MÁ Hemp Wear – Hanf kann man sich auch anziehen
Lange Zeit zu Unrecht in die Schmuddelecke verbannt, wird immer deutlicher, was für eine wahre Wunderpflanze Hanf ist. So kann sie nicht nur bei der Produktion von Arznei- und Lebensmitteln und Kosmetika eine wichtige Rolle spielen, sondern auch in der Textilindustrie. Ein Vorreiter ist hier das Hamburger Startup MÁ Hemp Wear mit einer ganzen Kollektion aus Hanf.
Chinesisch ist eine komplizierte Sprache, bei der es vor allem auf die richtige Betonung ankommt. Ein Accent aigu über dem a bei Má deutet drauf hin, dass der Vokal quasi aufsteigend ausgesprochen wird. Dann hat die Silbe die Bedeutung „Hanf“. Das ergibt doppelt Sinn bei dem Hamburger Modestartup MÁ Hemp Wear, denn erstens verkauft es Kleidung aus Hanf und zweitens bezieht es seinen Rohstoff tatsächlich aus China.
Gegenüber Baumwolle hat Hanf viele Vorteile
Dort war Hanf als Nutzpflanze immer gefragt, während er hierzulande eine Zeit lang auf seine Verwendung für illegale Rauschmittel reduziert wurde. Zum Glück ändert sich das gerade, denn er hat beispielsweise gegenüber Baumwolle eine Reihe von Vorteilen. So benötigt Hanf deutlich weniger Wasser und ist viel schädlingsresistenter als die in der Textilindustrie dominierende Baumwolle. Das liegt zum einen an den langen Wurzeln, die Wasser aus tieferen Regionen holen können, und zum anderen an gewissen Inhaltsstoffen, die potenziellen Schädlingen einfach nicht schmecken. Zudem wächst Hanf außergewöhnlich schnell. Fast wie Unkraut, daher auch der doppeldeutige englische Name „weed“.
Diese und weiteres Wissen über eine erstaunliche Pflanze hat sich der Gründer Ulrik Schiötz für sein Startup MÁ Hemp Wear angeeignet. Geboren in Dänemark und aufgewachsen in Norddeutschland, machte er sich nach dem Abitur zunächst auf nach Frankreich, um dort Soziologie zu studieren. Nächste Station war Trondheim in Norwegen, wo er Scheinwerfer für Schiffe verkaufte. Anschließend studierte er BWL in Kopenhagen und arbeitete dort in einer Werbeagentur.
2015 kehrte er nach Deutschland zurück und kümmerte sich um die Produktentwicklung bei Depesche. Dieses Unternehmen hat sein Vater Kjeld gegründet und unter anderem in den 90er Jahren die Diddl-Maus groß gemacht. Unternehmertum liegt Ulrik also im Blut. Er interessierte sich für Kleidung mit Stil und suchte nach einem besonders nachhaltigen Geschäftsmodell. Fast zwangsläufig stieß er da auf Hanf als Stoff der Zukunft.
Im Herbst erscheint bereits die vierte Kollektion
Im Juni 2018 gründete er MÁ Hemp Wear und verbrachte die nächsten eineinhalb Jahre mit der Entwicklung der ersten Kollektion. Die Rolle der Chefdesignerin übernahm dabei Nina Heitmann, die Ulrik schon aus Schulzeiten kannte. Beim Start Anfang 2020 bestand die Premierenkollektion aus sechs Teilen, natürlich in verschiedenen Farben und Größen, die ein männliches Publikum ansprachen. Beim zweiten Durchgang kam auch Frauenmode dazu und die aktuelle Kollektion Frühjahr/Sommer 2021 umfasst zwölf Teile. Das Angebot für den kommenden Herbst wird noch ein bisschen größer sein und die Rückkehr eines besonders beliebten Hosenmodells mit sich bringen.
Die Stoffe kommen wie gesagt aus China, hergestellt wird die Kleidung in Portugal. Beides Länder, die zu unterschiedlichen Phasen stark von Corona betroffen waren und zum Teil noch sind. Auf die Produktion hatte das nur bedingt Einfluss. Schwerwiegender waren da schon die Probleme des Einzelhandels in den vergangenen eineinhalb Jahren. Die zum Teil monatelangen Schließungen verhinderten, dass MÁ Hemp Waer sich stärker im stationären Handel etablieren konnte, bisher gibt es die Stücke nur in einer Handvoll Läden.
MÁ Hemp Wear ist ein Pionier in seinem Bereich
Dafür entwickelt sich das Onlinegeschäft erfreulich, über den eigenen Shop und Marktplätze wie Avocadostore. Die größte Herausforderung besteht nun darin, die Marke selbst und Hanf überhaupt als Bekleidungsmaterial bekannter zu machen. In vielen Köpfen steckt sicherlich das Vorurteil, Hanf sei kratzig und Mode daraus so schick wie ein Kartoffelsack. Dabei bietet das Material besten Tragekomfort und macht, gut verarbeitet und designt, auch optisch einiges her.
Trotzdem führt Hanf in der Textilindustrie nach ein Nischendasein, Anbieter, die sich ausschließlich darauf spezialisiert haben, gibt es kaum. Daher stehen die Chancen für das momentan vierköpfige Team von MÁ Hemp Wear nicht schlecht, hier eine Pionierrolle einnehmen zu können. Ein Ausweitung der Kollektion ist auch schon angedacht, etwa durch Kinderbekleidung oder Heimtextilien wie Bettwäsche und Tischdecken. Hanf ist eben eine Pflanze für alle Fälle.