Smuus – mehr als nur ein Brotaufstrich
Smuus – das ist mehr als nur ein Brotaufstrich, und zwar in vielerlei Hinsicht. Dahinter steckt nämlich auch eine Geschichte über Leidenschaft, soziales Engagement und die dunklen Seiten der Food-Branche. Eine Geschichte, wie geschaffen für unsere Reihe „Spot on: Food & Health“.
Es war ein Kurzurlaub in Wien, welcher dazu führte, dass die Ärztin Negin Pakravesh heute zugleich Startup-Unternehmerin ist. Im Frühjahr 2013 war sie auf der Geburtstagsparty eines Inhabers einer Schokoladenfabrik. Es war eine Feier im ganz großen Stil, auf der dreitägigen Reise lernte sie unter anderem die Staatsoper und das Hotel Sacher kennen.
Entstanden als persönliches Geschenk
Für Negin ein beeindruckendes Erlebnis, für das sie sich mit einem ganz persönlichen Geschenk bedanken wollte. Kochen konnte sie schon immer gut. Also stellte sie einen kleinen Präsentkorb mit Selbstgemachtem zusammen, darunter auch eine Art Marmelade, die außer Erdbeeren noch Tomaten und Ingwer enthielt. Geeignet als Brotaufstrich, aber auch für Soßen, Salatdressings, Mixgetränke und vieles mehr.
Diese Kreation löste große Begeisterung bei den Beschenkten aus, man riet Negin, die Idee unbedingt weiter zu verfolgen und daraus sogar ein Geschäft zu machen. Nun studierte sie zu dieser Zeit noch Medizin in Göttingen und stand kurz vor dem Examen, hatte den Kopf also kaum frei für solch ein Projekt. Zum Glück arbeiten ihr Bruder Bahador und ihre Schwester Behnaz beide in der Werbebranche und konnten ihre Kompetenz und ihre Kreativität einbringen.
Smuus bedeutet auch Schmaus
Behnaz kreierte das Design für das Glas inklusive der Schrift, Bahador stellte einen stimmungsvollen Werbefilm zusammen und half bei der Namensfindung, als er spontan an ein „Smoothie fürs Brot“ dachte. Daraus entwickelte sich zuerst „Smus“ und dann schließlich „Smuus“, weil zwei „u“ einfach besser aussehen und es zudem auf Plattdeutsch „Schmaus“ bedeutet.
Im Herbst 2013 war die neu entstehende Marke also scheinbar schon ziemlich weit, und doch dauerte es noch weitere drei Jahre, bis Smuus endlich marktreif wurde. Negin hatte inzwischen an der Uniklinik Hannover zu arbeiten angefangen. Ein Job, der ihr alles abverlangte, mit 80-Stunden-Wochen und 24-Stunden-Tagen. Trotzdem fand sie zwischendurch immer wieder Zeit, neue Sorten zu entwickeln und an den Rezepten zu feilen.
Dafür beschäftigte sie sich intensiv mit den theoretischen Grundlagen und kam schnell zu der Erkenntnis: für eine längere Haltbarkeit kommt sie um die Verwendung von Süßungsmitteln nicht herum. Sie experimentierte mit den verschiedensten Zutaten, von Agavendicksaft über Honig bis Stevia, und entschied sich letztlich für den klassischen Zucker (Saccharose). Der sei längst nicht so ungesund, wie in letzter Zeit vermehrt behauptet wird, erklärt sie mit ihrer Expertise als Medizinerin.
Zuckergehalt wird in Brix gemessen
Ungefähr die Hälfte der Süße bei Smuus kommt von den Früchten und Gemüsen, die möglichst reif sein sollten. Die andere Hälfte kommt von zusätzlich beigefügtem Zucker. Gemessen wird der Zuckergehalt übrigens in der Einheit „Brix“, die zugleich die relative Dichte von Flüssigkeiten beschreibt. Den höchsten Wert kann dabei Mais erreichen, noch vor Weintrauben und Blaubeeren.
