Ralf Dümmel und 8 Startups begeisterten beim Gründerflirt
„Gründerflirt“ heißt ein neuer Pitchwettbewerb, der am Montag in der Handelskammer Hamburg seine Premiere hatte. Aber braucht Hamburg überhaupt noch ein weiteres Pitch-Event? Offensichtlich ja, wenn man dan großen Publikumszuspruch als Maßstab nimmt. Was sicherlich nicht zuletzt an Startgast Ralf Dümmel gelegen hat. Wir fassen den gelungenen Abend zusammen.
Da hatte Doreen Hotze, Leiterin des Gründungszentrums der Handelskammer Hamburg und Gastgeberin des Gründerflirts, für die Erstausgabe der neuen Veranstaltung offensichtlich genau den Richtigen engagiert. Viele der gut 200 Besucher waren sicherlich nicht zuletzt deshalb gekommen, um Ralf Dümmel zu sehen. Der Geschäftsführer von DS Produkte ist durch seine Auftritte und zahlreichen Deals in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ zu einem echten Sympathieträger geworden. Alle, die seine unverstellte Art schätzen und sich von ihm wertvolle Ratschläge für ihr Geschäftsleben erhofften, kamen dann auch voll auf ihre Kosten.
„Immer Glück haben ist auch Können“, war das Motto seines Vortrags. „Können kommt von Wollen“ lautete eine weitere Botschaft. Eigentlich eher schlichte Weisheiten, deren Richtigkeit Ralf Dümmel aber glaubhaft lebt und an Beispielen aus der eigenen Karriere belegen konnte. Zunächst erläuterte er seine fünf Voraussetzungen für Erfolg, meist bebildert durch Szenen aus „Die Höhle der Löwen“.
Die Gastgeberin des Gründerflirts: Doreen Hotze, Leiterin des Gründungszentrums der Handelskammer.
Ralf Dümmels fünf Kerntugenden für Unternehmer
Leidenschaft. Einen der bemerkenswertesten Auftritte bei den Löwen hatte Karl-Heinz Bilz, der Erfinder der Abfluss-Fee. Er ließ sich durch keinen Einwand beirren und war hundertprozentig von seinem Produkt überzeugt. Der Erfolg gibt ihm recht: Inzwischen hat er rund 1,5 Millionen Exemplare verkauft.
Mut. Die Gründer von Mio-Olio, Luigi Stella und Taner Gecer, hatten feste Jobs, die sie aufgaben, um sich ihren Traum zu erfüllen. Ihr Pizza-Öl in Portionsbeuteln sollte irgendwann in jedem Supermarkt stehen. Auf dem Weg dahin ging einiges schief, doch ihre mutige Entscheidung hat sie letztlich zu den Löwen und zu einem Deal mit Dümmel gebracht.
Disziplin. Viele Jahre hat Steffi Tomljanovic an Malzit gearbeitet, einem Brotaufstrich auf der Basis von Malz, ihn zunächst auf Wochenmärkten verkauft und sich mit allen Belangen ihres Geschäfts akribisch beschäftigt. Niemand sonst hat sich so intensiv mit rechtlichen Fragen auseinandergesetzt wie Steffi, erklärte Dümmel, und das alles ohne teuren Anwalt.
Know-how. Nahrungsergänzungsmittel gibt es wie Sand am Meer. Mit dieser Tatsache wurde Jörn-Marc Vogler, Gründer von Veluvia, auch bei seinem Auftritt bei den Löwen konfrontiert. Da er aber jeden Einwand widerlegen und bis ins Detail erklären konnte, was seine Produkte einmalig macht, bekam er den Deal.
Respekt. Ganz ohne Videoeinspieler erklärte Ralf Dümmel, warum Respekt die vielleicht wichtigste Tugend für Unternehmertum ist. Ob Putzfrau oder Vorstandsvorsitzender, jeder Mensch hat seinen Wert und sollte entsprechend respektvoll behandelt werden. Selbstverständlich gilt das für alle Bereiche des Lebens.
Ralf Dümmel schlug das Publikum mit Geschichten aus seinem Geschäftsleben in seinen Bann.
Möbel Kraft statt Winnetou
Im zweiten Teil seines Vortrags erzählte er dann aus seinem Berufsleben. Ralf Dümmel stammt aus Bad Segeberg, wo es eigentlich nur zwei Karriereoptionen gab: Winnetou bei den Karl-May-Spielen oder eine Ausbildung bei Möbel Kraft. Da schon sein Vater ein leidenschaftlicher Mitarbeiter des Möbelhauses war, entschied sich der Schüler Ralf, es ebenfalls bei Möbel Kraft zu versuchen. Wegen seines Hauptschulabschlusses wollten sie ihn zuerst nicht nehmen, also holte er den Realschulabschluss irgendwie nach und bekam den Ausbildungsplatz.
Als er die Verantwortung für den Hauptschlüssel übernehmen durfte, hatte er das Gefühl es geschafft zu haben, auch wenn das nur bedeutete, jeden Abend „357 Türen“ abschließen zu müssen. Alles lief auf eine lebenslange Beschäftigung bei Möbel Kraft hin, da lernte er über eine Freundin den Geschäftsmann Dieter Schwarz kennen. Dem Gründer von DS Produkte gefiel der junge Mann, und er bot ihm eine Anstellung in seinem aufstrebenden Unternehmen an. Sollte er die annehmen? Schließlich war Möbel Kraft in seiner Familie geradezu heilig. Als sein Vater jedoch meinte, er solle das machen, ergriff Ralf die Gelegenheit. Der Rest ist tatsächlich Geschichte.
