Gründerfrühstück mit Peter Tschentscher: Wie sexy ist Hamburg?
Ist Hamburg ein erstklassiger Standort für Startups? Auf jeden Fall, erklärte der Erste Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher beim Gründerfrühstück diesen Mittwoch im betahaus in seiner Eröffnungsrede. Bei der anschließenden Diskussion wollte ihm da allerdings niemand aus vollem Herzen zustimmen.
Zum zweiten Mal hatte Get Started, die Startup-Initiative des Digitalverbands Bitkom, zum Gründerfrühstück mit dem Ersten Bürgermeister der Stadt Hamburg eingeladen. Im vergangenen Jahr hieß der noch Olaf Scholz, jetzt war sein Nachfolger Peter Tschentscher an der Reihe. Erst seit einem knappen halben Jahr im Amt, ist er für viele noch eine unbekannte Größe, sodass die im betahaus versammelte Startup-Gemeinde gespannt auf seine Aussagen war.
Tschentscher begann seine Rede mit einem kurzen Rückblick auf Großunternehmen wie Otto oder Beiersdorf, die auch mal klein angefangen haben und somit irgendwie Startups waren. Sodann sprach er von den täglich neuen Herausforderungen an die Wirtschaft. Die Startups hätten hier oft die bessere Chance Lücken zu schließen als etablierte Unternehmen.
„Wir haben alles außer Bergbau“
Eine Lücke geschlossen habe auch die 2013 gegründete Investitions- und Förderbank (IFB). Bis dahin habe es nämlich kein Investitionsförderprogramm in Hamburg gegeben, während alle anderen Bundesländer schon über eines verfügten. Tschentscher lobte die erfolgreiche Arbeit der IFB und stellte als besonderen Standortvorteil Hamburgs die Branchenvielfalt heraus. Die Stadt sei führend in der Luftfahrt, in der Medienwelt und spiele auch in der Gesundheitsbranche eine wesentliche Rolle. „Wir haben alles außer Bergbau“, fasste er zusammen.
Vor Berlin müsse man sich sowieso nicht verstecken. Bei den Gründungen per Kopf läge mal die eine, mal die andere Metropole vorn, aber ihm schien es, als hätten Hamburger Startups mehr Bestand als solche aus Berlin. Belegen konnte er das allerdings nicht. Die Innovationskraft sei hier schon immer besonders groß gewesen, weil die Hansestadt nie Hauptstadt war und daher immer mehr um Aufmerksamkeit buhlen musste als Berlin. Dort sei übrigens die Politik längst nicht so offen und begeisterungsfähig für Innovationen wie in Hamburg.
Viel Neues hatten die Zuhörer da bisher nicht erfahren, und wer Tschentscher schon einmal hatte reden hören, dem kam erst recht vieles bekannt vor. Vielleicht konnte die Diskussionsrunde mehr Überraschungen bieten? Zunächst berichtete Dr. Sabrina Reimers-Kipping, Co-Founder beim Medizin-Startup FUSE-AI, dass ihr Unternehmen wegen des schon etwas älteren Gründerteams oft nicht so richtig als Startup angesehen würde und deshalb Schwierigkeiten hätte Finanzierungen zu bekommen.
„Der Standort Hamburg bringt uns gar nichts“
Während sie ihre Kritik eher zurückhaltend formulierte, fiel Marc Schmitt vom Logistik-Startup Evertracker gleich mit der Tür ins Haus: „Es gibt keinen Grund in Hamburg zu gründen, außer man ist schon da.“ Viel versöhnlicher wurde er dann für den Rest des Gesprächs nicht mehr. Sein Hauptargument: Es gebe hier kaum Möglichkeiten, mit potenziellen Kunden in Kontakt zu kommen. Die Stadt müsse viel stärker für Orte und Veranstaltungen der Begegnung zwischen Startups, Investoren und Entscheidern aus der Wirtschaft sorgen. Man könne zwar ein führender Logistik-Hub Europas werden, aber momentan sähe er das so: „Der Standort Hamburg bringt uns gar nichts.“
Ganz so dramatisch ist es in Wahrheit auch nicht. Als Gegenargument führte Tschentscher die Cluster, die Innovationszentren und andere Institutionen an, die die verschiedenen Parteien schon heute zusammenbringen würden. Auch die Universitäten spielten dabei eine gute Rolle. Reimers-Kipping bestätigte, in Hamburg schon wichtige Partner gefunden zu haben. Das UKE gehöre allerdings nicht dazu, dafür Kliniken in Jena, Wuppertal und Lübeck.
Beim Hamburger Innovations-Wirtschaftsfonds ginge es gut voran, sagt Tschentscher
So richtig kam die Diskussion nicht vom Fleck, führte aber irgendwann zu einem Dauerbrenner: der Frage nach dem Hamburger Innovations-Wachstumsfonds. Bis zu 100 Millionen Euro schwer soll der werden, zu 90 Prozent getragen von privaten Investoren. Seit Anfang 2016 angekündigt, hat sich da scheinbar noch nichts getan. Falsch, konterte Tschentscher, es sei doch super, dass die Idee so schnell umgesetzt würde. Bei der IFB hätte das auch drei Jahre gedauert, diese Gründlichkeit habe sich ausgezahlt. Trotzdem hätte man da gern Konkreteres erfahren, aber vielleicht ist ja was dran an dem Gerücht, dass das Fondsmanagement schon in Kürze bekannt gegeben wird.
Am Ende der Runde blieb leider kaum noch Zeit für Publikumsfragen. Wirklich neue Erkenntnisse dürfte ein Großteil des Publikums daher eher nicht gewonnen haben. Wie sexy ist Hamburg nun also? Das liegt wohl wie so oft im Auge des Betrachters.