Hammerbrooklyn – Tor zu einer weltweiten Community
Mit dem Ort und dem Projekt Hammerbrooklyn verbindet sich die Hoffnung, dem Innovationsstandort Hamburg einen zusätzlichen Schub zu geben. Dafür sorgen soll das Team, das die Factory Berlin zu einem internationalen Erfolg gemacht hat. Wir haben bei den Geschäftsführern Nico Gramenz und Martin Eyerer nachgefragt, was sie unter Community-as-a-Service verstehen und was Hamburg für sie attraktiv macht.
Hamburg versteht sich als Startup-Metropole mit eigenem Profil. Zuweilen ist jedoch der Blick auf Berlin als Startup-Platzhirsch auch im europäischen Maßstab unvermeidlich. Was läuft besonders gut in der Hauptstadt, was sollte sich die Hansestadt zum Vorbild nehmen? Eine häufig genannte Antwort lautet: die Factory Berlin. 2014 als Coworking Space und Startup-Campus gestartet, entwickelte sie sich im Laufe der Jahre zu einer internationalen Community. Rund 4.000 Mitglieder aus über 70 Nationen kommen hier zusammen, Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen. Ob Tech, Wissenschaft oder Musik Kultur, Startup oder Großunternehmen, was zählt, sind Kreativität und Innovationsgeist.
Ein neues Geschäftsmodell: Community-as-a-Service
2019 begannen die CEOs der Factory Berlin, Nico Gramenz und Martin Eyerer, ihre Erfahrungen in einem Geschäftsmodell zu bündeln, das sie „Community-as-a-Service“ nannten. Überall auf der Welt haben sie es gepitcht und Hamburg stand von Beginn an ganz oben auf der Liste potenzieller neuer Standorte. In der Hansestadt entstand gerade Hammerbrooklyn, ein Projekt, das in den wenig glamourösen Stadtteil Hammerbrook den Glanz New Yorks bringen soll. Auch von einer echten Konkurrenz zum Silicon Valley war im ersten Überschwang schon die Rede. Die ersten Schritte verliefen allerdings nicht störungsfrei, erst bei der Grundsteinlegung herrschte zumindest nach außen hin wieder Einigkeit.
Diesen Eindruck bestätigen Nico und Martin von der Factory Berlin. Erste Gespräche mit Vertretern von Art-Invest Real Estate, dem Bauherrn von Hammerbrooklyn, verliefen erfreulich konstruktiv. Besonders hervorzuheben sei die Rolle der Politik, betonen die beiden. Von Anfang an hätten sie hier Unterstützung bekommen. Ganz anders als in Berlin, wo in Sachen öffentlicher Förderung der Startup-Szene schon eher die Rede von einem „Komplettausfall“ sein könne.
Das Gebäude aus Mailand, das Konzept aus Berlin
So konnte dann im Februar 2021 verkündet werden: Factory Berlin steigt bei Hammerbrooklyn ein und eröffnet somit den ersten Campus außerhalb Berlins, die Factory Hammerbrooklyn. Im Mai erfolgte dann die offizielle Eröffnung, leider aus bekannten Gründen ohne große Eröffnungsparty. Hammerbrooklyn, das ist zunächst einmal der Ort zwischen Hauptbahnhof und HafenCity. Sein Herzstück: Der ursprüngliche amerikanische Expo-Pavillon der Weltausstellung von 2015 in Mailand. Von der Lombardei wurde er an den Hamburger Stadtdeich gebracht, eine ganz spezielle Form des Recyclings. Auf einer Fläche von rund 7.500 Quadratmetern öffnet sich den Mitgliedern nun sehr viel mehr als nur ein weiterer Ort des Arbeitens. Es eröffnet sich ein internationales Netzwerk, die Factory Hammerbrooklyn.
Selbstverständlich gibt es dort auch Büroflächen, in offenen Räumen und geschlossenen Einheiten, für Solisten und Teams. Auf insgesamt fünf Ebenen hat Factory Hammerbrooklyn aber noch einiges mehr im Angebot. Für Veranstaltungen eignen sich das Auditorium und der Community Space, sie bieten Platz für mehrere hundert Gäste. Labs schaffen die Möglichkeit zum Inspirieren und Experimentieren und mit einer Kooperation mit den Riverside Studios Berlin – die fünf Ton- und Aufnahmestudios in der Factory Hammerbrooklyn entstehen lassen und betreiben – sollen Kreative aus der Musik- und Techwelt angelockt werden. Ohnehin verschmelzen Digital- und Kreativwirtschaft immer mehr, so mancher programmiert tagsüber eine Blockchain und macht abends Musik.
