moinAI: die Reise vom Urlaubs- zum Chatbot-Startup
Pivotieren, also beim Geschäftsmodell flexibel sein, ist eine Disziplin, die viele Startups beherrschen müssen. Ein besonderes Talent haben hier die Chatbot-Spezialisten von moinAI bewiesen. Schließlich haben sie ihre Startup-Karriere in einer ganz anderen Branche begonnen.
Einmal mit Hamburg Startups zum SXSW Festival in Austin fliegen – das war ein nicht unwesentliches Motiv für die Gründung des Startups knowhere. Mit etwas Glück und über eine Nachnominierung hat das auch tatsächlich geklappt. Nach diesem Raketenstart, einigen erfolgreich bestrittenen Pitchwettbewerben und einem Platz im Leipziger Accelerator SpinLab schien alles optimal zu laufen für knowhere. Die Idee, ein Urlaubsportal aufzubauen, bei dem sich Reiselustige über Bilder inspirieren lassen konnten, kam anscheinend richtig gut an.
Nach gut einem Jahr musste das fünfköpfige Gründerteam allerdings feststellen: Der Reisemarkt ist einer der härtesten überhaupt und wird von einigen Großen beherrscht. Es fehlte die Branchenerfahrung, um sich da entscheidend durchsetzen zu können, und Umsatzprognosen blieben unerfüllbar. Immerhin nahm das Startup im Frühjahr 2016 eine Pionierrolle ein, die sich für die weitere Unternehmensentwicklung noch als äußerst hilfreich erweisen sollte.
So verlief der Wandel zum Chatbot-Startup
Zu diesem Zeitpunkt ermöglichte Facebook nämlich die Nutzung von Chatbots in seinem Messenger. Team knowhere probierte das für sich aus. Dabei bestätigte sich eine Vermutung: In der Technologie steckte viel Potenzial, das Startup hatte ein neues Betätigungsfeld für sich entdeckt. Im Sommer 2016 gründete es eine Meetup-Gruppe zum Thema Chatbot und entwickelte sich zum Dienstleister in diesem Bereich. Ein Meilenstein war da sicherlich der Jäm Bot für Jägermeister mit den Rappern Eko Fresh und Ali As.
Das Reise-Startup verwandelte sich also in ein Chatbot-Startup, was auch personell zu Veränderungen führte. Zwei der ursprünglichen Gründer stiegen aus, dafür kam mit Frederik Schröder ein neuer Geschäftsführer dazu, der sich vor allem um den Aufbau des Vertriebs kümmerte. Kunden wie Thomy oder Greenpeace und die Zusammenarbeit mit Agenturen wie Jung von Matt zeigten: Die Nachfrage nach Chatbots war groß.
Der Arbeits- und Zeitaufwand für hochspezialisierte und individuelle Lösungen allerdings auch. Ein weiterer Richtungswechsel, der nächste Pivot bahnte sich an, wenn auch nicht so radikal wie beim ersten Mal. Zunächst ging das Startup Anfang 2020 mit einem neuen Namen an die Öffentlichkeit: moinAI. Intern hatte der Service schon längst so geheißen. Den alten Namen und die damit verbundene Reputation hat man allerdings nicht ganz aufgegeben, weshalb es auf der Webseite auch moinAI by knowhere heißt.
moinAI trägt die künstliche Intelligenz schon im Namen
Das AI in der Firmierung macht schon deutlich, dass hier künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. Von den inzwischen 23 Teammitgliedern beschäftigen sich drei ausschließlich mit KI. Die Chatbots lernen also ständig dazu, etwa beim Verstehen von Fragen. Im Zweifelsfall haken sie nach und ziehen ihre Schlüsse daraus, welche Themen besonders relevant sind. Dadurch lässt sich das Serviceangebot stetig ausweiten und verbessern.
Gleichzeitig, und das ist der eigentliche zweite Pivot, hat sich moinAI von immer neuen Einzellösungen hin zu einer Software-as-a-Service entwickelt. Viele Elemente lassen sich verallgemeinern, andere werden mit den Kunden zusammen entwickelt. Das Training der KI übernimmt moinAI. Jeder Kunde hat einen persönlichen Ansprechpartner, kann einfache Anpassungen etwa bei der Beantwortung von Fragen auch selber vornehmen . So ist ein Mix aus genormten Prozessen und individueller Betreuung entstanden, der das Startup endgültig auf eine solide Basis gestellt hat.
Die Startup-Reise scheint das Ziel erreicht zu haben
Die Jahresumsätze bewegen sich im siebenstelligen Bereich und Mitte 2021 lag der Umsatz um 150 % höher als im Vorjahr. Die Kundschaft ist breit aufgestellt, während die Chatbots selbst thematisch immer differenzierter werden. Prognosen, die Technologie könnte sich bald überleben, haben sich als voreilig erwiesen. moinAI hatte sich kurzfristig auch einmal an Voice Skills für Alexa probiert, aber schnell entschieden, sich auf die vorhandenen Kompetenzen zu konzentrieren.
Die sind auch international gefragt. Chatbots in fast 100 Sprachen könnte moinAI theoretisch erstellen. Thematisch und finanziell ist das Startup jetzt so gefestigt, dass in absehbarer Zeit kein weiterer Pivot zu erwarten ist. Zumindest bei dieser Reise hat das ehemalige Reisestartup vorerst sein Ziel gefunden.