NCA: Fisch wirklich frisch und die Zukunft von Events im Internet
Beim Next Commerce Accelerator (NCA) ist gerade der 7. Batch mit vier sehr unterschiedlichen Teilnehmern an den Start gegangen. Im ersten Teil einer Miniserie stellen wir mit Frisch Gefischt und LeadEvents zwei Startups aus Hamburg vor.
Frisch Gefischt bringt fangfrischen Fisch nach Hamburg
Hamburg liegt bekanntlich an der Waterkant, Nord- und Ostsee sind quasi um die Ecke. Da sollte es doch kein Problem sein, hier fangfrischen Fisch zu bekommen, oder? Weit gefehlt! Viele Arten wie der beliebte Seelachs haben eine halbe Weltreise hinter sich und selbst der Fang aus heimischen Gewässern macht oft den Umweg über große Auktionen in Dänemark oder den Niederlanden. Der Fisch ist daher eher Tiefkühlware als wirklich frisch. Diesen Missstand wollen nun zwei ursprünglich aus Stuttgart stammende alte Schulfreunde mit ihrem Startup Frisch Gefischt beheben. Lars Bäumer hat schon als Kind geangelt und war nach dem Abitur ein halbes Jahr im Südpazifik unterwegs, um dort Thunfische zu fangen. Außerdem hat er schon auf dem Markt in Münster Fisch verkauft, er kennt sich also mit mehreren Seiten des Geschäfts aus. Schließlich bringt der Erziehungswissenschaftler aus seiner aktuellen Tätigkeit noch NGO- und Fundraising-Erfahrung mit.
Auch sein Kumpel Andreas Reinhardt, der Politik und internationales Management studiert hat, ist fit in Sachen NGOs und Nachhaltigkeit und arbeitet als Unternehmensberater. Da er für leckeren Fisch immer zu haben ist und sogar einen Kutterfischer in der Ahnengalerie hat, war von der Idee zu Frisch Gefischt schnell begeistert. Das Konzept ist ganz simpel: Statt über Umwege und den Großhandel bezieht das Startup seinen Fisch direkt von den heimischen Küstenfischern, beziehungsweise Genossenschaften, in denen sie organisiert sind. So lässt sich jederzeit nachverfolgen, wo der Fang herkommt und nach welchen Methoden er eingeholt wurde. Methoden, die unnötigen Beifang, Zerstörung des Meeresbodens oder Abfischung ganzer Schwärme vermeiden, sind nicht nur umweltfreundlicher. Sie liefern auch bessere Qualität, weil bei moderaten Fangmengen der Fisch nicht zusammengedrückt wird.
Durch die direkten Vertriebswege sind die Preise für den fangfrischen Fisch kaum höher als bei der üblichen Handelsware. Die Lieferkette bleibt allerdings eine Herausforderung, weshalb Frisch Gefischt zum Start am 1. April 2019 keinen Onlineshop eröffnet, sondern sich zunächst auf die Gastronomie konzentriert hat. Das Angebot ist groß und umfasst auch Fisch aus lokalen Aquakulturen sowie Wildmuscheln und sogar Hummer aus Deutschland. Seit Oktober 2019 macht das Startup Umsatz und hat sich schon einen guten Ruf in der Gastroszene erarbeitet. Ein Bremsklotz ist natürlich die Corona-Krise mit ihren vorübergehenden Restaurantschließungen wie gerade jetzt wieder im November. Deshalb intensivieren Lars und Andreas gerade die Gespräche mit dem Handel, um sich in Zukunft ausschließlich auf Frisch Gefischt konzentrieren zu können.
LeadEvents denkt Veranstaltungen im Internet neu
„Eigentlich funktionieren Live-Events im Internet nicht!“ – eine überraschende Aussage für ein Startup wie LeadEvents, dass sich doch anscheinend gerade darauf spezialisiert hat. Aber einerseits ist dieser Satz auch nicht für alle Event-Fälle gemeint und andererseits basiert er auf den Erfahrungen der letzten Monate, die bei LeadEvents zu einer Neujustierung des Geschäftsmodells geführt hat. Demnächst steht wohl auch eine Umbenennung zumindest der zum Service gehörigen Software auf Leadbase an. Aber der Reihe nach. Kennengelernt haben sich die Gründer Rene Sulski und Edgar Dyck in einem Coworking Space. Rene organisiert unter anderem Workshops und war auch schon für den NCA als Mentor tätig. Edgar entwickelt als Freelancer Software. Beide haben den unmittelbaren Einfluss der Corona-Krise auf ihre Auftragslage gespürt und sich zusammengetan, um der neuen Situation ein vielversprechendes Geschäftsmodell abzutrotzen.
Vieles hat sich seit März 2020 ins Internet verlagert, auch die meisten Veranstaltungen, bei denen sonst persönliche Kontakte eine wesentliche Rolle spielen. Diese 1:1 in die Digitalwelt zu übertragen, ist nicht immer die beste Lösung, so die Erfahrung von Rene und Edgar. Bei einer Fachkonferenz mit einem kompakten Vortragsprogramm und festem Zeitplan lief das noch ganz gut. Anders bei Messen und ähnlichen Events, bei denen Verkaufserfolge im Vordergrund stehen. Hier funktionierte die Interaktion wie über soziale Medien nicht wie erhofft und die Beschränkung auf nur ein oder zwei Tage erwies sich nicht als optimal. Deshalb veränderte LeadEvents sein Konzept in Richtung digitaler Showroom, der gern eine ganze Woche geöffnet haben und jederzeit besucht werden kann. Dabei kann eine Mischung aus einem Newsfeed wie bei Facebook, Videos und einzelnen Live-Elementen zum Einsatz kommen. Ein Beispiel wird die nächste Digital Fashion Week sein, die Fashion Cloud im Januar 2021 veranstalten will.
Auch wenn Events irgendwann wieder in gewohnter Form stattfinden können, eine Menge Gewohnheiten werden sich dauerhaft geändert haben. Viele Begegnungen werden weiterhin im virtuellen Raum stattfinden, ohne zeit- und kostenintensive Dienstreisen. Veranstaltungen mit persönlichen Begegnungen wird es weiterhin geben, aber auch Plattformen mit messeähnlichem Charakter können sich etablieren. Daher möchte sich LeadEvents in Richtung eines Dienstleisters für Onlinemarketing und Contentmanagement entwickeln, ohne die Organisation von virtuellen Veranstaltungen aufzugeben.
Fotos: Frisch Gefischt, LeadEvents