Mylittlejob verschafft Studierenden die passenden Jobs
Eine Plattform für Studentenjobs, bei der ein Online-Fragebogen das Bewerbungsgespräch ersetzt: das ist Mylittlejob. Inzwischen ist das Hamburger Startup sogar in den USA aktiv und hat dort mit WeWork einen starken Partner gefunden.
Nicht jeder ist für jede Arbeit geeignet, und auch das Falten von T-Shirts will gekonnt sein. Die Studenten Daniel Barke und Marlon Litz-Rosenzweig jedenfalls konnten die Erwartungen ihrer Auftraggeber nicht erfüllen und mussten sich kurzfristig einen neuen Job für die Semesterferien suchen. Das erwies sich als weit schwieriger als gedacht. Aus dieser Notsituation heraus entstand 2011 die Idee für das Startup Mylittlejob, das 2012 seine ersten Schritte machte.
Als ein wesentliches Hindernis bei der Eingliederung von Studierenden in den Arbeitsmarkt hatten die beiden Gründer ein zu aufwendiges Bewerbungsverfahren ausgemacht. So ist vielerorts immer noch das persönliche Vorstellungsgespräch üblich. Dabei lassen sich viele Aufgaben, etwa Übersetzungen und Recherchearbeiten, heutzutage vom Home Office aus erledigen. Da kommt es weniger darauf an, ob jemand mit einem Team harmonisiert, die Qualifikation ist aber nach wie vor von höchster Wichtigkeit.
Der erste Test war noch ausbaufähig
Die müsse sich doch am besten durch einen objektiven Test ermitteln lassen, dachten sich Marlon, der Philosophie, Politik und Ökonomie in England studiert hat, und der BWLer Daniel. Also entwickelten sie einen ersten Fragenkatalog, werteten dafür viele Studien aus und sprachen mit diversen Experten. Aus heutiger Sicht brachte diese Testversion viele wertlose Ergebnisse, wie Daniel zugibt, ermöglichte aber zumindest den Start des Projektes. Die heute gültige Testversion wurde Ende 2013 in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich entwickelt.
Der Onlinetest besteht aus 50 Fragen, wobei aber nicht nur ausgewertet wird, ob jemand eine richtige oder falsche Antwort gibt. Welche Browser benutzen die Bewerber, wie schnell antworten sie, entscheiden sie sich zwischendurch um – all das sind Auswertungskriterien, die sich zu insgesamt 5.000 Datenpunkten summieren. Dabei gibt es oft kein richtig oder falsch; je nach Jobanforderung kann das eine oder andere Verhalten geeigneter sein.
Ein Beispiel: Bei einer Rechenaufgabe sind vier Antworten vorgegeben, und alle sind im Prinzip richtig. Ein zur Auswahl stehendes Ergebnis ist 1,1, ein anderes 1,145237545457, was gerundet auch 1,1 ergibt. Während für den einen Job aber möglichst exaktes Arbeiten notwendig ist, was für den Kandidaten spricht, der alle Nachkommastellen ausrechnet, kommt es in einem anderen Fall auf richtige, aber vor allem schnelle Entscheidungen an. 1,1 ist da völlig ausreichend. Übrigens: Tech-Nerds wählen bei Browsern überwiegend nicht die neueste Version, weil die oft noch fehlerhaft ist.
Studierende ließen sich schneller gewinnen als Arbeitgeber
Als Mylittlejob 2012 online ging, hatte das Startup innerhalb von fünf Tagen 1.000 Studierende für sich gewinnen können. Jobs gab es für die da allerdings noch nicht, denn Arbeitgeber ließen sich nicht ganz so schnell überzeugen. Schließlich mussten sich die Algorithmen für die Personalauswahl erst noch bewähren. Immerhin waren es Anfang 2013 schon 150 Unternehmen, die sich nicht mehr auf das Bauchgefühl und den persönlichen Kontakt verlassen wollten.
Der findet nämlich meist gar nicht mehr statt. Wer den Fragebogen komplett ausgefüllt hat, bekommt innerhalb von 60 Sekunden den passendsten Job angeboten. Schlägt er dann gleich zu, ist die Sache erledigt. Ein solches Verfahren ist durchaus gewöhnungsbedürftig, und Mylittlejob hat es bei sich selbst auf die Probe gestellt. Bei einem Vorstellungsgespräch war eine Person zunächst durchgefallen, der Test sprach aber eine klare Empfehlung aus. Diese gab dann den Ausschlag und erwies sich im Nachhinein als völlig richtig.
Mylittlejob ist mittlerweile ein internationaler Erfolg
Der Erfolg gab der Methode von Mylittlejob also recht, und so wuchs das Team zwischen 2014 und 2017 von 10 auf über 30 Mitarbeiter. Anfangs eigenfinanziert, stiegen 2015 drei Business Angels ein, 2016 kamen Familiy Offices dazu. Parallel dazu baute das Startup sein internationales Geschäft auf, inzwischen hat es in sieben europäischen Ländern einen eigenen Auftritt. Als besonders attraktiver Markt stellte sich bei Analysen die USA heraus. Hohe Studiengebühren sind dort die Regel, sodass besonders viele Studierende auf lukrative Jobs angewiesen sind.
Der Plan, den Sprung über den Atlantik zu wagen, reifte bereits 2016, seit ein paar Wochen ist er nun Realität. Mylittlejob hat ein Büro in der New Yorker Filiale von WeWork, und das ist kein Zufall. Eine Kooperation mit dem international agierenden Anbieter von Coworking-Spaces ist nämlich in der Entwicklung. Das Ziel: WeWork will seinen Kunden nicht nur Büroräume bieten, sondern auch ein umfangreiches Servicepaket.
Knapp 230.000 Studierende und über 4.000 Unternehmen nutzen die Plattform mittlerweile, und die Gründer denken weit über das bestehende Geschäftsmodell hinaus. In der Arbeitswelt stehen viel größere Umwälzungen bevor, als sie beispielsweise die Einführung des Mindeslohns mit sich brachte, die bei Mylittlejob zu erhöhter Nachfrage führte. So wird ein großer Teil der Menschen, die jetzt aufwachsen, in Jobs arbeiten, die es heute noch gar nicht gibt. Diesen Wandel zu bewältigen ist eine Herausforderung, bei der gerade Startups mit ihren frischen Ideen gefragt sind.
Im Idealfall entscheiden Algorithmen gerechter als Menschen
Manche Dinge allerdings ändern sich nicht so schnell. Menschen neigen dazu, ihre Talente falsch einzuschätzen, weshalb der Test von Mylittlejob auch Fragen nach speziellen Kenntnissen auf das Notwendigste beschränkt. Zudem bestätigt sich, dass Männer dazu neigen, sich eher zu viel zuzutrauen, während Frauen zu selbstkritisch sind. Personalentscheider wiederum bevorzugen oft Kandidaten, die ihnen ähnlich sind. Wenn es Algorithmen gelingt, solche menschlichen Schwächen auszubügeln und wirklich faire und vorurteilsfreie Entscheidungen zu treffen, kann das gerade für die Arbeitswelt ein großer Fortschritt sein.
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