Höhle der Löwen: Perfekte Passform und Patente
Sechs gute Ideen, drei Deals verkündet – und mit SugarShape schon wieder ein Startup aus Hamburg, das „Die Höhle der Löwen“ erobern konnte! Das ist die Bilanz der vierten Folge der dritten Staffel der Erfolgsshow. Was genau alles passiert ist und welche wesentliche Rolle Patente für Gründerinnen und Gründer spielen, fassen wir in unserem großen Nachbericht zusammen.
Die Geschichte von SugarShape beginnt mit dem Hamburger Startup Weekend 2011. Dort stellten die Schwestern Sabrina Schönborn und Laura Gollers erstmals ihre Idee von Damenunterwäsche mit individueller Passform vor und holten prompt den ersten Platz. Fünf Jahre später hat sie der Erfolg direkt in die Höhle der Löwen geführt, denn spätestens seit der Einführung der VIB-Box (VIB = Very Important Boobs) können sie die Nachfrage kaum noch befriedigen (mehr dazu in unserem Vorabinterview). Ihr Auftritt vor dem Investorenquintett löst erstmal Begeisterung aus, aus unterschiedlichen Gründen: Während die Herren beim Anblick der Unterwäschemodels große Augen kriegen, erkennt Judith Williams sofort das Potenzial des Geschäftsmodells. Wie so viele Frauen hat auch sie schon unter schlecht sitzenden BHs gelitten.
Ein Deal, der dann so doch nicht zustande kam
Deshalb ist sie bereit, einen Deal zu machen, allerdings möchte sie Frank Thelen dabei haben, der sich wegen vermeintlicher Ahnungslosigkeit schon abgemeldet hatte. Sie setzt aber auf seine Online-Kompetenz und überredet ihn, ein gemeinsames Angebot abzugeben: 500.000 Euro für 20 %. Nach einer kurzen Beratung und einem abgelehnten Gegenangebot schlagen die Schwestern ein. Judith Williams freut sich schon auf viele weitere Produkte, die sie unter der Marke SugarShape verkaufen kann, etwa „getrüffelte Körperbutter“. Ganz so ist es nicht gekommen, wie Sabrina uns verraten hat:
Nach Aufzeichnung der Show standen wir in intensivem Austausch mit beiden Löwen. Mit Judith haben wir z.B. an neuen Produktideen und mit Frank an unserer Online-Strategie gearbeitet. Zwar ist am Ende der Deal aus der Show so nicht zustande gekommen, aber es gibt bereits Ideen für eine zukünftige Kooperation.
Wir freuen uns, dass wir für den weiteren Ausbau unserer „VIB Box“ einen anderen neuen Investor gewinnen konnten. Nähere Infos dazu gibt es in ein paar Wochen.
Eine echte Überraschung ist Stefanie Tomljanovic. Die könnte man auf den ersten Blick für eine sympathische, etwas unbedarfte Hausfrau halten, die ein paar Marmeladen eingekocht hat. Weit gefehlt: Erstens ist ihr Malzit, ein Gelee auf Malzbasis, das sie in elf Geschmacksrichtungen produziert, eine echte Innovation. Und zweitens ist sie eine erfahrene Geschäftsfrau, die die Initiative ergriffen hat, als es im Unternehmen ihres Mannes, eines Schlossers, bergab ging und sie nach einer Alternative suchte. Die Löwen sind begeistert von der Hartnäckigkeit – die Manufaktur besteht seit 2004 – und Professionalität der Gründerin. Jochen Schweizer würde das bescheidene Wunschangebot von 40.000 Euro für 30 % mit Freude annehmen, aber auch gern verzichten, wenn sich noch ein besserer Partner fände, und schaut dabei in Richtung Ralf Dümmel. Der ist auch sofort „geflasht“ und bietet seine geballte Vertriebskompentenz an. Ein triumphaler Auftritt, nach dem bei Stefanie die Freudentränen fließen.
Warum Patente so wichtig sind
Besonders beeinduckend ist die Gründlichkeit, mit der Stefanie ihr Malzit abgesichert hat. Sie besitzt ein Verfahrenspatent für ganz Europa, nur eine Haarwäsche und ein spanisches Eis werden noch ähnlich hergestellt. Wie wichtig ein solcher Schutz ist, erklärt uns Ralf Dümmel im Kurzinterview:
Produkte richtig zu schützen ist an sich eine komplexe Angelegenheit. Vor welchen Herausforderungen stehen insbesondere Food-Startups – kann man Food-Produkte überhaupt umfassend schützen?
Man kann natürlich eine besondere Form eines Lebensmittels als Design schützen. Und eine neuartige Rezeptur kann man patentieren.Die Menschen waren aber immer schon sehr kreativ, wenn es ums Essen ging, weshalb es in diesem Sektor eine besonders große Herausforderung darstellt, etwas gänzlich Neues zu kreieren, was es so vorher noch nicht gab.
Was hat Steffi von Malzit alles richtig gemacht?
Steffi Tomljanovic ist ihrer Idee treu geblieben. Als Sie das Potential von Malzit erkannt hat, hat Sie ohne Berührungsängste vor der Bürokratie des Deutschen Patent- und Markenamtes in Eigeninitiative recherchiert und sogar selber Schutzrechte angemeldet. Dazu gehört Mut und viel Vertrauen in das eigene Produkt.
