Employland hilft bei Rekrutierung ausländischer Fachkräfte
In Deutschland herrscht in vielen Branchen mittlerweile Fachkräftemangel. Gleichzeitig erschweren bürokratische Hürden die Einstellung von ausländischen Mitarbeitern. Employland hat sich nun vorgenommen, diese Hürden aus dem Weg zu räumen und bei der Rekrutierung von Fachkräften aus aller Welt zu helfen. Geschäftsführer Hans-Christian Bartholatus hat uns in einem ausführlichen Interview erklärt, was sein Startup leisten kann.
Lieber Hans-Christian, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview nimmst! Kannst Du Dich und Dein Team bitte kurz vorstellen?
Gern! Mein Name ist Hans-Christian Bartholatus und ich bin einer der Gründer und heutiger Geschäftsführer von Employland. Vorher habe ich bereits mehrere Unternehmen gegründet und auf den Weg gebracht. Am bekanntesten ist davon sicher mobile.de, der führende Online-Fahrzeugmarkt im Internet. 2004 haben wir mobile.de an eBay verkauft.
Als die Idee für Employland entstand, eine Internetplattform, über die Fachkräfte weltweit an Unternehmen in Deutschland vermittelt werden und darüber hinaus auch eine rechtliche Dienstleistung angeboten wird, war klar: Employland braucht Profis aus der Internetbranche und erfahrene Rechtsanwälte Es ist mir gelungen, einige mir schon gut bekannte schlaue Köpfe vom Konzept Employland zu überzeugen und sie als Gründungsgesellschafter dafür zu gewinnen. Zum Gründerteam gehören die erfahrenen Hamburger Rechtsanwälte Karsten Böhlke und Marius Vogel und mit Frau Güler Dogan eine insbesondere im Zuwanderungs- und Aufenthaltsrecht sehr erfahrene Rechtsanwältin aus Bonn.
Und neben mir zwei weitere erfahrene Internetunternehmer mit Felix Jung und meinem Bruder Rüdiger. Mein Bruder Rüdiger war neben mir und zwei weiteren Personen Gründungsgesellschafter von moblile.de und hat die Gesellschaft bis zum Verkauf als Vorsitzender des Vorstands geführt. Felix Jung war dort einer der ersten Mitarbeiter und hat den Vertrieb von Online-Marketing verantwortet. Inzwischen ist er seit 20 Jahren in unterschiedlichsten Positionen in der digitalen Welt unterwegs und hat sein Know-how in diversen Startups eingebracht; bei uns ist er Head of Digital.
Und nachdem das Konzept stand und die Gesellschaft gegründet war, konnte ich als erste Mitarbeiterin unsere technische Leiterin Dipl. Math. Dörte Helm gewinnen, mit der ich auch schon bei mobile.de zusammengearbeitet habe. Gemeinsam mit unserem Softwareentwickler Roman Weber und mithilfe von vier Externen ist sie für die Programmierung und Entwicklung unserer Plattform zuständig. Nicht minder wichtig sind unsere weiteren Teammitglieder: Die Dipl.-Kffr. Sabine Drechsel, zuständig für Presse und PR, die zuvor bereits seit mehreren Jahren in diesem Bereich in leitender Position tätig war und ursprünglich aus der Media-Planung kommt.
Neben unserer Plattform betreiben wir einen Blog, in dem wir Hintergrundinformationen rundum die Arbeitsmigration liefern, zum Beispiel über Aufenthaltstitel, Anerkennung der Qualifikation und auch das Leben in Deutschland. Dort finden Fachkräfte außerdem Erfahrungsberichte und Tipps, die internationalen Fachkräften helfen, sich auf eine Existenz in Deutschland vorzubereiten. Für unseren Blog und auch generell für unseren Bereich Kommunikation und Community Management ist die Ethnologin und Indologin (Magister Artium) M.A. Joelle Delvecchio verantwortlich. Jüngst zum Employland-Team hinzugekommen ist Andrea Garcia (B. Sc. Medientechnik). Sie macht derzeit ihren Master in Sound/Vision und ist halbtags als Assistenz in der digitalen Kommunikation bei uns tätig.
