One day in paradise – die Extreme Tech Challenge auf Necker Island
Im September letzten Jahres gewann Freya Oehle, Gründerin des Preisalarm-Startups Spottster, den Pitchwettbewerb des Münchener Startup-Spektakels Bits &Pretzels. Der Preis: Eine Reise nach Necker Island, der Privatinsel Richard Bransons! Hier ist ihr Bericht: „Glasklares Wasser mit freier Sicht auf Riffe, ein privater Zoo, Palmen, Pool-Landschaften, Scharen von Flamingos, ein in den Strand eingebautes Trampolin und dazwischen die motiviertesten, skurrilsten und eindrucksvollsten Charaktere, denen ich seit langem begegnet bin…“
„Am 2. Februar hatte ich die einmalige Gelegenheit an der Extreme Tech Challenge (XTC) auf Necker Island, dem possierlichen, privaten Karibikeiland von Richard Branson teilzunehmen.
72 Stunden inmitten der britischen Jungferninseln (BVIs), die so viele Eindrücke hinterlassen haben, dass mir beim Versuch der Wiedergabe noch heute Zweifel am eigenen Vokabular und der eigenen Eloquenz aufkommen. Diese Sprachlosigkeit begann dabei schon bei der Anreise und zog sich wie ein roter Faden durch die Gesamtveranstaltung.
Die ganz normalen Verkehrsanbindungen und Bekanntschaften
Ein Propellerflug über ein Meer, dass so klar ist, dass man den Grund aus der Luft sehen kann, während man schon im Flugzeug Freundschaft mit zwei VC Investoren aus dem Silicon Valley und einem der Fotographen von Richard Branson schließt. Eine Fährfahrt vorbei an Anwesen und Naturschönheit, wie man sie sonst nur auf Kreuzfahrten erwartet, Open Air Taxis, die in halsbrecherischer Geschwindigkeit die bergigen Inseln mit ihren unvergleichlichen Ausblicken überqueren und zu guter Letzt eine Speedboatfahrt, bei der die Frau am Steuer sich als Stephanie Hannon, Chief Technology Officer der Hillary Clinton Kampagne, vorstellt.
Am Strand von ‚Bitter End’ angekommen, sollte ich auf meine Unterkunft für die nächsten Tage warten – ein schwimmender Segelkatamaran, auf dem neben mir noch ein ehemaliger Cats Broadway Star, ein Bitcoin Payment-Provider für Marihuana Einkäufe, ein Luxusressort Besitzer, ein Finanzunternehmer und ein Adobe Entwickler wohnen sollten. Doch noch bevor ich die Bekanntschaft dieser skurrilen WG überhaupt machen sollte, wurden die Urlauber auf „Bitter End“ um mich rum merklich unruhig und starrten, zusammen mit den Bewohnern der um uns ankernden Schiffe, alle in eine Richtung, in der zwei Kitesurfer aktiv waren.
Einer fuhr, einer fiel. Ich sah gerade Richard Branson über und Barack Obama unter Wasser. Von der Surrealität der letzten 3 Stunden überwältigt, war mein einzig möglicher Kommentar zu der sich mir bietenden Szenerie nur noch: „Ein Bier, bitte“.
Schlag auf Schlag gingen die so schwer fassbaren Ereignisse weiter.
Auf dem abendlichen Pre-Dinner sollte ich die anderen 70 Teilnehmer der XTC kennenlernen, bevor wir am nächsten Tag alle zum Finale nach Necker aufbrechen sollten (Obama reiste leider kurz vorher ab). Unentwegt schüttelte ich Hände, blickte immer wieder auf’s Neue in das freudig neugierige Gesicht eines sichtbar wachen Geistes und hörte eine der beeindruckensten Lebensgeschichten überhaupt – wieder und wieder. Da fanden sich junge Gründer, alte Unternehmer, erfahrene Investoren, Spitzensportler, Politikmacher, Gescheiterte und Wohlhabende, Aufstrebende und wohlverdient Zurückgelehnte.
