Panda findet die Fehler in der Industrieproduktion
Die Automatisierung in der Industrieproduktion schreitet voran, Unternehmen sichern sich durch optimierte Prozesse entscheidende Wettbewerbsvorteile. Die Erkennung und Analyse von Störfaktoren spielen dabei eine wichtige Rolle. Das universitäre Startup Panda bietet hier eine Lösung, die auf exakten statistischen Auswertungen und künstlicher Intelligenz basiert.
Mithilfe des Stichworts „Find the Panda“ lassen sich im Internet zahlreiche Suchbilder aufspüren, auf denen einer der sympathischen Bären mit der charakteristischen Augenpartie versteckt ist. So gesellt sich beispielsweise ein einzelner Panda zu einer ganzen Gruppe von Schneemännern oder einer Armee von Sturmtrupplern. Dort ist er oft schwieriger zu finden, als man denkt. Das Gehirn ist träge, schließt aus den sich wiederholenden optischen Eindrücken auf die Gesamtheit und übersieht die Ausnahme.
Die Suche nach dem Bären, der in den Bildern eine Art Störfaktor darstellt, ist eine Form der Mustererkennung. Das Aufspüren von Normabweichungen, Daten, die auf eine Störung in einem Herstellungsprozess hindeuten, ist auch die Aufgabe der Panda GmbH, weshalb sich das Startup nach dem Tier benannt hat.
Es begann mit einem Feuer im Pumpenkeller
Zur Entstehung des Startups gibt es gleich mehrere Geschichten. Im Sommer 2016 gab es am Institut für Maschinenelemente und Rechnergestützte Produktentwicklung (MRP) der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg (HSU) ein Feuer im Pumpenkeller. Das geschah am Wochenende und fiel daher erst spät auf. Es stellte sich heraus, dass die Pumpe vorher ungewöhnliche Geräusche abgesondert hatte, die allerdings niemand als Warnsignal registriert hatte. Und im Herbst 2016 besuchte ein Team des MRP einen Hackathon bei Audi in Ingolstadt und stieß dort mit seiner Idee auf allgemeines Unverständnis. Auf der Rückfahrt nach Hamburg beschlossen die Teammitglieder, nun erst recht an ihrer Idee festzuhalten und daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln.
Führender Kopf des Teams war und ist Michael Welsch. Nach seinem Maschinenbaustudium war er zunächst als Teamleiter für die Schadensanalyse bei Vibracoustic zuständig, einem Spezialisten für Schwingungstechnik in Automobilen. Dabei ging er mit detektivischer Akribie vor, allerdings fehlte häufig das entscheidende Detailwissen. Um das zu erlangen, wechselte er an die HSU und forschte dort an statistischen Methoden, um Schäden in der Industrieproduktion rechtzeitig zu erkennen oder zu prognostizieren.
Panda ist ein Uni-Spin-off
Zum heutigen Kernteam von Panda gehören außerdem Ingo Kaiser und Sabayn Mirakai. Ingo hat Erfahrung mit Automobiltechnologie und Softwareprogrammierung, Sabayn beschäftigt sich mit der Optimierung von Betriebsabläufen und technischen Prozessen. Alle drei sind wissenschaftliche Mitarbeiter des MRP. Panda versteht sich daher eher als Universitäts-Spin-off denn als Startup. Das sei ein Begriff, der bei manchen potenziellen Kunden eher Skepsis bezüglich der Zuverlässigkeit auslösen würde, meint Michael. Passend zum Uni-Image hat das Unternehmen sein Büro beim Startup Dock der TU Harburg.
Aber was hat Panda seinen Kunden eigentlich zu bieten? Ein „Signal Empowering System“ (SES), wie es auf der Webseite heißt. Im Detail ist das eine komplexe Angelegenheit; so werden beispielsweise Daten um einen Faktor in der Größenordnung von mehr als 10.000 komprimiert, ohne dass dieses Vorgehen die Qualität der Auswertungen mindert. Die Grundfunktion ist allerdings schnell erklärt. Ein um eine Zusatzplatine verstärkter Raspberry Pi-Basisrechner dient dabei als Prototyp, später sollen die Geräte komplett eigenständig produziert werden.
Machine Learning sorgt stetig verbesserte Prozesse
Ein solches Gerät wird an einer Produktionsmaschine installiert und misst über verschiedene Sensoren alle relevanten Daten. Bei einer Maschine etwa, die Teile zusammenschweißt, werden das unter anderem Werte zu Temperatur, Geschwindigkeit oder ausgeübten Druck bei der Zusammenführung sein. Die in der aktuellen Phase Panda Drift genannte Software kennt den Toleranzbereich, in dem die Daten für eine reibungslose Produktion liegen dürfen. Bei signifikanten Abweichungen, die auf eine Störung hinweisen, schlägt das System Alarm.
Da permanent und in Echtzeit gemessen und ausgewertet wird, entsteht schnell eine riesige Datenmenge. Das macht die bereits erwähnte Komprimierung erforderlich. Selbstverständlich bleiben die Daten nicht ungenutzt. Das System arbeitet mit Machine Learning, also einer Form der künstlichen Intelligenz. Dadurch ist es in der Lage, bei fortschreitender Anwendung die Produktionsabläufe noch besser zu verstehen und potenzielle Probleme schon im Vorfeld zu erkennen. Panda wären die merkwürdigen Geräusche im Pumpenkeller sicherlich aufgefallen.
Die Panda GmbH, die, je nach Zählart, ein Team von 10 bis 20 Mitarbeitern beschäftigt, macht mit der Software bereits erste Umsätze und will ihre Hardware offiziell Mitte 2019 auf den Markt bringen. Eine EXIST-Förderung hat das Unternehmen bereits bekommen, die Aufnahme in das InnoRampUp-Programm der IFB ist ebenfalls gesichert. Anfang 2021 soll dann das ausgereifte Komplettpaket namens PandaSES die Kunden erobern.
Fotos: Panda