Die größten Hits der Online Marketing Rockstars 2018
Online Marketing Rockstars (OMR) – das ist ein Spektakel, das von Jahr zu Jahr immer noch größer wird und Superlativ an Superlativ reiht. Über 40.000 Besucher waren dieses Jahr dabei, rund 14.000 mehr als 2017. Dabei wurde deutlich: OMR ist längst selbst zu einer wichtigen Marke geworden, die mit allen Mitteln der Kunst in Szene gesetzt wird.
Zahlenfetischisten kommen bei den Online Marketing Rockstars schon bei der Beschreibung des Events auf ihre Kosten: zwei Tage in sechs Hallen mit rund 300 Ausstellern auf 65.000 Quadratmetern. Von den bereits erwähnten 40.000 Besuchern nahmen 7.000 an der Konferenz teil, dem Aushängeschild der Veranstaltung am zweiten Tag.
Wobei alle, die sich kein Ticket für über 400 Euro leisten wollten und sich für die deutlich günstigere Variante entschieden hatten, die nur Zutritt zur Expo gewährte, auch einiges geboten bekamen. Sie konnten nicht nur die Stände von Weltunternehmen und aufstrebenden Startups besuchen, sondern auch in 120 Masterclasses ihr Fachwissen erweitern. Wer prominente Speaker in kontroversen Diskussionen erleben wollte, war vor den Expo-Bühnen manchmal besser aufgehoben als beim eigentlichen Festival.
Mehr Harmoniegesang als Rock ’n‘ Roll
Dort ging es überwiegend seriös und informativ zu, aber auch recht brav und harmonisch. Eine Reizfigur wie Alexander Nix von Cambridge Analytica, der schon 2017 bei den OMR für Widerspruch sorgte und inzwischen durch den Facebook-Skandal rund um die Trump-Wahl endgültig zum Schurken geworden ist, fehlte dieses Jahr. Nur ein Mann, der persönlich gar nicht anwesend war, sorgte für ordentlich Wirbel. Dazu später mehr.
Den Auftakt machte OMR-Mastermind Philipp Westermeyer mit einer Zustandsbeschreibung der deutschen Digital- und Marketingszene. Kurz gesagt: Die Entwicklung ist positiv, aber im Vergleich mit den Giganten USA und mittlerweile auch China steht Deutschland wie ein Gartenzwerg da. Dazu nur zwei Zahlen: Alle börsennotierten heimischen Digitalunternehmen haben zurzeit einen Wert von 65 Milliarden Euro, allein die vier Monsterfirmen Google/Alphabet, Amazon, Facebook und Apple (Kurzform: GAFA) kommen auf rund 2.400 Milliarden Euro. Wie dagegen anstinken? Philipp nannte fünf Methoden, um zumindest ein paar mehr Krümel vom Kuchen zu bekommen.
So werdet Ihr zu Online Marketing Rockstars
- Horizontalisierung, also Erweiterung des Angebots. Beispiel Check 24: Gestartet als Vergleichsportal für Kfz-Versicherungen unter dem Namen einsurance, lassen sich auf Check24 inzwischen alle möglichen Arten von Dienstleistungen vergleichen.
- Kundenbindung. Beispiel Abo-Modelle: Jeden Monat neue Produkte und Überraschungen im Abo, das ist das Erfolgsrezept von immer mehr Unternehmen. Sogar Porsche bietet das inzwischen an. Ab 2.000 US-Dollar im Monat kann man Porsche fahren, soviel man will, und dabei auch noch die Modelle wechseln.
- Aus der Masse herausragen. Dafür gibt es viele Rezepte. Ein Klassiker ist das Spiel mit der Provokation in der Werbung. Weniger riskant ist es, den CEO zum Star und zur Marke zu machen. Auf den bei den OMR verteilten Bierflaschen war zum Beispiel Philipp Westermeyer abgebildet. Rein ironisch gemeint, natürlich.
- Permanente und abgefahrene PR. Mach’s wie Elon Musk. Der ist ständig am twittern, setzt Themen wie künstliche Intelligenz auf die Tagesordnung, startet absurde Aktionen wie den Verkauf von Flammenwerfern gegen die Zombieapokalypse und postet dann wieder Familienbilder wie jeder Normalo. Die Aufmerksamkeit seiner Anhänger und der Medien ist ihm in jedem Fall gewiss.
- Agil auf Plattformen sein. Wer die sozialen Medien geschickt nutzt, kann sein Geschäft ordentlich ankurbeln. So lassen sich Klamotten über Instagram deutlich teurer verkaufen als bei ebay. Instgram ist halt hipper.
Viele gute Tipps also, aber wenig Rock ’n‘ Roll. Für den stand am ehesten der amerikanische Marketingpapst Scott Galloway. Er war wegen eines Schneesturms in New York steckengeblieben und daher nur per Liveschalte zu sehen. In der legte er dann richtig los. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm wahrlich nicht, stolz präsentierte er seine eingetroffenen Prognosen von den OMR 2016, wo er unter anderem die Übernahme von Whole Foods durch Amazon richtig vorhergesagt hatte.
VR, IoT, 3D? Alles Quatsch!
