Neues aus der Startup-Backstube „Die Höhle der Löwen“
Mit Bierkruste und Werksta.tt haben sich gleich zwei Kandidaten in „Die Höhle der Löwen“ gewagt, die sich mit Backwaren beschäftigen, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. Was sie und Sause, Pinky und lucky loop zu bieten haben und welches Startup am Ende welchen Deal abschließen konnte, erfahrt ihr wie immer in unserer Zusammenfassung.
Sause sorgt für hohen Blutdruck bei Judith Williams
Plastikvermeidung ist das Lieblingsthema vieler Startups. Besonders hohes Einsparpotenzial haben Einwegverpackungen bei Kosmetik- und Pflegeprodukten, zum Beispiel bei Flüssigseife. Man könnte alternativ auch zur klassischen Kernseife greifen, aber das ist nicht das Thema von Sause. Das Münchener Startup, dessen Gründer Moritz Simsch und Sebastian Jung an der Nordsee aufgewachsen sind, setzen auf Brausetabletten. Eine davon wiegt vier Gramm und ergibt 100 Milliliter Schaumseife. Sause verkauft die Tabletten im Zehnerpack und den passenden Seifenspender noch dazu. In die meisten herkömmlichen Modelle würden die Tabletten wohl auch nicht hineinpassen.
Nichts an dem Produkt ist wirklich originell oder gar revolutionär, aber passt mit seinem nachhaltigen und umweltfreundlichen Image gut zum Zeitgeist. Drei Löwen zeigen daher Interesse an einem Deal. Ralf Dümmel sieht gute Chancen Im Massenmarkt und will für 200.000 Euro 25 %. Dagmar Wöhrl bringt Hotels als Abnehmer ins Spiel und bietet sogar 250.000 Euro für nur 20 %. Judith Williams verspricht einen langfristigen Markenaufbau und will bei der Entwicklung weiterer Produkte helfen. Das Warten auf die Entscheidung treibt ihren Blutdruck in die Höhe, doch es lohnt sich, denn sie bekommt den Zuschlag zu den Dümmel-Konditionen.
Bierkruste muss weiter kleine Brote backen
Brot und Bier gehören zu den Grundnahrungsmitteln der Deutschen. Was liegt also näher, als sie zusammenzubringen? Ines Pfisterer (Pfister = Bäcker), die hauptberuflich für das Startup everskill arbeitet, hat genau das getan. Herausgekommen ist ist die Bierkruste, eine Brotbackmischung, die tatsächlich „idiotensicher“ ist. Einfach die Mischung in eine Schüssel geben, ein beliebiges Bier dazu, kurz vermengen, einen Laib daraus formen und ab in den Ofen. Man braucht keine Backform und der Teig muss auch nicht gehen. Der Trick: Bier enthält bekanntlich Hefe und die sorgt für das gelungene Backergebnis.
Von dem können sich die Löwen überzeugen. Das Brot sieht nicht nur knusprig und lecker aus, es schmeckt auch so. Kulinarisch ist Bierkruste also ein Treffer, aber auch als Geschäftsmodell? Eher nicht, denn der Preis von 6,90 Euro pro Tüte ist nicht gerade niedrig. Die Gründerin sieht in der Backmischung auch eher eine Geschenkidee und könnte sich als zusätzlichen Umsatzbringer Kooperationen mit Brauereien vorstellen. Mehr als ein lukratives Hobby wird also Bierkruste so schnell nicht sein. Für einen Deal reicht das momentan nicht.
Pinky – Wenn Männer ein Frauenproblem lösen wollen
Bei Männern, die sich selbst als Frauenversteher bezeichnen, sollten nicht nur Frauen vorsichtig sein. Eugen Raimkulow und André Ritterswürden meinen zumindest, sich diesen Titel verdient zu haben. Kennengelernt haben sich die beiden Gründer bei der Bundeswehr, ihre Geschäftsidee entwickelten sie während ihrer Zeit in einer Frauen-WG. Dort fielen ihnen gebrauchte Tampons im Hausmüll unangenehm auf. Noch heikler ist die Entsorgung der Hygieneartikel unterwegs. Daher entwickelten sie einen Einweghandschuh, der in jede Handtasche passt. Er ermöglicht die hygienische Entnahme des Tampons und ist zugleich ein Geruch und Flüssigkeit einschließender Mini-Müllbeutel.