Wie kam es zu der Gründung von Employland?
In einigen Bereichen in Deutschland besteht bereits heute ein Fachkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verstärken wird. Vor wenigen Wochen veröffentlichte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Mangel ist die Regel“ Aus dieser geht hervor, dass Unternehmen in Deutschland bei der Besetzung jeder zweiten Stelle Schwierigkeiten haben. Am vergangenen Dienstag meldete das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) mit über einer Million den bisher höchsten Stand an offenen Stellen in Deutschland. Die Bundesagentur für Arbeit ermittelt alle sechs Monate in der sogenannten Fachkräfteengpassanalyse die deutschen Mangelberufe. Dabei zeigt sich: Besonders betroffen ist der Bereich der Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker, also der sogenannte MINT-Bereich, und die Gesundheits- und Pflegebranche.
Ursache des Fachkräftemangels ist die demografische Entwicklung in Deutschland. Aufgrund der niedrigen Geburtenrate schrumpft unsere Bevölkerung und altert. Davon ist in besonderem Maße das Erwerbspersonenpotenzial betroffen. Das Arbeitskräfteangebot jedoch ist eine der Grundlagen für unsere Wirtschaftsstärke. Und damit wird die Fachkräftegewinnung zur zentralen Herausforderung für Deutschland, wenn wir unsere Wirtschaftskraft langfristig halten wollen.
Was das heißt: Deutschland braucht ausländische Fachkräfte. In großer Dimension. Und das ziemlich schnell. Richtig zuspitzen wird sich der bereits heute bestehende Fachkräftemangel bis 2030, bis dahin gehen die geburtenstärksten Jahrgänge in Rente und es fehlt an Nachwuchs.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat in diesem Jahr einen Bericht vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass Deutschland eine durchschnittliche Nettozuwanderung von 400.000 Menschen jährlich braucht, um seine Erwerbspersonenpotenzial bis 2060 konstant zu halten. Berechnen wir die 800.000 Menschen, die jährlich Deutschland den Rücken kehren (im Durchschnitt der Jahre 2011–2015) mit ein, bedeutet dies, dass wir jedes Jahr eine Bruttozuwanderung von 1,2 Mio. Menschen benötigen.
Die recht hohe Zuwanderung, die wir die letzten Jahre aus anderen EU-Ländern verzeichnen konnten, sinkt bereits und wird voraussichtlich weiter sinken. Sie ist unter anderem den Folgen der Wirtschaftskrise geschuldet, das heißt, wenn die Arbeitsmärkte in diesen Ländern wieder erstarken, werden auch weniger Zuwanderer aus diesen EU-Ländern nach Deutschland kommen. Die Bertelsmann Stiftung prognostiziert eine künftige Zuwanderung aus anderen EU-Ländern von nur 42.000 –70.000 Erwerbspersonen jährlich. Also: Deutschland ist zunehmend auf Fachkräfte aus Drittstaaten (Nicht-EU-Ländern) angewiesen.
Das hat auch die Bundesregierung längst erkannt und der Gesetzgeber hat einige gesetzliche Änderungen vorgenommen, um die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten (Nicht-EU-Ländern) zu erleichtern. Zu nennen sind da zum Beispiel die Blue Card als Aufenthaltstitel für Akademiker, aber auch die Aufenthaltserlaubnis für Nicht-Akademiker oder das Anerkennungsgesetz zur Anerkennung von Auslandsqualifikationen.