Zu dem Thema schnell noch ein Glossar in Miniaturausgabe:
- Erzeugnispatent – Betrifft die Gestaltung, Konstruktion und stofflichen Zusammensetzung eines Gegenstandes, der durch die beanspruchten Parameter eindeutig gekennzeichnet sein muss.
- Verfahrenspatent – Stellt die Anwendung eines erfindungsgemäßen Verfahrens unter Schutz.
- eingetragenes Design oder Geschmacksmuster – Ein gewerbliches Schutzrecht, das seinem Inhaber die ausschließliche Befugnis zur Benutzung einer ästhetischen Erscheinungsform (Gestalt, Farbe, Form) verleiht.
Schnarchen ist ein Volksleiden, das nicht nur akustisch malträtierte Partner in den Wahnsinn treiben, sondern auch ernste gesundheitliche Probleme verursachen kann. Ursache ist oft eine Rückenlage im Schlaf, die Rhonchopathie (so der medizinische Fachausdruck) begünstigt. Also wäre es doch schlau, diese Schlafposition unmöglich zu machen, dachte sich Marcus Ruoff, und bastelte sich aus einer Joggingweste eine Art Rucksack. Hat bei ihm funktioniert, und nach ein paar Monaten setzte ein Konditionierungseffekt ein, so dass er jetzt auch ohne seinen Nachtwaechter schnarchfrei schlafen kann. Zu nischig, zu wenig technisch, irgendwie unsexy und nicht skalierbar – die Mehrzahl der Löwen wird mit dem Produkt nicht warm. Ralf Dümmel sieht das anders, Nachtwaechter bediene keine Nische, sondern eine unglaublich große Nachfrage. 30 Millionen Schnarcher soll es allein in Deutschland geben. Also bietet er 200.000 Euro für 35 %, und der Deal ist in trockenen Bettlaken.
Auch die anderen drei Kandidaten dieser Folge konnten die Löwen mit ihren Produkten durchaus überzeugen. Gescheitert sind die Deals jeweils nur an Zahlen, nicht an der Qualität der Ideen. Der Reihe nach: Der SensoPro Trainer ist ein in der Schweiz entwickeltes Trainingsgerät, mit dem durch vielseitig eingesetzte Gummibänder Übungen für Profis und Parkinsonkranke gleichermaßen möglich sein sollen. Ex-Stuntman Jochen Schweizer probiert das gleich mal aus und zeigt, was er in seinem Alter (59) noch drauf hat. Auch Carsten Maschmeyer darf ein bisschen herumturnen und ist bereit, in das Gerät, das hauptsächlich für die Physiotherapie gedacht ist, zu investieren. 350.000 Euro für 33 % ist sein Angebot. Das ist den drei Gründern zu happig, sie bieten erst 20, dann 25 %. Maschmeyer geht runter auf 30 % und legt noch einen Promi als Werbefigur in die Waagschale, schließlich kennt er seine Frau und noch viele andere Berühmtheiten. Das Trio lehnt trotzdem ab, und die Löwen verstehen mal wieder die Gründerwelt nicht mehr.
Forstoberinspektor und Informatiker in einer Person – da muss doch eine waldgerechte App bei herauskommen. Tatsächlich befindet sich Manfred Ide aus Uslar mit Fovea nicht auf dem Holzweg. Musste bisher bei einem Holzstapel jedes Stück einzeln gezählt und vermessen werden, genügt dank Fovea ein Bild mit dem Smartphone, und die App wertet alles in sekundenschnelle aus – eine enorme Zeitersparnis. Da ist Frank Thelen in seinem Element. „Pattern Recognition“, „client- uoder serverseitig“, Programmiersprache C++ – er schmeißt mit Fachausdrücken nur so um sich, dass den anderen Löwen die Ohren schlackern. Weniger aufregend findet er allerdings das Marktpotenzial. Acht Millionen Euro pro Jahr, weltweit vielleicht 90 Millionen. Und das bei 100 % Marktabdeckung. Die App mag ein Traum sein, die Gewinnchancen sind es leider nicht.
Definitiv kein kleiner Markt ist der Profifußball. Dementsprechend forsch gehen die vier Gründer von Kickbase in der Löwengrube ran und möchten 600.000 Euro für 10 %. Zu bieten haben sie eine App, mit der Nutzer Fußballmanager spielen können. Mit Kickbase lassen sich Mannschaften aus echten Fußballprofis zusammenstellen, und anhand echter Leistungsdaten vom aktuellen Spieltag werden dann Rankings der User erstellt. „Eine neue Dimension“, lobt Frank Thelen, aber die Zahlen sind alles andere als Erste Liga. 120.000 aktive Nutzer haben die Jungs bisher gewinnen können, davon zahlen 12.000 jeweils 99 Cent pro Monat für eine kostenpflichtige Version. Und dann eine Bewertung von sechs Millionen? Da fehlt der Kaufmann im Team aus Designern, stellt Jochen Schweizer fest, und Judith Williams bringt es auf den Punkt: „Ich verstehe von Fußball so viel wie Ihr von Euren Zahlen.“ Am Ende sind die Gründer, die ohne Deal abziehen müssen, einsichtig: „Mit den Zahlen haben wir uns verzettelt.“
Foto ganz oben: VOX / Bernd-Michael Maurer
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