Pinky heißt das gute Stück und sorgt bei den Löwen für Verblüffung. Haben sich das tatsächlich die beiden kernigen Jungs da ausgedacht? Ja, haben sie. Aber natürlich seien Frauen in die Produktentwicklung einbezogen gewesen, auch die eigenen, denn beide sind inzwischen verheiratet. Jetzt sind sie ernsthaft auf Löwensuche, das verdeutlicht schon das Angebot von 30.000 Euro für 20 %. Da ist nichts mehr nachzuverhandeln, finden Nils Glagau und Ralf Dümmel, der letztlich den Zuschlag bekommt. Bei Twitter hält sich die Begeisterung für das Produkt derweil in engen Grenzen, um es diplomatisch auszudrücken.
lucky loop setzt aufs falsche Pferd
Manchmal gibt es Auftritte bei „Die Höhle der Löwen“, die haben etwas Tragikomisches an sich. Komisch, weil die skurril wirkenden Produkte mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Bedürfnissen des Marktes vorbeigehen. Und tragisch, weil sich da jemand in eine Idee verrannt und enorm viel Geld, Zeit und Herzblut investiert hat. Beides dürfte auf lucky loop zutreffen. Die Gründerin Mariam Vollmar hatte nach einem Reitausflug mit ihren Zwillingen festgestellt, wie putzmunter die Kinder auch nach Stunden auf dem Pferderücken noch waren, während sie sonst kaum eine halbe Stunde ruhig sitzen können. Offensichtlich ermöglichen die Bewegungen des Tieres eine gesunde und angenehme Sitzhaltung.
Also konstruierte sie in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten eine Sitzfläche, die die Bewegungen einen schreitenden Pferdes exakt simulieren kann. Mindestens sechs Jahre Arbeit und ihr gesamtes Erbe in Höhe von 1,7 Millionen Euro stecken in dem Startup. Den Löwen führt sie als Verwendungsbeispiele einen Kinderbuggy und einen Therapiestuhl vor. Bisher gibt es kein verkauftes Exemplar, keine validen Tests und Studien, keinen soliden Businessplan und kein Team, nur den (nicht gerade optimal) beratenden Patentanwalt Moritz Ernicke. Die Gründerin ist von ihrer Erfindung aber felsenfest überzeugt und erhofft sich 650.000 Euro für 15 %. Vergeblich.
Werksta.tt backt mit Prognose-App
Die Sendung begann mit der Vermeidung von Plastikmüll und endet mit einem anderen Dauerthema aus der Kategorie Nachhaltigkeit: Lebensmittelverschwendung. 1,7 Millionen Tonnen Backwaren landen in Deutschland jedes Jahr auf dem Müll. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Bäckereien nur unzureichend einschätzen, wieviel Ware sie an welchen Tagen verkaufen können, und daher im Zweifelsfall zu viel produzieren. Der Informatiker Justus Lauten will das mit seiner App Werksta.tt ändern. Eine künstliche Intelligenz wertet Faktoren wie Wetter, Wochen- und Urlaubstage, saisonale Einflüsse und frühere Verkaufszahlen aus und erstellt daraus Prognosen. Drauf basiert der digitale Einkaufszettel, der Bäckereien das optimale Warenangebot ermöglicht.
Bei einem Pilotprojekt hat das schon zu 50 % weniger Überschuss und einer Gewinnsteigerung von 400 Euro im Monat geführt. Die Software ließe sich auch leicht auf andere Warensegmente vor allem der Lebensmittelbranche anwenden. Bisher kommt Werksta:tt mit einem schlanken Team aus, dem außer dem Gründer noch drei Werkstudenten angehören. An Vertriebs- und Marketingkompetenz fehlt es allerdings. Da springen die Löwen doch gern ein. Georg Kofler und Carsten Maschmeyer sind bereit, das Angebot von 120.000 Euro für 20 % anzunehmen. Die Zusage bekommt Maschmeyer, der sich freut, endlich mal irgendwas mit künstlicher Intelligenz machen zu können. Zu früh gefreut, denn nachher kommt man doch nicht zusammen.
Beitragsbild: TVNOW / Frank W. Hempel