NautilusLog macht das Logbuch digital
Dafür, dass Hamburg und sein Hafen untrennbar zusammengehören, gibt es in der Hansestadt erstaunlich wenige Startups, die sich mit der Schifffahrt beschäftigen. Eine rühmliche Ausnahme bildet NautilusLog, das mit seinem digitalen Logbuch gleich eine ganze Branche revolutionieren will. Wir haben mal nachgeschaut, wohin die Reise geht.
Es gibt kaum eine geschichtsträchtigere Branche als die Schifffahrt. Der Ruhm ganzer Nationen hing einst vom Wagemut und Pioniergeist seiner Seefahrer ab. Andererseits sorgt so viel Tradition auch dafür, dass sich Innovationen oft nur sehr langsam durchsetzen. Internationaler Handel ohne Containerschiffe ist heutzutage gar nicht mehr vorstellbar, aber tatsächlich lief erst im Jahr 1966 erstmals ein Containerschiff einen deutschen Hafen an. Die Digitalisierung steht noch ganz am Anfang, wie seit Jahrhunderten werden Logbücher in verschiedenen Versionen nach wie vor handschriftlich geführt. Das Hamburger Startup NautilusLog will das ändern.
Ein Startup als Familienunternehmen
NautilusLog ist ein Familienunternehmen, dessen Gründerquartett eine große Menge an Erfahrung mitbringt. Ingo Klemke hat unter anderem United Medical Systems gegründet, ein Unternehmen, das medizinische Geräte verleiht. Sein Sohn Otto ist Informatiker und hat einige Jahre als Unternehmensberater für Banken und Versicherungen gearbeitet. 2012 startete er zusammen mit Sven Hamer, einem Freund aus Studienzeiten seine eigene Firma: Securizon.
Securizon übernahm Aufträge aus den unterschiedlichsten Bereichen. Viele Kunden kamen aus der Medienwelt, aber auch schon aus der Logistikbranche. Ein Highlight ist sicherlich die Programmierung der Tinnitracks-App, welche die Tinnitus-Therapie unterstützt. Zugleich diente Securizon Otto und Sven als Inkubator für eigene Ideen. Hier kommt 2016 Ottos Bruder Moritz ins Spiel. Moritz ist Schiffbauingenieur und hat zehn Jahre als Schiffsbesichtiger gearbeitet, also Schiffe auf ihre Sicherheit überprüft.
Logbücher haben sich seit Jahrhunderten kaum verändert
Von ihm stammt die Anregung, sich mit dem Thema Logbuch einmal intensiver zu beschäftigen. Während in vielen anderen Bereichen die Erfassung und Verarbeitung von Daten fast ausschließlich digital erfolgt, ist ein Logbuch tatsächlich immer noch genau das: ein Buch. Und zwar ein ziemlich großes und unhandliches, voller zumindest für den Laien recht unübersichtlicher Tabellen, die per Hand sorgfältig ausgefüllt werden. Zu allem Überfluss existiert nicht nur ein Logbuch pro Schiff, es sind bis zu zehn. Insgesamt sind 18 verschiedene Versionen im Umlauf.
Manche Daten werden mehrfach erfasst, in verschiedenen Büchern, was die Fehlerwahrscheinlichkeit, neben immer mal wieder vorkommenden Zahlendrehern oder unleserlichen Ziffern, zusätzlich erhöht. Und dann sind die Logbücher schnell gefüllt und müssen alle paar Monate ersetzt werden. Wie einfach wäre es dagegen, das alles über eine App abzuwickeln! In dieses Projekt stürzte sich zunächst Otto als Solist und beschäftigte sich intensiv mit der Materie.
Eine Herausforderung ist, die verschiedenen Parteien, die in die Erstellung und Beurteilung der Logbücher involviert sind, mit ins Boot zu holen. Die sind zunächst die Reeder, die vom Nutzen der neuen Technologie überzeugt werden wollen. Die nächst höhere Instanz sind die Klassifikationsgesellschaften, die als Gutachter fungieren. Zumindest in Europa ist professioneller Schiffsverkehr ohne Klassifizierungszertifikat nicht möglich. Schließlich wollen auch die Flaggenstaaten noch ein Wörtchen mitreden. Die sind in der International Maritime Organization (IMO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, versammelt.
NautilusLog wirkt an der Erstellung von DIN-Normen mit
Da gilt es einige dicke Bretter zu bohren. NautilusLog ist fleißig dabei und gehört beispielsweise einer Arbeitsgruppe an, die DIN-Normen zu dem Thema definieren soll. Die Fülle an Vorschriften kann zudem auch förderlich für das Geschäft sein. So müssen Betreiber von Schiffen ab einer Größe von mindestens 5.000 Bruttoregistertonnen alle CO₂-Emissionen erfassen und in einem Jahresbericht verewigen. Die unter dem Kürzel MRV bekannte EU-Verordnung gilt für den Zeitraum ab 1. Januar 2018. Der zusätzliche Aufwand bei der Datenerfassung könnte sich als gutes Verkaufsargument für NautilusLog erweisen.
Den ersten Test mit einem digitalen Logbuch konnte das Startup bereits im Januar 2017 erfolgreich durchführen. Die Vorteile liegen buchstäblich auf der Hand. Das Smartphone haben die zuständigen Mitarbeiter an Bord stets griffbereit, die Eingabe kann unmittelbar erfolgen. Zudem kann die App an routinemäßige Datenerfassungen erinnern, exakt zum erforderlichen Zeitpunkt. Alle Informationen gehen in eine einzige Datei ein, Mehrfacherfassungen sind nicht notwendig. Durch den Einsatz von Sensoren, die NautilusLog seit Neuestem auch anbietet, wird die Anwendung noch komfortabler. Manche Daten fließen direkt in das digitale Logbuch ein und müssen nicht per Hand erfasst werden. In anderen Fällen melden Sensoren Vorkommnisse, die dokumentiert gehören.
Eine Verordnung zu Gefahrstoffen könnte den Durchbruch bringen
Die Buchstabenkombination IHM steht für „Inventory of Hazzardous Materials“ und könnte NautilusLog entscheidend voranbringen. Schiffseigner sind nämlich verpflichtet, Gefahrstoffe an Bord von neuen und existierenden Schiffen zu dokumentieren. Spätestens bis 2020 muss das erledigt sein. NautliusLog hat sich da Anfang dieses Jahres in einem konkreten Fall schon bewährt. Momentan steht das Startup in vielversprechenden Verhandlungen mit einer großen Reederei und internationalen Klassifikationsgesellschaften, die zu lukrativen Aufträgen führen können.
Nach einer Phase, in der das Projekt noch unter dem Dach von Securizon lief, ist NautilusLog inzwischen ein eigenständiges Unternehmen. Alle vier Gründer sind mittlerweile in Vollzeit engagiert. Mehrere Schiffe nutzen in internationalen Gewässern auf Testfahrten die Software, die zudem auf einer Barkasse im Hamburger Hafen erprobt wird. Auch außerhalb der Schifffahrtsbranche hat das Startup schon viel positive Resonanz erfahren. Eine Förderung durch die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) durch das Programm InnoRampUp und ein erster Platz beim Innovation Summit in der Kategorie „Idee“ sind nur zwei von vielen Beispielen. Auf dem Weg zu seinem erklärten Ziel „Ship & Shore“ zusammenzubringen, ist NautilusLog schon ein gutes Stück vorangekommen.