LIVEDAB macht Marketing mit Filter
„Filter“ ist die Bezeichnung für verschiedene Modifikationen von Bildern, die in sozialen Medien immer beliebter werden. Das Startup LIVEDAB hat daraus ein Geschäftsmodell aufgebaut, das sich in der Corona-Krise in ganz neue Richtungen entwickelt hat.
Zu bestimmten politischen und gesellschaftlichen Ereignissen bietet Facebook die Möglichkeit an, mit der Umgestaltung des Profilfotos Solidarität zu bekunden, etwa für Aktionen von Minderheiten oder mit Opfern von Terroranschlägen. Im Zusammenhang mit der Verfolgung und Vertreibung der muslimischen Ethnie der Rohingya in Myanmar im Jahr 2018 gab es keine Kampagne, obwohl sich viele eine solche gewünscht hätten, unter ihnen Hannes Meine. Das führte zu der Idee, eine Software zu entwickeln, die es Aktivisten plattformunabhängig ermöglicht, Filterkampagnen zu starten.
Ein Kongress als erster großer Kunde
Hannes, ursprünglich aus Celle, hat als Marketingexperte mit dem Schwerpunkt IT schon einige Karrierestationen durchlaufen, darunter in Berlin, München und sogar San Francisco. In Hamburg arbeitete er unter anderem beim Softwareunternehmen optimize-it. Einer seiner Kollegen dort war der gebürtige Osnabrücker Adrian Hanrath, ausgestattet mit einem Master in Entrepreneurship und selbst erlernten Kenntnissen in Webdesign. Ende 2018 trafen sich die beiden auf ein Bier, um über Hannes‘ Idee zu sprechen. Schnell waren sich die beiden einig, dass sich daraus etwas machen ließe.
Der offizielle Gründungstermin von LIVEDAB ist der 4. Juni 2019, Vertriebsaktivitäten nahmen ab August Fahrt auf und richtig los ging es im Januar 2020 mit dem ersten großen Auftrag. Die Unterstützung sozialer Aktionen war und ist den Gründern zwar ein wichtiges Anliegen, Geld verdienen lässt sich damit aber eher nicht. Deshalb suchten sie nach weiteren Betätigungsfeldern und wurden bei Messen und Kongressen fündig. Sie betreuten die Kampagne „MEET ME @ #SPOBIS20“. Teilnehmer der Sportmarketingkonferenz SPOBIS konnten über ihr mit einem Filter versehenen Profilbild Interesse an Geschäftskontakten signalisieren.
Auf LinkedIn klappte das ausgezeichnet und führte zu ein spürbar verbesserten Vernetzung der Eventteilnehmer. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang kurz erwähnen, dass LIVEDAB nicht für die Gestaltung der Filter zuständig ist, sondern für ihre problemlose Nutzung und Verbreitung über verschiedenste Kanäle. Mit der SPOBIS hatte das Startup einen Präzedenzfall geschaffen, der bestens geeignet schien für die weitere Vermarktung. Und dann kamen die Corona-Krise und das vorläufige Ende aller Großveranstaltungen, Messen inklusive.
LIVEDAB brachte Köln-Fans virtuell ins Stadion
Viele Unternehmen und ganze Branchen mussten jetzt völlig neue Konzepte entwickeln, um mit der Situation fertig zu werden. Der bei LIVEDAB zu Beginn etwas hinderliche Hang zum Perfektionismus mit möglichst vielen potenziellen Anwendungen wandelte sich dabei zu einem Vorteil und lang gehegte Träume wurden schneller wahr als erhofft. Als die Bundesliga ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen, aber keine Zuschauer ins Stadion lassen durfte, waren alternative Arten der Faninteraktion gefragt. Irgendeine Art von Stadionwerbung stand schon immer ganz oben auf der Wunschliste von Hannes und Adrian. Zusammen mit REWE und dem 1. FC Köln erfüllten sie sich nicht nur selber diesen Wunsch, sondern gleich noch einer großen Zahl von Köln-Fans. Über 5.000 bewarben sich, nicht alle schafften es schließlich auf die Werbebanden.
Das war nämlich die Idee: Fans konnten Selfies von sich machen, die dann mit einem Filter inklusive Logos, Emojis und Slogan veredelt wurden. Diese Bilder erschienen dann gesammelt und in steter Rotation als Bandenwerbung und ersetzten gewissermaßen die nicht vorhandenen Zuschauer. Außerdem kamen die aufgemotzten Selfies auch in sozialen Medien zum Einsatz. Die Erfassung von Daten, die den Erfolg solcher Kampagnen messen, gehört übrigens auch zum Service von LIVEDAB. Mit Sportvereinen war also eine neue Zielgruppe für das Startup gefunden, und Fremdenverkehrsverbände sind die nächste.
Viele Branchen und auch Privatpersonen als Zielgruppe
„Hol deine Freunde nach Magdeburg“ ist das Motto einer Kampagne, bei der die Stadt Magdeburg ihre Bürger animiert, die virtuelle Werbetrommel für ihre Heimatstadt zu rühren. Und zwar mit Filtern, die na klar, mithilfe von LIVEDAB unters Volk gebracht werden. Messen, Fußballclubs und Tourismusvereine sind aber erst der Anfang. Die beiden Gründer sehen Einsatzmöglichkeiten für Filtermarketing bei so ziemlich allen Gelegenheiten und Branchen. Auch Privatpersonen könnten die Software nutzen, etwa für Hochzeiten oder Geburtstage.
Um den Service über eine Plattform für alle anbieten zu können, sind weitere Automatisierungsschritte nötig. Und weiteres Wachstum. Noch besteht LIVEDAB nur aus Hannes und Adrian, ergänzt durch eine freie Redakteurin für den Blog und ein Entwicklerteam, das an der Software feilt. Auch sind bisher keine Investoren an Bord, alles ist eigenfinanziert. Wenn möglich, soll das vorerst so bleiben, auch bei einer Internationalisierung des Geschäfts. Für soziale und politischen Kampagnen ist dagegen immer Platz, zuletzt bei der Aktion #UNHATEWOMEN. Schließlich liegen hier die Wurzeln von LIVEDAB.
LIVEDAB ist Mitglied im Hamburg Startups Club
Mit dem Hamburg Startups Club schreiben wir ein neues Kapitel in unserer Geschichte als führende unabhängige Startup-Plattform im Norden. Alle Mitglieder erhalten ein eigenes Profil auf unserer Webseite, Zugang zu exklusiven Netzwerkevents, online wie offline, und die einjährige Nutzung des Jobboards. Hier könnt ihr noch mehr über den Club erfahren.