Kurzum, eine Ansammlung von Menschen, die so beeindruckend und offenherzig war, dass der karibische Sternenhimmel nicht im Mindesten dagegen anstinken konnte – und jener hat es redlich versucht.
Als meine Boot-WG die nächtliche suizidale Open Air-Taxifahrt zurück zur Bootsliegestelle antrat, war klar, dass der nächste Tag auf Necker überragend werden würde und völlig unklar, wie das alles in gerade mal 12 Stunden hatte passieren können.
Necker Island – der Spielplatz für Motivierte
Am Nachmittag des nächsten Tages ankerten wir, nach einem Tag erfüllt von Wassersport, direkt vor dem Ziel der Reise: Necker Island. Wer, wie ich, seinen wertvollsten Besitz auf ein alt-ausgedientes Kuscheltier beziffern würde, der hat eine etwas bizarre Vorstellung von dem Begriff einer Privatinsel, die zumeist mit überflüssigen Geplänkel und Luxus verbunden ist. Und der wird auf Necker Island direkt mit Ankunft an dem unscheinbaren Anleger, wie man ihn auch in jedem Fischerort finden könnte, eines Besseren belehrt.
Sir Richard Branson beeindruckt mit und auf seiner Insel mit einem stringenten, unternehmerischen und auf das Wesentliche fokussierten Charakter. Necker Island ist ein Paradies – für Sportfanatiker, Naturliebhaber, stille Genießer und unprätentiöse Lebemänner. Goldversessene Prunkpotentate und Country-Club verwöhnte Trump-Tycoone werden auf der 29 Hektar großen Insel weniger Freude haben.
Der Luxus von Necker besteht nicht im Glanz, sondern im Spaß!
Die Insel besteht primär aus vollausgestatteten Sportfaszilitäten – Tennisplätze, Schnorchelstationen, ein Beachvolleyballfeld, Trampoline, Mountainbikes, riesige Pools zum Schwimmen und Klippenspringen, ein Basketballfeld, Zip-Lines, Kiteboardstationen und Schachbretter überall (in fast angsteinflößender Zahl). Die Häuser sind in Holz, Bambus und Naturfarben gehalten, offen zu allen Seiten des Meeres hin, die Natur ist größtenteils ihrem Wildwuchs überlassen und Tiere umgeben einen an jedem Punkt auf der Insel – Lemuren, Riesenschildkröten, Flamingos, Papageien.
Die XTC Finals
In mitten dieser Anlage also sollte am Abend ein Pitch Finale, das von den Schreien der Lemuren und Papageien begleitet wurde, abgehalten werden. Nicht ohne, dass wir zunächst die Insel umfänglich besichtigen und vor allem auch nutzen durften – wobei man auf Necker nicht so wirklich weiß, wo man anfangen soll. Es ist eine Reizüberflutung an großartigen Möglichkeit, ein Sportspielplatz vor Traumkulisse.
Und mittendrin rennt man dann in den Hamburger Gründer Nicholas Chibac, der seine SPHERIE Drohne auf der Insel vorstellen darf und weiß: Die Welt ist klein und das hier ist wirklich. Das Finale war, abseits der Lokalität, vergleichbar mit den typischen deutschen, europäischen und internationalen Pitch Wettbewerben:
3 Finalisten, 3 Ideen, 3 Minuten. Zwischendurch Kurzpräsentationen derer, die im Vorfeld ausgeschieden waren.
Der Unterschied? Die Jury!
Richard Bransons selbst, Silicon Valley Legende Mark Cuban, die Self-Made Milliardäre Tom Siebel und Jim Beyer, Clinton-Beraterin Steph Hannon (die Frau vom Boot), Power-Investorin Theresia Gouw und Multitalent Bill Tai sitzen in einer Reihe direkt neben der Bühne, keine 5 Meter vom Publikum entfernt und lauschen aufmerksam den Ideen, die dort vorgestellt werden.
