Kindred – ein verlockender Afro Pop Up Store
Kindred heißt ein Afro Pop Up Store, bei dem sich vieles um krauses, lockiges Haar dreht und der darüber hinaus noch einiges mehr zu bieten hat. Zu den Ausstellern gehören auch ein paar Startups. Ein Grund mehr für uns, dort einmal vorbeizuschauen.
Als sich Anissa Carrington und Stella Frank vor rund eineinhalb Jahren während ihrer Arbeit in der Agentur Wynken Blynken & Nod kennenlernten, stellten sie schnell einige Gemeinsamkeiten fest. So stammen beide ursprünglich aus dem Süden, Anissa aus Bayern und Stella aus Schwaben. Und beide haben als Afrodeutsche krauses Haar. Das sollte ja eigentlich kein Problem sein. Ist es aber doch, denn deutsche Friseure sind auf eine solche Haarpracht nicht eingestellt. Anissa erinnert sich an ein beinahe traumatisches Kindheitserlebnis, wo bei einem Friseurbesuch am Ende vier Personen um sie herumstanden und nicht wussten, was zu tun sei.
Viel hat sich seitdem nicht geändert. Selbst in einer Millionenstadt wie Hamburg gibt es praktisch keine passenden Friseure. Das meiste passiert im privaten Raum. Man kennt jemanden, der eine Tante hat, die einem die Haare machen kann. Nicht viel besser sieht es bei den Pflegeprodukten aus. In den gängigen Afroshops finden Stella und Anissa oft nicht die Qualität, die sie sich wünschen. Daraus entstand die Idee, selbst einen Laden zu eröffnen, der hochwertige Produkte für krauses Haar und noch einiges mehr zu bieten hat.
Kindred ist ein Pop Up Store und Ort der Begegnung
Eine solche Idee in die Tat umzusetzen ist natürlich mit viel Arbeit und einigem Risiko verbunden, weshalb sich ein Zwischenschritt mit einem Pop Up Store als die beste Lösung herausstellte. Kindred heißt der Laden, der letzten Freitag in der Bernstorffstraße 148 eröffnet hat und dort noch bis zum 2. August Programm und Einkaufsmöglichkeiten bietet. Los geht es jeweils um 11 Uhr, offen ist bis mindestens 20 Uhr. Später wird es definitiv am 30. Juli, wenn die Veranstaltungsreihe Ladies, Wine & Design in dem Afro Pop Up Store Station macht. Und bei einem Warm Up-Event zum 040 Festival geht es am 31. Juli ab 16 Uhr um Hip-Hop, Mode, Kunst und Poesie.
Kindred versteht sich also ein Ort der Begegnung, wo man sich nach Vereinbarung auch die Haare machen lassen kann, aber natürlich bietet ein echter Pop Up Store vor allem einiges zu kaufen. Ein wesentliches Kriterium bei der Ausstellerauswahl: Die Gründungspersonen mussten entweder People of Color oder Frauen sein, idealerweise beides. Anissa und Stella bieten unter dem Namen Kindred eine Haarölbar an, wo man sich seine Haarpflege selbst zusammenmixt. Die ist übrigens nicht nur für krauses und lockiges Haar geeignet, Jojoba- und Leinöl tun zum Beispiel jeder Kopfhaut gut.
Etablierte Marken und frische Startups
Eine richtige Marke ist Kindred noch nicht, aber das kann ja noch werden. Der Eco Styler des amerikanischen Unternehmens Ecoco gilt dagegen als Klassiker unter den Gelen für Afrohaar und ist seit 1983 auf dem Markt. Ebenfalls aus den USA kommt Miss Jessie’s. Die Schwestern Miko und Titi Branch haben ihr Haarpflegeunternehmen nach ihrer Großmutter benannt. Auch hinter Jim + Henry aus England stecken zwei Schwestern, die ihre Spitz- zum Markennamen gemacht haben.
Langsam nähern wir uns Hamburg und machen vorher noch einen Stopp in Stuttgart, wo Anna Baltruschat ihr Startup Afrolocke für Naturkosmetik aus heimischer Produktion gegründet hat. In Deutschland hergestellt werden auch die Blockseifen von terrorists of beauty. Die Gründerinnen Natalie Richter und Maria del Mar Navajas Garcia wollen von ihrer Startup-WG in der Schanze aus mit friedlichen Mitteln die Kosmetikindustrie revolutionieren. Komplettiert wird das Angebot rund um Haar- und Körperpflege durch die Seidentücher von Abina Ntim und JONA curly hair care sowie die Satin-Durags von Cynthia Igbokwe und ihrem Label C-Studios.
Etwas aus dem Rahmen fallen die Brüder Daniel und Adrian Sousa, bald vielleicht besser bekannt als die Röstlich Coffee Brothers. Seit 2019 verkaufen sie über ihren Onlineshop Kaffee, der unter besonders sozialen und nachhaltigen Bedingungen produziert wird. So liegt der Einkaufspreis der Kaffebohnen etwa doppelt so hoch wie selbst bei üblichen Fairtrade-Produkten. Die Brüder haben sich schon vor Ort in Honduras von den guten Arbeitsbedingungen überzeugt und garantieren das auch für die anderen Herkunftsländer, momentan Ecuador und Peru. Geröstet wird übrigens in Rothenburgsort.
Im Erfolgsfall ist das erst der Anfang
Kindred ist ein Stück praktische Marktforschung, von deren Ergebnis abhängt, wie es nach dem 2. August weitergeht. Wenn das Konzept mit der Mischung aus Pflege für Afrohaar und Events ankommt, wird es auf jeden Fall eine zweite Ausgabe des Pop Up Stores geben, möglichst noch in diesem Jahr. Längerfristig können sich Anissa, die inzwischen freiberuflich in Sachen Design und Art Direction unterwegs ist, und Stella, die studiert und auch für Hamburg Startups arbeitet, mehr vorstellen. Der Traum wäre ein permanenter Shop. Wer sie dabei unterstützen und ein gut gekühltes Getränk serviert bekommen möchte, sollte auf jeden Fall mal vorbeischauen. Die Frisur spielt da keine Rolle.