Überhaupt, Amazon. Der Konzern gehört zu seinen Lieblingsfeinden, genau wie die anderen drei aus der GAFA-Viererbande. Die seien gefährlich und müssen zerschlagen werden, so Galloways Forderung seit Jahren. Auch sonst war er mächtig am Austeilen. Virtual Reality und das Internet of Things seien völlig überschätzt und eine Enttäuschung. Und 3D-Druck? Lächerlich, dafür gibt es doch China! Einen Trend, der im Laufe des Tages mehrfach genannt wurde, konnte er allerdings bestätigen. Sprachsteuerung wird das nächste ganz große Ding und das Feld, auf dem kommende Schlachten geschlagen werden.
Galloways Thesen bieten sicherlich weit über die OMR hinaus Stoff für Diskussionen. Auf der Konferenz war dafür leider wenig Gelegenheit. Mark Rabin von Facebook ging zwar kurz auf den Datenskandal um Cambridge Analytica ein und versprach Besserung. Dann erzählte er aber lieber vom „Agile Manifesto“, das 2001 in einer Blockhütte entstand und seither Softwareentwicklung und Unternehmenskultur prägt.
Zalando: Erfolgsgeschichte mit kleinen Schönheitsfehlern
Auch ein anderer Aufreger der letzten Wochen, der Abbau von 250 Stellen im Marketing von Zalando kam zur Sprache. Gründer Robert Gentz erklärte, ihm sei der Schritt nicht leicht gefallen. „Das Marketing machen bei uns aber immer noch Menschen, nicht Maschinen“, bekräftigte er. Auch dass in den Führungsebenen bei Zalando noch zu wenig Frauen arbeiten, bedauerte er. Mehr Selbstkritik sollte dann aber auch nicht sein, denn immerhin schreibt Zalando eine der wenigen großen Erfolgsgeschichten im europäischen E-Commerce.
Darum ging es schließlich hauptsächlich bei der OMR-Konferenz: um Erfolgsgeschichten. Etwa die von Sophia Amoruso. Sie gründete den Online-Secondhandladen Nasty Gal und schrieb über ihre Erfahrungen das Buch „Girlboss“, das Vorlage für eine allerdings recht kurzlebige Netflix-Serie wurde. Inzwischen betreibt sie für Frauen eine Webseite gleichen Namens und erreicht auch mit ihrem Podcast ein großes Publikum.
Stars an der Bar und in der Mittagspause
Genau wie Bibi mit ihren Videos. Der YouTube-Star kommt in der Regel innerhalb von 24 Stunden auf eine Million Views. Bibi war einer der Stargäste, der von einer auf der linken Seite der riesigen Bühne aufgebauten Bar aus Fragen an die Speaker stellen durfte. Auch „Löwe“ Ralf Dümmel und Ex-Fußballer und Startup-Gründer Marcell Jansen saßen zeitweilig an dieser Bar. Die dort ausgeschenkten Getränke wurden dabei mindestens so intensiv ins Bild gesetzt wie die Promis, schließlich wollen auch die zahlungskräftigen Sponsoren zu ihrem Recht kommen.
Die Online Marketing Rockstars sind bekannt für überraschende Auftritte von Musikstars, die daher so überraschend dann auch nicht mehr sind. In diesem Jahr war es nicht wie sonst am Nachmittag, sondern schon in der Mittagspause soweit. Plötzlich hieß es, jetzt kommt Marteria, und schon war der Rapper da und sorgte ordnungsgemäß für ausgelassene Stimmung.
Nach der Pause ging es weiter mit dem Mix aus Fachvorträgen aus der Marketingwelt und Geschichten von Bloggern und Influencern. Zwischendurch bekam Dominik Richter, der Gründer von Hello Fresh, einen Performance Marketing Award. Dann ging es mal um Sneaker (Highsnobiety), mal um ungewöhnlichen Onlinejournalismus (Wait But Why) und immer wieder um Spracherkennung und Digitalassistentinnen wie Siri und Alexa. Da muss also wirklich was dran sein.
Lars Ulrich, Rocklegende und netter Typ
Irgendwann wird so ein Freitag auch bei der besten Themenmischung dann lang. Vorzeitig gehen kam jedoch nicht infrage, schließlich kommt bei den OMR der größte Star immer am Schluss. Dieses Jahr war Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich der Headliner. Ein Krawallauftritt war von ihm allerdings nicht zu erwarten. Lars war immer schon eher der Nette in der Band, und als Mittfünfziger und dreifacher Vater sieht man vieles sowieso gelassener. Also plauderte er freundlich mit Philipp, beteuerte, am liebsten noch mindestens 20 weitere Jahre auf Tour gehen zu wollen, und gab fleißig Autogramme.
Anschließend ging es noch zur großen Party, ebenfalls in einer der Messehallen, mit Deichkind als Hauptact. Inzwischen sind die Online Marketing Rockstars 2018 Geschichte. Eine Erfolgsgeschichte, selbstverständlich. Es ist immer wieder beeindruckend, was das OMR-Team da Jahr für Jahr auf die Beine stellt. Das stimmt fast alles, von der Organisation über die Bühnentechnik bis hin zu Details wie das Bild auf der Bierflasche. Von Marketing versteht die Truppe definitiv eine Menge, und davon profitiert auch Hamburg. Die Online Marketing Rockstars sind nämlich eines der wenigen Großereignisse von internationaler Klasse in der Hansestadt, und die Zusage steht, dass das auch so bleiben wird.