Die vorgestellten Ideen, ein Wundheilgel (Cresilon), ein 3D-Druck verwendendes Recycling StartUp (ReDeTec) und eine Drohne (VantageRobotics), die den Gefilmten verfolgt, überzeugen alle durch ihren High-Tech Ansatz und ihre Innovationskraft.
Was beruhigt: Die Pitches waren ok, gut erklärt und passioniert. Sie waren aber in keiner Form derer guter deutscher und europäischer Gründer überlegen, sondern bewegten sich auf einem ähnlichen Niveau, was mich persönlich gerade aufgrund des sich den Gründern gebotenen, einmaligen Settings des Abends überraschte.
Das Fazit, dass die Gründer abseits des Silicon Valleys, abseits der Staaten, in Sachen Pitch & Präsentationen ganz offenkundig aufgeholt zu haben scheinen und sich mit dem Top Level messen können, beruhigte mich nicht nur, es machte mich zugegebener Maßen ein wenig fröhlich, da es zeigte, welches Potenzial wir langsam auch abseits des Silicon Valleys kultivieren – immerhin hatten es ja auch zwei Hamburger auf die Insel geschafft…
Enttäuschend bzw. fast peinlich war am Ende das Ergebnis. Die Publikumsabstimmung, von Branson scherzhaft in Anlehnung an Trump & Clinton als „Public Vote“ bezeichnet, ergab durch Johlen, klatschen und jubeln einen ganz klaren, unanfechtbaren Favoriten: Cresilon. Doch genau wie in den US Wahlen gewann an dem Abend ebenfalls jemand, der im Public Vote das Rennen klar verloren hätte: VantageRobotics. Das tat der freudigen Stimmung aber nur minimalen Abbruch, da klar war, dass alle Ideen eine starke Zukunft vor sich haben und zudem noch ein gemeinsames Dinner und die XTC Necker Island Party als krönender Abschluss anstanden.
Und so, wie der letzte Abend aufgehört hatte, setzte sich dieser fort.
Unfassbar motivierende Unterhaltungen, immer neue Bekanntschaften von denen man schnell lernte, dass jede einzelne einzigartig ist, eine riesige Dinnerrunde allerbester Stimmung, Party im Sand und im Pool und das Gesprächsthema war immer wieder Innovation und Entwicklung.
Auch wenn Richard Branson und der Rest der Jury schon nach dem Abendessen den Rückzug antraten und sich sehr verdeckt hielten, so hatten sie mit ihrer Nähe und Offenheit bleibenden Eindruck hinterlassen und Richard Branson hatte mit dem gesamten Setup eine Sache klargemacht:
Nur wer Spaß bei der Sache hat, macht seine Sache gut!
Als ich wenige Stunden später im Netz des Katamarans sitzen dem Sonnenaufgang über Necker zusah, hatte ich jeden Versuch aufgegeben, das Erlebte fassbar zu machen.
Zwei Tage im Rausch
Die vergangenen zwei Tage waren schlichtweg ein Rausch an Inspiration, an Aufbruchsstimmung, Spaß und der Erkenntnis, was alles möglich ist. Und das nicht aufgrund einer privaten Karibikinsel und der damit einhergehenden Sorglosigkeit, sondern einzig aufgrund der hellen Köpfe, denen ich begegnet war. Menschen, die einen unfassbaren Tatendrang und Wissensdurst versprühten, die eine derart positive Ausstrahlung hatten, dass man gar nicht umhinkam, selbst besser werden zu wollen. Alles an dieser Reise war einzigartig und schwer in Worte zu fassen.
Adäquat verbalisieren kann ich dabei nur eines ganz klar, nämlich was mir am besten gefallen hat:
Ich bin nicht einer Person begegnet, die einem monetären Ziel entgegenstrebte. Stattdessen traf ich dort auf das aufrichtige Streben, etwas zu machen, zu verändern, zu verbessern, zu hinterlassen und die Lebenszeit bestmöglich zu nutzen. In diesem Sinne und mit dem sicheren Wissen, dass meine zukünftigen Urlaube im relativen Vergleich nur noch ein Naserümpfen werden ernten können:
Screw it – let’s do it! (RB)“
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