Müll wird zu Armbändern – hinter den Kulissen bei BRACENET
Um vermeintlichem Abfall ein neues Leben zu schenken und unsere Ozeane von den vielen herumtreibenden Fischernetzen zu befreien, macht das Hamburger Startup BRACENET die Kunst des Upcyclings zu seiner Herzensangelegenheit. In Handarbeit verarbeitet BRACENET verlorengegangene oder absichtlich versenkte Fischernetze, sogenannte Geisternetze, zu Armbändern, Ringen, Hundeleinen und mehr – und diese Handarbeit beginnt bereits in den Meeren. In diesem Beitrag erfahrt ihr, wie das funktioniert.
Recycling und Upcycling – ein kurzer Exkurs
Beim Recycling kehren gebrauchte Materialien in den Produktkreislauf zurück. Sie werden in Müllsortieranlagen voneinander getrennt und nach Materialarten sortiert und eingeschmolzen. Anschließend werden durch die Zugabe von neuen Ressourcen neue Produkte aus den zurückgeführten Materialien hergestellt. Der Vorteil beim Recycling ist, dass sich bereits genutztes Material in anderer Form wiederverwenden lässt und somit der Energieaufwand für Gesamtproduktion geringer ausfällt. Zu den Nachteilen zählen, dass nicht alle Produkte recyclebar sind, Abfälle häufig zur Verarbeitung ins Ausland verschifft werden und es sich nicht vermeiden lässt, beim Recycling-Prozess neue Rohstoffe hinzuzufügen.
Beim Upcycling bleibt das Ursprungsmaterial erhalten und wird ressourcen- und umweltschonend weiterverarbeitet und aufgewertet. Bereits verwendetes Material landet also nicht im Müll, sondern wird für neue Einsatzzwecke umgewandelt oder weiter verwendet. Anders als beim Recycling werden hierbei Rohstoffe nicht extra neu produziert, sondern in ihrer bestehenden Form genutzt. Bei BRACENET erfolgt das in vier Schritten.
Schritt 1 – Bergung
Die gemeinnützige Organisation Ghost Diving macht herumtreibende Geisternetze ausfindig und birgt diese in enger Zusammenarbeit mit einer weiteren NGO, Healthy Seas, aus bis zu 50 Metern Tiefe. Mit professioneller Ausrüstung gehen die Taucherinnen und Taucher in Teams unter Wasser und untersuchen dort die Netze. Erste Priorität hat dann die Rettung vieler Lebewesen, die sich in den häufig kilometerlangen Netzen verfangen haben. Anschließend schneiden sie die Netze mit Messern los und bringen sogenannte Lifting Bags an. Das sind mit Luft gefüllte Ballon, die die schweren Netze an die Wasseroberfläche bringen. Oben angekommen, werden sie je nach Umfang und Gewicht per Hand oder mit Hilfe eines Krans an Bord geholt.
Schritt 2 – Reinigung
Sobald die Netze geborgen und an Land gebracht wurden, werden sie an die weitere Partner-Organisation Nofir gegeben. Frisch aus dem Meer geholt, erstrahlen die Fischernetzte meistens keineswegs in leuchtenden Farben, sondern sind verschmutzt und von diversen Algen überwachsen. Regelmäßig besucht BRACENET Nofir und sucht sich die für seine Arbeit nutzbaren Netze heraus. Jedes Netz sieht anders aus und nicht alle kann BRACENET verwenden. Die nicht ausgewählten Netze werden recycelt und anderweitig verarbeitet. Die ausgewählten Netze werden dann ausschließlich mit Wasser gereinigt und das daraus entstehende Schmutzwasser wird anschließend gefiltert, sodass es nicht verschwendet wird.
Schritt 3 – Weiterverarbeitung
In Hamburg angekommen werden die Netze sortiert und aufgetrennt, sodass lange Netzstreifen entstehen. Diese werden dann je nach Produkt in unterschiedliche Längen geschnitten und an den Enden versiegelt. Für jedes Produkt werden die Netze unterschiedlich in liebevoller Handarbeit weiterverarbeitet. Inzwischen stellt BRACENET neben dem Ursprungsprodukt, dem Armband (Bracenet), auch Schlüsselanhänger, Ringe, Hundeleinen, Maskenketten und Kamerazubehör her. Die kreativen Köpfe des Startups entwickeln stetig neue Ideen für die Verwendung der Netze.
Schritt 4 – Verpackung und Versand
Natürlich achtet BRACENET auch bei der Verpackung auf Nachhaltigkeit. Jedes Produkt verschickt das Startup in einem umweltfreundlichen wieder-verwendbaren Säckchen aus Bio-Baumwolle verschickt. Es enthält einen Anhänger aus Pappe, der neben der Netznummer auch das Datum der Bergung preisgibt, sowie einen Flyer aus Umweltpapier mit weiteren Informationen. Der Versand erfolgt in einer Recycling-Papiertasche und innerhalb Deutschlands klimaneutral. Natürlich lassen sich die Produkte auch in diversen Einzelhandelsgeschäften kaufen, sodass ein Versand ganz entfällt. Wer die Möglichkeit hat, kann seine Produkte nach Absprache auch im Hamburger Headquarter abholen. Verpackungen aus Plastik sucht man bei BRACENET vergebens.
Über BRACENET
Madeleine von Hohenthal und Benjamin Wenke gründeten BRACENET 2018 mit dem Ziel, die Weltmeere von herumtreibenden Fischernetzen zu befreien und somit vor allem vielen Meereslebewesen das Leben zu retten. Das Gründungspaar begann 2015 nach einem aufrüttelnden Urlaubserlebnis das globale Ausmaß der herumtreibenden Netze und mögliche Lösungsansätze zu recherchieren. Anfangs diente noch das heimische Wohnzimmer als Werkstatt, inzwischen ist BRACENET zu einem erfolgreichen Unternehmen mit 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Firmensitz in Hamburg herangewachsen. Stolz ist es vor allem auf fünf Tonnen verarbeiteter Fischernetze und daraus resultierender 175.000 Euro Spendensumme. BRACENET spendet nämlich bis zu 5 Euro pro verkauftem Produkt an Healthy Seas, um die Bergung weiterer Netze sowie die Präventivarbeit weiter voranzutreiben.
BRACENET ist Mitglied im Hamburg Startups Club
Mit dem Hamburg Startups Club schreiben wir ein neues Kapitel in unserer Geschichte als führende unabhängige Startup-Plattform im Norden. Alle Mitglieder erhalten ein eigenes Profil auf unserer Webseite, Zugang zu exklusiven Netzwerkevents, online wie offline, und die einjährige Nutzung des Jobboards. Hier könnt ihr noch mehr über den Club erfahren.
Fotos, falls nicht anders angegeben: BRACENET