jetlite leuchtet dem Jetlag heim
Zu den ärgerlichsten Nebenerscheinungen bei Langstreckenflügen gehört Jetlag. Die richtige Kabinenbeleuchtung kann verhindern, dass die innere Uhr in allzu große Turbulenzen gerät. Mit dieser Idee hat das Hamburger Startup jetlite schon wichtige Kunden und Preise gewonnen und das Model Toni Garrn ins Gründungsteam geholt.
Melatonin ist ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers steuert. Die Bildung des Hormons ist abhängig von der Lichtintensität. Tageslicht bremst sie, in der Dunkelheit dagegen steigt der Melatoninspiegel und sorgt hoffentlich für einen gesunden Schlaf. Diese innere Uhr gerät durcheinander, wenn man in kurzer Zeit mehrere Zeitzonen überspringt, wie das bei Langstreckenflügen der Fall ist. Die Folge ist der berüchtigte Jetlag. Ein wissenschaftlich belegtes Mittel dagegen ist die Unterstützung der inneren Uhr durch den Einsatz von Licht bestimmter Wellenlängen bei der Kabinenbeleuchtung in Flugzeugen. Genau dafür sorgt das Startup jetlite.
Die Idee zu jetlite stammt aus der Doktorarbeit des Gründers
Der jetlite-Gründer Achim Leder hat sich mit dem Thema in seiner Doktorarbeit beschäftigt. Geboren in Castop-Rauxel, hat Achim nach dem Abitur eine Ausbildung im öffentlichen Dienst bei der Bundesknappschaft gemacht. Er war bei der Bundeswehr, hat Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Unternehmensführung studiert, für Airbus und den Flughafen Dortmund gearbeitet und Luftfahrtmanagement in Wilhelmshaven gelehrt. Außerdem begleitete er die Übergabe des Architekturbüros des Vaters an den Bruder. Achim hatte in Ausbildung und Beruf also schon eine Menge erlebt, als er zum ersten Mal mit der Startup-Welt in Berührung kam.
Von der hatte er zunächst nur klischeehafte und nicht unbedingt positive Vorstellungen, was sich aber rasch änderte. 2015 konnte er bei der StartUp Night! der Luft- und Raumfahrtindustrie sein Konzept einer Kabinenbeleuchtung gegen Jetlag vorstellen. Blaues Licht bremst demnach die Melatoninproduktion und hält wach, rotes Licht wirkt neutral und eher beruhigend. Eine ebenso simple wie brillante Idee, fanden auch die Scouts vom Airbus BizLab und sicherten Achim einen Platz in ihrem neuen Förderprogramm. Achim holte sich Studierende aus Wilhelmshaven ins Team und Anfang 2016 war jetlite geboren.
Manchmal hat auch die Bild-Zeitung ihren Nutzen
Als Co-Founder des endgültig 2017 gegründeten Unternehmens wird auch das Model Toni Garrn genannt, und das ist mehr als nur ein PR-Gag. Vor ein paar Jahren gab es eine an alle Haushalte verteilte Sonderausgabe der Bild-Zeitung, in der Toni in einem Interview über ihre Erfahrungen mit Jetlag sprach. Achim las das und nahm Kontakt mit ihr auf, um sie für jetlite zu gewinnen. Es meldete sich zunächst ihre Mutter, eine Wirtschaftswissenschaftlerin, die nach intensiver Befragung ihre Zustimmung gab. Toni konnte sich auch schnell mit der Idee identifizieren und hilft als Vielfliegerin und damit Testperson bei der Produktentwicklung mit. Auf Messen und bei anderen öffentlichen Auftritten ist sie zudem eine ideale Markenbotschafterin.
Die Zeit im Airbus BizLab nutzte jetlite vor allem dafür, sich in der Luftfahrtbranche einzuleben und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Die zahlten sich Anfang 2017, als bei einem Flug der Lufthansa von Frankfurt nach Delhi erstmals das Beleuchtungssystem von jetlite zum Einsatz kam. Inzwischen ist es in insgesamt 30 Maschinen der Modelle Airbus A350 und Boeing 747-8 installiert. Kürzlich konnte das Startup neben der Lufthansa eine weitere Fluglinie als Kunden gewinnen, der Name wird demnächst bekanntgegeben.
Um seinen Geschäftserfolg weiter auszubauen, vergrößert jetlite laufend sein Angebot. Das gilt sowohl für die Steuerung als auch den Einsatz seiner Lichttechnologie. In Tests hat sie schon mehrfach auch außerhalb der Luftfahrt ihre Tauglichkeit bewiesen. Sie kann zum Beispiel Autofahrer vor Müdigkeit schützen oder bei der Betreuung von Komapatienten wertvolle Dienste leisten.
Eine begleeitende App ist für September 2019 angekündigt
Zurück zu Passagieren von Langsteckenflügen: Für deren Wohl entwickelt jetlite eine App, die sie mit einer Menge nützlicher Tipps versorgen soll. Schon Tage vor dem Abflug erhalten Nutzer individuelle Hinweise, wie sie ihre Schlafgewohnheiten auf die bevorstehende Reise einstellen können. Dazu kommen Ernährungsratschläge, für die es eine Ernährungswissenschaftlerin im Team gibt. Eine von vier Frauen, gegenüber vier Männern bei jetlite. Diese Quote ist nicht selbstverständlich bei Startups, schon gar nicht in der Luftfahrtbranche.
Seinen Sitz hat das Startup in Hamburg gleich an zwei Standorten. Zum einen im Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) in Finkenwerder, einer Einrichtung der internationalen Spitzenklasse, wie Achim betont. Zum anderen im Mindspace am Rödingsmarkt, nicht zuletzt wegen der praktischen Innenstadtlage und weil im ZAL der Platz begrenzt ist. Gern würde jetlite noch mehr Platz für weitere Mitarbeiter benötigen und dafür wäre die Unterstützung von Investoren willkommen. Die lassen sich vielleicht auch von dem Hamburg Innovation Award überzeugen, den jetlite gerade erst gewonnen hat. Das war nicht die erste Auszeichnung, und wenn das Team so weitermacht wie bisher, wird das sicherlich auch nicht der letzte Preis bleiben.