Blaubeeren finden sich auch in einer der inzwischen sechs Sorten von Smuus. Ihre Premiere feierten sie am 2. September 2016 bei Edeka Niemerszein in der Osterstraße in Eimsbüttel, tatsächlich zuallererst im Einzelhandel. Ungewöhnlich für ein Food-Startup, meistens startet der Verkauf über einen Onlineshop oder auf Märkten. Die Erfahrungen, die Negin mit ihren ersten Handelspartnern machen durfte, waren überaus erfreulich. Leider gilt das nicht für die gesamte Branche, ganz im Gegenteil.
Die dunkle Seite der Lebensmittelbranche
Kaum war Smuus auf dem Markt, tauchte in den Regalen Gläser auf, die denen des Neulings zum Verwechseln ähnlich sahen, obwohl sie nur die übliche Marmelade enthielten; das gesamte Design inklusive Deckel und Schrift lehnte sich Smuus an. Doch damit nicht genug: Auch eine große, bekannte Handelskette sprang auf den Zug auf und veröffentlichte ein Produkt, das nicht nur vom Namen her stark Smuus ähnelt, sondern zudem dieselben Geschmacksvarianten anbietet.
Nach diesen Erfahrungen rät Negin Food-Startups, sich von Beginn an einen guten Anwalt zu suchen. In der Branche sei es leider nicht auszuschließen, dass große Konzerne lieber neue Ideen von Startups kopieren, als selber welche zu entwickeln.
Trotz dieser Herausforderungen läuft es gut für Smuus. Es ist inzwischen in drei Citti- und vielen Edeka-Märkten in Norddeutschland gelistet und auch erhältlich bei Lieferello, Amazon und Foodist. Dieses Hamburger Vorzeige-Startup stellt Smuus als Gewinner des Newcomer Awards beim Food Innovation Camp ein Mediabudget in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung. Da Foodist inzwischen zum Außenwerbungsunternehmen Ströer gehört, ist bald mit großflächiger Plakatwerbung zu rechen.
Anti-Trump-Kampagne
Eine Kampagne, die bereits für Aufsehen und Anerkennung sorgte, setzte sich auf humorvolle Weise kritisch mit der Politik Trumps auseinander. In Negins Familie spielen Toleranz, Weltoffenheit und Respekt gegenüber allen Menschen eine wesentliche Rolle. Deshalb hatte Smuus für den Marketingauftritt niemand geringeren als den US-Präsidenten als Aufhänger gewählt, der vielen als wandelnde Antithese zu diesen Tugenden gilt. Auslöser war das Einreiseverbot, von dem die Macher – die als gebürtige Iraner die doppelte Statsbürgerschaft besitzen – selbst betroffen sein könnten. Auch das macht Smuus zu mehr als nur einen Brotaufstrich.
Spot on: Food & Health
Hamburg ist ein Food-Standort und optimaler Eintrittsmarkt für Lebensmittelhersteller aller Art. Über 10% der Hamburger Startups bei uns im Monitor sind der Lebensmittelbranche zuzuordnen, und es werden immer mehr. Sie setzen als Innovatoren neue Trends, entwickeln neue Produkte, Vertriebswege und Geschäftsmodelle.
Geschätzt verfügt das Hamburger Startup Ökosystem über mindestens 100 Food-, Beverage- oder Food-Tech-Startups. Ein in vieler Hinsicht großes Thema! Daher haben sich unsere Redaktion und unser Eventmanagement dem Thema Food seit Monaten mit dem ‚Spot on: Food & Health Special‘ intensiv beschäftigt. Und mit dem Food Innovation Camp am 17. Juli in der Handelskammer hat Hamburg Startups als Organisator zusammen mit dem Gastgewerbe-Magazin ein echtes Highlight gesetzt.
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