit, und viel Erfolg!
Und wer noch nicht genug hat von unseren Food-Startups: Nachschlag gibt es bald in unserem Spot on: Food & Health! Den Startup Day rund machte schließlich die Mixer-Party. Unsere Partner BEST AUDIT und vangard sorgten für die Getränke, zahlreiche Gäste für gute Laune. Bis zum nächsten Jahr!
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