Die Wiedervereinigung als Glücksfall für DS Produkte
Der Fall der Mauer und der dadurch entstehende neue Markt war ein Glücksfall für DS Produkte. Ralf Dümmel hatte ein halbes Jahr vor dem historischen Ereignis die Verkaufsabteilung übernommen und konnte nun glänzende Zahlen vorweisen. Glück oder Können? Auch hier war wohl das eine ohne das andere nicht denkbar, und so ist es bis heute. Dabei hat sich Dümmel nie auf seinen Lorbeeren ausgeruht, weshalb er zum Abschluss seines Vortrags noch eine allgemeingültige Weisheit parat hatte: „Es ist leichter etwas zu verändern, wenn es einem gut geht.“
Das Publikum hätte dem Erfolgsunternehmer wahrscheinlich noch stundenlang zuhören können, doch nun wurde es Zeit für das eigentliche Hauptereignis, nämlich den Pitchwettbewerb. Über 50 Startups hatten sich für den Gründerflirt beworben, acht durften sich im Finale präsentieren. Neben Ralf Dümmel gehörten noch zwei weitere Investoren der Jury an: Christian Weber vom Immobilienkonzern HC Hagemann und Anan Pinitvechagan vom Venture Capital-Unternehmen 20Scoops. Sie durften entscheiden, aus welchen Flirts ein Gründerdate werden sollte, also ein echtes Gespräch über ein mögliches Investment.
Die Investorenjury, bestehend aus Ralf Dümmel, Christian Weber (HC Hagemann) und Anan Pinitvechagan (20Scoops) hatten ihren Spaß mit Lipstock, dem Kosmetika-Regal.
Acht Startups flirteten mit den Investoren
Drei Minuten hatte jedes Startup für seinen Pitch, gefolgt von jeweils drei Minuten Fragen der Juroren und aus dem Publikum. Den Auftakt machten die drei Gründerinnen von Tales & Tails, die gesundes Hundefutter aus purem Fisch produzieren. Der kommt luftgetrocknet aus Island und hat schon den Weg in diverse deutsche Supermärkte gefunden. Mit Software für Fotografen plant AXX ORGANIC den Weltmarkt zu erobern. Schneller und vielseitiger als sein Produkt sei keines, behauptete der Gründer Dieter Becker, und konnte einen englischen Filmemacher als Referenz nennen.
Mylily kennen aufmerksame Leserinnen und Leser schon durch unseren Blogbeitrag. Das junge Startup möchte sich als Marke für organische Frauenprodukte durchsetzen und ist kürzlich mit Tampons aus Biobaumwolle gestartet. Lästige Warteschleifen am Telefon und unzureichende Beratung durch Callcenter sollen bald der Vergangenheit angehören, wenn es nach Voicler geht. Was Alexa im Haushalt kann, können wir in der Kundenkommunikation, behaupten die Gründer Mike Hülsmeyer und Fabio Morón und setzen auf künstliche Intelligenz.
Für vier Startups wurde aus dem Gründerflirt ein Gründerdate
Vier spannende Pitches, die allerdings nicht zu einem Date mit einem der Investoren führten. Erfolgreich war dagegen Lina Wüller von Ovy. Dieses Startup verbindet Zyklus-App und Basalthermometer und bietet zudem eine Reihe weiterer Produkte rund um das Thema Schwangerschaft. Im Herbst kommt ein Bluetooth-Thermometer auf den Markt, das Messungen und Auswertungen noch leichter macht. Linas gelungener Pitch überzeugte vor allem Anan Pinitvechagan, der sich auf Digitalthemen spezialisiert hat.
Gruppenbild mit den Siegern: Lina Wüller (Ovy), Philip Andor (Lipstock), Tom Leppin (REOS) und das Team von Luxs (Philipp Kraft und Andreas du Plessis rechts neben Ralf Dümmel, Shengnan Wang vorn)
Christian Weber dagegen interessiert sich naturgemäß hauptsächlich für den Immobilienbereich, weshalb REOS seine logische Wahl war. Dieses Startup hat ein digitales Immobilienmanagement im Angebot, das wir in einem Artikel schon ausführlich vorgestellt haben. Außerdem bekommt Luxs ein Gründerdate mit Weber. Luxs ist eine Plattform, die deutschen Unternehmen den Eintritt in den chinesischen Markt ermöglichen soll. Vor Mitbewerbern aus China wie Alibaba ist dem Hamburger Startup nicht bange.
Ralf Dümmel schließlich machte seinem Spitznamen „Regale-Ralf“ alle Ehre und entschied sich für Lipstock. Das Regal für Kosmetikartikel, das beleuchtet und auch zum Aufladen des Handys geeignet ist, existiert bisher zwar nur als Prototyp, doch der Erfinder Philip Andor kam so sympathisch rüber, dass ihm der Erfolg zu gönnen ist. Und das war er dann, der erste Gründerflirt. Er dauerte etwas länger als angekündigt, was aber bei dem abwechslungsreichen und kurzweiligen Programm kaum jemanden gestört haben dürfte. Eine zweite Ausgabe ist für den Herbst angekündigt. Darauf kann man sich heute schon freuen!