Factory Hammerbrooklyn ist Teil einer globalen Community
Durch die Anbindung an die Factory Berlin ist Factory Hammerbrooklyn aber nicht nur ein physischer Ort, sondern eben auch Teil der globalen Community. Folgerichtig gibt es zwei Arten von Mitgliedschaft, für die man sich bewerben kann. Die eine bietet permanenten Zugang zum Netzwerk und zu den Räumlichkeiten, die andere im Prinzip nur zum digitalen Netzwerk, wobei der Besuch von Events und die temporäre Anmietung von zum Beispiel Konferenzräumen möglich sind. Eine steigende Anzahl der Mitglieder in Berlin entscheidet sich derzeit für diese zweite Variante.
Der digitale Community-Austausch findet hauptsächlich über Slack statt, wo sich zahlreiche Untergruppen – sogenannte Circles – gebildet haben. Ein intaktes Vertrauensverhältnis ist dort essentiell, weshalb eine Mitgliedschaft mit einem Bewerbungsverfahren verknüpft ist. Ein sorgfältig kuratiertes und zugleich breit aufgestelltes Netzwerk ist der wesentliche Erfolgsfaktor. Hier besteht die Möglichkeit, Entwicklerinnen und Entwicklern oder Investorinnen und Investoren sowie zukünftigen Mitgründerinnen und -gründern oder Teammitgliedern zu begegnen, die einem im echten Leben kaum über den Weg laufen würden. Wirtschaft trifft auf Wissenschaft trifft auf Kunst trifft auf die Kreativbranche, und Startups sind mittendrin.
Die Stärken Hamburgs nutzen und ausbauen
Nico Gramenz und Martin Eyerer sind nicht aus Berlin nach aus Hamburg gekommen, weil sie alles besser können. Sie selbst sind auch keine gebürtigen Berliner und wissen, das jeder Standort seine Besonderheiten hat und nicht zu einem Berlin 2.0 umgebaut werden sollte. Communty-as-a-Service bedeutet, die Stärken des bestehenden Konzepts zu erkennen und die Elemente beispielsweise aus Verwaltung und Finanzplanung zu übernehmen, die überall Gültigkeit haben. Und dann auf dem aufzubauen, was schon etabliert ist. „Hamburg hat schon viel zu bieten, wir wollen nun versuchen, alles noch besser miteinander zu vernetzen“, fassen die beiden ihre Mission zusammen.
Wie schon erwähnt, heben sie die konstruktive Rolle der Politik in Hamburg hervor und insgesamt die Ernsthaftigkeit, mit der hier der Standort vorangetrieben werden soll. Ein weiterer Vorteil gegenüber Berlin sind die zahlreichen Industrie- und Mittelstandsbetriebe. Sie sorgen für eine Branchenvielfalt und bieten sich Startups als Kooperationspartner an. Die Hauptstadt punktet dagegen mit einer höheren Investorendichte und einem internationalen Flair, das Talente aus aller Welt anlockt. Die durch Corona noch schneller vorangetriebene Digitalisierung mit dem Trend zu dezentralen Teams und Homeoffice relativiert das allerdings zusehends.
Factory Hammerbrooklyn läuft sich gerade warm und plant zunächst regelmäßige Meetups, um die die Location bekannter zu machen. Die Eröffnungsparty wird dann hoffentlich auch bald nachgeholt. Gespräche mit dem Reeperbahn Festival und dem ITS Kongress über Kooperationen laufen, ein Kuratorium befindet sich im Aufbau und überhaupt sind Partner aus den verschiedensten Bereichen willkommen. Worauf es letztlich ankommt, formulieren Nico und Martin so: „Hammerbrooklyn ist kein reines Office-Konzept. Bei uns stehen Menschen im Mittelpunkt.“lia schwendner
Fotos: Julia Schwendner