So erging es 2 Startups aus Hamburg bei den Löwen
Startups aus Hamburg haben sich in letzter Zeit rar gemacht bei „Die Höhle der Löwen“. Dafür waren in der aktuellen Folge gleich zwei am Start: HaselHerz und Steadify. Wie es ihnen und POTTBURRI, Coffee Colorato und Aumio ergangen ist, erfahrt ihr in unserer Zusammenfassung.
POTTBURRI topft einen Deal ein
Die Geschwister Antonia und Alexander Cox sind quasi zwischen Blumentöpfen aufgewachsen, denn ihrer Familie gehört eine große Gärtnerei. Unvermeidlich, dass regelmäßig große Mengen der Plastiktöpfe auf dem Müll landen. Deutschlandweit sind es sogar 500 Millionen pro Jahr. Jetzt bieten die beiden eine umweltfreundliche Alternative: Der POTTBURRI besteht hauptsächlich aus Sonnenblumenschalten und kann von Mikroorganismen vollständig abgebaut werden. Dabei ist er äußerlich von der herkömmlichen Plastikvariante kaum zu unterscheiden und riecht auch noch gut, finden die Löwen.
Da POTTBURRI schon eine Million Stück verkauft hat, riecht es auch nach einem guten Geschäft. Carsten Maschmeyer und Nils Glagau scheinen interessiert und beraten sich. Als allerdings herauskommt, das es einen Entwicklungspartner gibt, der das Patent an dem Topf hält, schwindet ihre Begeisterung. Dieses Abhängigkeitsverhältnis lässt sie Abstand nehmen von einem Deal. Auch Ralf Dümmel hat schlechte Nachrichten: Es käme viel Arbeit zu auf das Geschwisterpaar, er wäre nämlich gern mit 150.000 Euro für 20 % dabei. Da gibt es nicht viel zu überlegen und die Sache ist geritzt.
Für HaselHerz geht ein Traum in Erfüllung
Startups leben auch von Träumen, aber längst nicht alle gehen in Erfüllung. Bei Ebru Erkunt aus Hamburg hat es fünf Jahre gedauert, dann wurde zumindest ein Traum wahr: Sie bekam endlich eine Einladung zu „Die Höhle der Löwen“! Ihre Geschichte und die ihrer Nusscreme Haselherz könnt ihr hier nachlesen. Die ersten Minuten im Studio sind für Ebru sehr emotional, sie kann ihre Tränen kaum zurückhalten und vergisst zunächst ihr Angebot abzugeben: 80.000 Euro für 20 %. Kein Problem, die Sympathien fliegen ihr auf jeden Fall zu, aber kann sie auch mit ihren geschäftlichen Zahlen überzeugen? Denn Aufgrund von Problemen mit einem Lieferanten hat sich der Umsatz von 2018 auf 2019 praktisch halbiert.
Das ist einigen zu wenig und der Preis für ihre Haselnusscreme zu hoch, vor allem im Vergleich zum Marktführer, dessen Name praktisch Synonym ist für das Produkt, auch wenn die Qualität nicht vergleichbar ist. Alle Löwen loben aber Ebru als vorbildliche Gründerin und Ralf Dümmel macht das erlösende Angebot. Zwar will er 25 %, aber das ist natürlich kein Hindernis. Da fließen wieder ein paar Tränchen und ein weiterer Traum geht für Ebru in Erfüllung. Es hat sich für sie gelohnt, fünf Jahre lang zu kämpfen. Dümmel und sein Team werden jetzt ihre geballte Erfahrung in die Waagschale werfen. Wie es letztlich ausgeht, entscheiden die Konsumenten. Ebru hat auf jeden Fall alles versucht und nie aufgegeben.
Coffee Colorato bedruckt Getränke und beindruckt Löwen
Herzchen oder blütenähnliche Muster gehören als Verzierung beim Cappuccino in einem Café fast schon zur Grundausstattung. So richtig hinter dem Ofen lockt das daher niemanden mehr hervor. Die beiden Brüder Angelo und Sando Torcia haben deshalb ein Gerät im Angebot, das individuelle Botschaften und Bilder mit Lebensmittelfarbe auf Getränke druckt. Genauer gesagt, zwei Geräte, ein größeres für den stationären Gebrauch und ein kleines, dass in jede Jackentasche passt. Die Hardware beziehen sie dabei aus China und modifizieren sie ein wenig für ihre Zwecke. Als Kunden hat Coffee Colorato, so der Name das Startups der Brüder, Gastronomen im Visier, die wiederum Kundschaft aus der Social Media-Generation anlocken wollen.
