Das war los beim Gründerfrühstück mit Olaf Scholz
Wenn es schon früh am Morgen voll wird im betahaus, dann steht wahrscheinlich das Gründerfrühstück auf dem Programm. Und wenn dann noch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz zu Gast ist, wird es richtig voll. Wir waren natürlich auch dabei und haben die wichtigsten Aussagen protokolliert. Einige sind ganz schön kurz.
Eingeladen hatte Get Started, die Startup-Initiative des Digitalverbands Bitkom, und weit über 100 Gäste aus dem Hamburger Startup-Ökosystem waren gekommen. Schließlich hat man nicht alle Tage Gelegenheit, Olaf Scholz nicht nur reden zu hören, sondern ihm vielleicht sogar eine Frage zu stellen. Zu Beginn gab es aber erstmal die obligatorische Ansprache, in der Scholz erwartungsgemäß Hamburg als hervorragenden Standort für Startups, Innovationen und Kreativität lobte.
In seiner Aufzählung fehlten etablierte Digitalunternehmen made in Hamburg wie Xing, Parship oder mytaxi ebenso wenig wie die Deutschlandniederlassung amerikanischer Giganten vom Kaliber Facebook und Google. Lob bekamen auch die Co-Working Spaces, Veranstaltungen wie Online Marketing Rockstars und die Social Media Week und eine Reihe weiterer Institutionen und Events. „Hier ist ziemlich viel los“, fasste er zusammen.
Olaf Scholz: Startup-Erfahrungen als Anwalt
Ein bisschen Startup-Erfahrung könne er auch einbringen, schließlich habe er einst eine Anwaltskanzlei gegründet. Die sei damals noch weitgehend ohne IT ausgekommen, habe aber Anlaufschwierigkeiten gehabt wie jedes neue Unternehmen heute auch. Etwa bei so profanen Dingen wie der Einrichtung eines Girokontos oder der Aushandlung des Mietvertrags, der viel zu langfristig angelegt gewesen sei.
Dann kam Scholz wieder zurück ins Hier und Jetzt. Bei der Zahl der Gründungen pro 1.000 Einwohner steht Hamburg bundesweit an zweiter Stelle. Zwar gibt es darunter auch einige „Verzweiflungsgründungen“, aber eben inzwischen auch 10.000 IT-Unternehmen mit 50.000 Mitarbeitern. Damit kein Missverständnis entsteht: Diese von der Stadt gern berbreiteten Zahlen beziehen sich nicht auf Startups im eigentlichen Sinn. Über die informiert branchenübergreifend am verlässlichsten unser Hamburg Startups Monitor.
1.500 neue Studienplätze für Informatik
Das sich unsere Hochschulen sich nicht vor amerikanischen Vorzeigeunis nicht verstecken müssen, konnte die HafenCity Universität bei einem Austausch mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) kürzlich feststellen, erzählte Scholz. In seiner Aufzählung durfte natürlich auch das hochschulübergreifende Projekt der Hamburg Open Online University (HOOU) nicht fehlen. Und die Informatik-Plattform ahoi.digital, die 35 weitere Professuren und bis zu 1.500 Studienplätze zusätzlich zu den bereits bestehenden 5.000 im IT-Bereich bringen soll. Wenn das klappt, wird die Suche nach Programmentwicklern für Startups in Zukunft vielleicht nicht mehr ganz so mühsam.
Alles rosarot also am Gründerstandort Hamburg? Das sollte in der anschließenden Diskussionsrunde erörtert werden, moderiert von Ann-Kathrin Nezik vom Spiegel und erweitert durch André M. Bajorat von figo. Da ging es zuerst um das Silicon Valley und Berlin und wie Hamburg im Vergleich dazu abschneidet. Kurz gefragt: Fehlt Hamburg das Gründerflair? Noch kürzere Antwort von Scholz: „Ne.“ Nicht der letzte Lacher, den der Bürgermeister im Publikum auslöste. Er verglich dann die Hansestadt mit anderen „Second Cities“, wie Barcelona und Mailand, um die es ja auch nicht schlecht bestellt sei.