Dennoch bedeutet die Einstellung solcher Mitarbeiter einen hohen bürokratischen Aufwand. Fachkräfte aus Drittstaaten benötigen eine Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis. Die Bestimmungen über die Voraussetzungen für den Erhalt des Aufenthaltstitels sind im Aufenthaltsgesetz, im Zuwanderungsgesetz und in der Beschäftigungsverordnung der Bundesagentur für Arbeit geregelt. Für reglementierte Berufe gilt sowohl für EU-Bürger als auch für Nicht-EU-Bürger: Auch die Anerkennung der ausländischen Qualifikation muss betrieben werden. Hierfür wurde 2012 das Anerkennungsgesetz eingeführt, das bis heute rund die Hälfte der Arbeitgeber überhaupt nicht kennt.
Für Laien ist das deutsche Zuwanderungssystem unübersichtlich, und Unternehmen fehlt das rechtliche Know-how zum Zuwanderungs- und Aufenthaltsgesetz. Kurzum: Unternehmen in Deutschland schrecken wegen der juristischen Erfordernisse noch davor zurück, Fachkräfte aus dem Ausland einzustellen.
Aus dieser Problematik heraus entstand Employland: Wir möchten es Unternehmen in Deutschland so einfach wie möglich machen, Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren, um dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.
Was genau leistet Employland und was ist Euer Geschäftsmodell?
Wir betreiben unter https://www.employland.de eine Onlineplattform, über die wir zwei sich ergänzende Dienstleistungen anbieten: Wir vermitteln Fachkräfte aus dem Ausland an Unternehmen in Deutschland und kümmern uns außerdem um den gesamten bürokratischen Prozess bei der Beschaffung des Aufenthaltstitels und der Anerkennung der Qualifikation.
Fachkräfte erstellen auf unserer Internet-Plattform ihr persönliches Profil, dabei fragen wir im Profilformular alle Daten ab, die für Arbeitgeber, die eine Stelle besetzen möchten, relevant sind. Arbeitgeber können bei uns nach Fachkräften suchen, dabei können nur bei uns registrierte und von uns freigeschaltete Unternehmen alle Fachkraftdaten einsehen und Kontakt zu den Bewerbern aufnehmen.
Unser Vermittlungsangebot ist für Fachkräfte immer kostenlos, Arbeitgeber zahlen bei erfolgreicher Vermittlung eine Vermittlungsgebühr an Employland, und zwar zehn Prozent des ersten Bruttojahresgehalts. Die Vermittlungsgebühr wird erst und nur dann in Rechnung gestellt, wenn der neue Mitarbeiter den Arbeitsvertrag unterzeichnet und den Arbeitsplatz in Deutschland auch tatsächlich angetreten hat.
Wir erledigen alle juristischen Erfordernisse und bieten diese Dienstleistung zu Festpreisen an. Wir haben Rahmenvereinbarungen mit Rechtsanwälten geschlossen, die im Zuwanderungs- und Aufenthaltsrecht qualifiziert und erfahren sind. Den Auftrag für die Beschaffung des Aufenthaltstitels und/oder der Anerkennung der Qualifikation wird in aller Regel das Unternehmen erteilen, das somit auch für die Kosten aufkommen wird.
Wir gehen über das Angebot von Beratungsstellen für die Anerkennung von Qualifikationen und Hochschulabschlüssen hinaus, indem wir uns um deren Beschaffung kümmern: Unsere Rechtsanwälte legen gemeinsam mit der Fachkraft einen Referenzberuf fest, wir informieren über notwendige Unterlagen, wir lassen die Unterlagen von dafür zugelassenen Dolmetschern übersetzen, unsere Vertragsanwälte ermitteln die zuständige Anerkennungsstelle und stellen dort den notwendigen Antrag, nehmen Bescheide entgegen und legen bei Bedarf Rechtsmittel ein.