So richtig überzeugt ist auf Löwenseite zunächst niemand von dem Geschäftsmodell. „Das wird sich abnutzen“, meint Nils Glagau und klinkt sich aus. Ralf Dümmel schlägt vor, sich vor allem auf das Geschäft mit den Farbpatronen zu konzentrieren und die recht teuren Geräte dafür billiger zu machen. Die große Maschine kostet immerhin 1.999 Euro. Als dann bekannt wird, dass die Brüder schon 275 Stück verkauft haben, kippt die Stimmung. Scheint doch keine so blöde Idee zu sein! Carsten Maschmeyer (Internationalisierung) und Dagmar Wöhrl (Hotels) tun sich zusammen und bieten 175.000 Euro für 25 %. Deal.
Steadify: stabil beim Fotografieren, wackelig bei den Zahlen
Gert Wagner aus Hamburg, der mit seinen 83 Jahren der älteste Gründer ist, der es je in „Die Höhle der Löwen“ geschafft hat, haben wir bereits im Interview vorgestellt. Ebenso seinen Kamerastabilisator Steadify. Für ihn und seinen Sohn Tobias läuft es dann leider nicht ganz so wie erhofft. Hobbyfotografin Dagmar Wöhrl testet das Gerät und sieht sich zwar als potenzielle Kundin, aber nicht als Investorin. Den anderen Löwen geht es ebenso. Grund sind die bisherigen, eher instabilen Geschäftsergebnisse und fehlende Angaben zu den Zahlen. Da offenbart das Familienduo nicht genügend unternehmerische Qualität, um einen Deal zu bekommen. Zu seinem Auftritt hat uns Gert Wagner noch zwei Fragen beantwortet:
Wie hast du den Auftritt vor den Löwen erlebt?
Natürlich sehr, sehr aufregend, teilweise wie ein Rausch. Etwas irritiert hat mich die große räumliche Distanz zwischen Löwen und Bewerbern, das sieht man in der Sendung nicht. Wir spürten eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit, besonders die Zugewandtheit und Herzlichkeit von Nico Rosberg, Judith Williams und Dagmar Wöhrl. Die frühe Absage von Karsten Maschmeier ging einher mit drängenden Fragen zu Umsatzzahlen, die ich nicht so öffentlich machen wollte.
Was ist seit dem Auftritt passiert?
Wir haben unsere Erwartungen in eine schnelle Markterschließung etwas runtergeschraubt und setzen jetzt einen Schritt vor den nächsten. Die Finanzierung der weiteren Geschäftsentwicklung bestreiten wir aus Eigenmitteln. Wir bekommen eine erstklassige Presse und erweitern sukzessiv den Kreis unserer Partner. Alles spricht dafür, dass wir mit Steadify ein Produkt für einen offenen und breiten Markt haben. Auch unsere weiteren Ideen werden wir demnächst verwirklichen.
Aumio will keinen Deal
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hört man immer wieder, wie gerade die Psyche von Kindern darunter leidet. Aber auch schon vor der aktuellen Krise zeigten Millionen Kinder psychische Auffälligkeiten. Für sie haben Jean Ochel, Simon Senkl, Felix Noller und Tilman Wiewinner die App Aumio entwickelt. Sie bietet Meditations- und Achtsamkeitsübungen, verpackt in Abenteuergeschichten eines Weltraumhelden. Das Ganze hat eine wissenschaftliche Basis und soll idealerweise irgendwann als Medizinprodukt auf Rezept erhältlich sein. Zurzeit der Aufzeichnung ist das Produkt noch nicht erhältlich, inzwischen gibt es Aumio primär als Einschlafhilfe.
Auch wenn die Löwen altersmäßig nicht mehr zur Zielgruppe gehören, machen sie im Stehen eine kleine Übung mit (siehe Beitragsbild). Dann beginnt das große Wettbieten, es wird kompliziert. Nils Glagau und Carsten Maschmeyer beraten sich und scheinen ein Angebot machen zu wollen, Dagmar Wöhrl wäre auch gern dabei. Drei sind Glagau aber zu viel, er bietet mit Maschmeyer zusammen 150.000 Euro für 20 %, Wöhrl ist vorerst raus. Die Gründer verkünden, sie hätten als Schmerzgrenze 12 % festgelegt. Nach Beratung neues Angebot: 200.000 Euro für 20 %. Wieder Beratung, nein danke. Glagau steigt aus, Wöhrl ist wieder drin und wäre auch mit 5 % zufrieden. Letztes Angebot also: 200.000 Euro für 15 %. Da die Gründer offensichtlich unbedingt auf einen Deal verzichten wollen, haut auch das nicht hin.
Beitragsbild: TVNOW / Bernd-Michael Maurer