Hamburg allein kann Probleme nicht lösen
André ist kein Freund davon, sich bei Problemlösungen zu sehr auf einen einzelnen Standort zu konzentrieren. So sei seiner Meinung nach das immer wieder angesprochene leidige Thema der Rekrutierung internationaler Fachkräfte nur bundes- oder gar europaweit zu regeln. Er nannte als Beispiel, dass ein potenzieller Mitarbeiter keine Arbeitserlaubnis bekommen habe, weil er „nur“ zwei Programmiersprachen beherrschte, und bemängelte die Englischkenntnisse vieler Beamter.
Das wollte Scholz so nicht stehen lassen. „Englisch können die“, meinte er, und oft noch ganz andere Sprachen. Zudem sei die Europäische Union ein offener Arbeitsmarkt, größer als die USA, das deutsche Recht liberal wie sonst kaum irgendwo („Es weiß nur keiner“) und die Blue Card weltweit einzigartig. Demnach sollte eigentlich jeder ins Land kommen können, der einen festen Arbeitsplatz vorzuweisen habe.
Wann kommt der Hamburger Innovations-Wachstumsfonds?
Nächstes Dauerthema: Wo gibt es Fördergelder? Die bewährten Instrumente der IFB, InnoRampUp und der gerade aufgelegte Innovationsstarter Fonds Hamburg II in Höhe von 12 Millionen Euro, konnten da lobend erwähnt werden. Beinahe ein Running Gag der hiesigen Förderpolitik ist dagegen der seit Januar 2016 angekündigte „Hamburger Innovations-Wachstumsfonds“, der bis zu 100 Millionen Euro schwer werden soll. Konkret konnte sich auch Scholz dazu nicht äußern – es werde daran gearbeitet.
Auch hier hielt André den lokalen Fokus für gar nicht so förderlich. Internationale Investoren könnte eine städtische Beteiligung abschrecken. Er selbst habe mit dem High-Tech Gründerfonds gute Erfahrungen gemacht und wünschte sich in seinem Schlusswort, dass Verwaltungshürden abgebaut und viele Vorgänge digitalisiert werden. Da sei Hamburg dabei, erklärte Scholz und antwortete auf die Frage, ob es in fünf Jahren ein Hamburger Startup in der Größenordnung von Otto oder Beiersdorf gäbe: „Ja.“
Zum Abschluss beantwortete der Bürgermeister noch ein paar Fragen aus dem Publikum und sorgte für weitere Lacher, etwa bei der Frage, was Hamburg für seine Strahlkraft getan habe: „Dafür haben wir für 800 Millionen Steuergelder ein kleines Konzerthaus gebaut.“ Auch das Reeperbahn Festival habe sich zu einem Ereignis mit Wirkung weit über die Landesgrenzen hinaus gemausert.
Am besten Scholz‘ Buch lesen
Ebenfalls nicht ohne Witz die Antwort auf die Frage, was zu tun sei gegen die Gefahr, dass die Digitalisierung zu viele Arbeitsplätze vernichte: „Ich empfehle Ihnen mein Buch „Hoffnungsland“ zu lesen, vor allem das letzte Kapitel.“ Dann merkte er an, dass durch technologische Entwicklungen schon immer Arbeitsplätze verlorengegangen und gleichzeitig neue geschaffen worden sein. Als Beispielbranchen nannte er die Landwirtschaft und den Schiffbau. In die Zukunft gerichtet bedeutet das: „Von dem was wir heute können, können wir in 50 Jahren nicht mehr gut leben.“
Es muss also vorangehen, und das tut es auch, das war die Kernbotschaft von Olaf Scholz bei diesem Gründerfrühstück. Wirkliche Neuigkeiten gab es dabei nicht, auch keine besonders kontroverse Diskussion, aber das war auch nicht ernsthaft zu erwarten gewesen. So blieb manche Frage offen und zugleich der Eindruck bestehen, dass es um den Startup-Standort Hamburg ganz ordentlich bestellt ist.
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