Je nach Bedarf bieten wir unsere Dienstleistung in verschiedenen Paketen zu Festpreisen an, die auf unserer Plattform auch veröffentlicht sind: Visum für die Arbeitsplatzsuche (Vorstellungsgespräch); Anerkennung einer im Ausland erworbenen Qualifikation; Aufenthaltserlaubnis für die Durchführung einer Bildungsmaßnahme und einer sich daran anschließenden Prüfung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens; Antragstellung für die Aufnahme einer Tätigkeit während der Durchführung von Bildungsmaßnahmen und auch die Antragstellung für einen Aufenthaltstitel zur Aufnahme der Beschäftigung.
Welches sind die größten Probleme, mit denen sich Arbeitgeber bei der Einstellung ausländischer Fachkräfte auseinandersetzen müssen?
Wie schon gesagt, da ist zum einen der hohe bürokratische Aufwand bei gleichzeitig fehlendem juristischen Know-how. Zum anderen gibt es natürlich auch das Problem in Bezug auf sprachliche Barrieren. Deutschland hat im starken internationalen Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte einen Nachteil, wenn es darum geht. Deutschkenntnisse sind international viel weniger verbreitet als Englischkenntnisse. Der Anteil der Menschen, die Deutsch lernen nimmt zwar ständig zu und zum Teil ist die Nachfrage nach Deutschkursen im Ausland bereits größer als das Angebot. Arbeitgeber müssen sich aber immer mehr darauf einstellen, etwas dazu beizutragen, um geeignete Kandidaten aus dem Ausland sprachlich fitzumachen und gegebenenfalls selbst Deutschkurse anzubieten oder zumindest zu finanzieren, wenn sie „die besten Köpfe“ für sich gewinnen wollen.
Wie findet Ihr die Fachkräfte aus dem Ausland?
Aktuell versenden wir unsere Pressemitteilung über unsere Tätigkeit in diverse EU- und Nicht-EU-Länder, um uns dort bekannt zu machen. Auch sind wir schon in verschiedenen Ländern vor Ort gewesen und haben zum Beispiel an Unis Vorträge gehalten oder uns bei Handelskammern vorgestellt. Wir vermitteln übrigens nicht nur Fachkräfte aus dem Ausland, sondern auch internationale Studierende beziehungsweise Absolventen an deutschen Universitäten. Auch hier waren wir schon aktiv und haben Vorträge über die rechtlichen Bedingungen für einen Berufseinstieg in Deutschland gehalten und dabei die Gelegenheit genutzt, Employland vorzustellen. Da stehen für diesen Monat auch noch weitere Vorträge aus.
Wer sind hauptsächlich Eure Kunden?
Als Startup müssen wir erst noch Erfahrungswerte sammeln, um sagen zu können, wer unsere Hauptkunden auf Seite der Unternehmen sein werden. Vermutlich werden Unternehmen aus dem MINT-Bereich und dem Gesundheits- und Pflegebereich stark vertreten sein, da hier der Fachkräftemangel am stärksten besteht. Aber auch die Gastronomie- und Hotelbranche zum Beispiel hat einen konstanten Bedarf an gut ausgebildeten Arbeitskräften.
Habt Ihr auch schon Hamburger Startups mit Eurer Dienstleistung helfen können?
Nein. Aber natürlich würden wir uns besonders darüber freuen, wenn wir anderen Startups mit unserer Dienstleistung helfen können.
Wie ist Employland finanziert?
Bisher ausschließlich durch Investoren. 500.000 Euro wurden bisher vorrangig in Gehälter, die Programmierung der Internet-Plattform und in Marketingmaßnahmen investiert.
Wie sehen Eure Pläne für die geschäftliche Zukunft aus?
Mit ersten Einnahmen rechnen wir in der zweiten Hälfte dieses Jahres. Und unsere aktuelle Planung sieht so aus, dass wir erst gegen Ende 2018 unsere Ausgaben aus eigenen Einnahmen decken können. Daher sind wir auch aktuell auf der Suche nach Investoren für weitere 500.000 Euro, um ein wenig mehr Online-Marketing betreiben zu können und auch um vier weitere Mitarbeiter anzustellen.
Vielen Dank für das ausführliche Interview!
Fotos: Employland
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