Kubermatic – Hamburger Container-Technik für die IT-Welt
Ein Hamburger Startup, das sich mit Containern beschäftigt – das klingt plausibel und lässt im Kopf Bilder von großen Schiffen entstehen. Die Container, die Kubermatic bewegt, bestehen allerdings nicht aus Stahl, sondern aus Software und sorgen für Ordnung auf Computerservern.
Nach Hamburg kam Julian Hansert der Liebe wegen. Doch nicht die Liebe zu einer Person zog ihn in den Norden; er hatte sich in die Stadt selbst verliebt. Studiert hatte der Wirtschaftswissenschaftler in Hohenheim bei Stuttgart und dann zunächst in München bei EMC gearbeitet, später in Hamburg bei ACP. Beides sind IT-Unternehmen. Dort beschäftigte er sich unter anderem mit der Servervirtualisierung. Damit kennt sich auch der Informatiker Sebastian Scheele bestens aus, der insgesamt sieben Jahre für SAP tätig war.
Kubernetes als Quelle für Container-Software
Die beiden trafen sich bei einem Startup-Bootcamp, wo Sebastian Julian das Open Source-System Kubernetes näherbrachte. Kubernetes wurde ursprünglich von Google entwickelt und ist ein System zur Automatisierung von Container-Anwendungen. Spätestens hier besteht die Gefahr, dass viele Leserinnen und Leser inhaltlich abschalten, deshalb kurz der Versuch einer vereinfachten Erklärung. Die Analogie zur Schifffahrt soll dabei helfen. Früher hatten Frachtschiffe große Laderäume, in denen unterschiedliche Waren mehr oder weniger geordnet lagerten. Eine echte Trennung konnte aber nicht stattfinden, was die Sache einigermaßen unübersichtlich machte. Dieses Problem lösten Stahlcontainer, die die Aufteilung und Unterbringung der Waren wesentlich vereinfachten.
Das Prinzip lässt sich nun auf die Strukturen von Computerservern übertragen. Dort herrscht mit ständig wachsendem Datenvolumen zunehmend Unübersichtlichkeit. Das erhöht die Fehleranfälligkeit, kompliziert und verzögert Prozesse und kostet entsprechend Zeit und Geld. Container, in diesem Fall virtueller Natur, sind auch hier die Lösung. Sie enthalten zum Beispiel Programmiersprachen oder Elemente einer Webseite. Das klingt zunächst sehr kleinteilig, doch etwa bei der Suchmaske eines breit aufgestellten Onlineshops steckt da eine große Menge an Daten dahinter. In den IT-Abteilungen der großen Unternehmen ist diese Form des „Containerns“ auf jeden Fall ein heißes Thema.
Aus Loodse wird Kubermatic
Kehren wir wieder zurück zu unseren Gründern Sebastian und Julian. Nach dem Bootcamp schlossen sie sich zusammen, um aus der Anwendung von Kubernetes ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Herausgekommen ist ein am 14. April 2016 gegründetes Startup, das zunächst den Namen Loodse trug. Damit blieben sie in der Schifffahrtsterminologie. Leider sorgte der Name im englischsprachigen Raum für Verwirrung, weshalb im Juni 2020 die Umbenennung auf das international verständlichere Kubermatic erfolgte. Das Unternehmen ist bisher komplett eigenfinanziert. Unterstützung gab es lediglich vom InnoRampUp-Programm der IFB 2016 und vom German Accelerator 2017. Aus dieser Zeit stammt noch das Büro in San Francisco, das mit einer Person besetzt ist.
Neben dem Hauptquartier in Hamburg gibt es auch eine Niederlassung in München, doch eigentlich ist das insgesamt sechzigköpfige Team über halb Europa verteilt. Gefragt sind bei Kubermatic vor allem Softwarespezialisten, die allein in Deutschland kaum zu finden sind, während gerade Osteuropa aus diesem Bereich viele Talente beheimatet. Für eine gute Zusammenarbeit ist persönliche Anwesenheit von nachrangiger Bedeutung, nur die Zeitzonen sollten einigermaßen zusammenpassen.
Große Kunden und ein internationaler Wettbewerb
Was dem Team zu Beginn nicht jeder zugetraut hatte: Kubermatic zählt zu den weltweit führenden Mitgliedern im Kubernetes-Netzwerk und landet regelmäßig auf den vordersten Plätzen, was Zugriffe angeht. Open Source bedeutet bekanntlich kostenlose Nutzung und Verbesserung von allgemein zugänglicher Software. Dementsprechend hat Kubermatic kürzlich nicht nur den Namen, sondern auch das Geschäftsmodell geändert. Mussten die Kunden bisher eine Gebühr für die Softwarenutzung entrichten, ist diese, ganz nach dem Open Source-Gedanken, nun gratis. Bezahlt werden muss bei der Version für Konzerne nur für Service- und Beratungstätigkeiten.
Das Startup erhofft sich dadurch für Neukunden noch attraktiver zu werden. Die Referenzliste liest sich jetzt schon eindrucksvoll: Der erste Großkunde war arvato, es folgten Allianz, Bosch, Daimler, Lufthansa, REWE, Volkswagen und viele mehr. Die nächsten Schritte gehen in Richtung Internationalisierung, wo die Konkurrenz natürlich groß ist. Anbieter von Cloud-Lösungen mischen da ebenso mit wie das amerikanische Unternehmen Rancher Labs, das bisher insgesamt 95 Millionen US-Dollar von Investoren eingesammelt hat. Um da mithalten zu können, will sich auch Kubermatic jetzt mehr für finanzstarke Partner öffnen. Gute Argumente kann das Startup bieten: Der Mai 2020 war der bisher erfolgreichste Monat der Unternehmensgeschichte. Der durch Corona verschärfte Trend zur Digitalisierung machte es möglich.
Foto: Kubermatic