GAIA – Plastikalternativen made in Hamburg
Plastikverpackungen geraten zunehmend in Verruf und viele Startups sagen ihnen den Kampf an. Gaia tut das schon seit ein paar Jahren und hat mit Bienenwachstüchern eine vielseitig verwendbare Alternative entwickelt. Mittlerweile bietet das in Hamburg herstellende Unternehmen auch eine Reihe weiterer plastikfreier Alltagsprodukte an.
Lucas Grunhold, Paol Luzian Groß und Karla Janssen kennen sich schon seit der Kindheit und haben auch in einer WG zusammen gelebt. Dort reifte der Wunsch, neue, nachhaltige Alltagsprodukte zu entwickeln. In einem Yogakurs hörte Lucas 2017 erstmals etwas von Bienenwachstüchern, die sich als Ersatz für Plastik- oder Alufolie zum Frischhalten, Einwickeln und Abdecken von Lebensmitteln eignen. 2018 beschäftigte sich das Trio eingehender mit diesen Tüchern und experimentierte in einem elf Quadratmeter großen Keller, um die richtige Mischung zu finden.
Die Grundlage bildet ein einfaches Baumwolltuch, für die Imprägnierung kommen Bienenwachs und in kleineren Mengen Jojobaöl und Baumharz hinzu. Wichtig ist natürlich, dass die Tücher über einen längeren Zeitraum halten. Ein Jahr sollte es schon sein. Kleinere Risse in der Oberfläche lassen sich übrigens bei 60 Grad im Backofen innerhalb von zwei Minuten wieder schließen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung der Haptik. Die Tücher müssen sich angenehm anfühlen, nicht klebrig, damit nicht der Eindruck entsteht, irgendwelche Substanzen könnten sich auf die Lebensmittel übertragen.
Auf Messen feierte Gaia erste Erfolge
Ende 2018 hatten die Tücher dann die gewünschte Qualität erreicht und konnten ihre ersten Bewährungsproben auf Messen und Märkten bestehen, unter dem Markennamen Gaia. In der griechischen Mythologie ist Gaia eine der ersten Göttinnen und personifiziert die Erde. Der Name verdeutlicht den hohen Anspruch des Startups, nämlich einen spürbaren Beitrag zum Schutz der Umwelt zu leisten. Einige Zahlen verdeutlichen, das es da auf einem guten Weg ist.
So konnte Gaia in seinem ersten Jahr zwischen 2.000 und 3.000 Sets verkaufen, 2020 waren es schon rund 200.000, wobei in erheblicher Anteil auf eine Kooperation mit Tchibo zurückzuführen ist. Ein Set bilden übrigens normalerweise Tücher in drei verschiedenen Größen. Zwischenzeitlich bestand das Team inklusive Teilzeitkräften aus 25 Personen, Ende 2020 schrumpfte es wegen der Corona-Krise wieder etwas, allerdings ohne Entlassungen. Und auch die Produktionsfläche ist erheblich angewachsen: von der beengten Kellerfabrik über 80 bis heute 340 Quadratmeter.
Bemerkenswert ist, dass Gaia die Produktion nach wie vor komplett in Eigenregie durchführt. Paol kommt aus dem Handwerk und und hat daher maßgeblich an der Entwicklung der dafür erforderlichen Maschinen mitgewirkt. Die stehen in der Meistermeile im Hamburger Stadtteil Lokstedt. Sie bietet etwa 100 Handwerks- und Produktionsbetrieben Platz und ist so etwas wie ein Coworking Space für das Handwerk. Hier konnte Gaia organisch wachsen, ohne sich Gedanken über neue Räumlichkeiten machen zu müssen.
Das Angebot umfasst inzwischen eine Reihe von plastikfreien Alltagsprodukten
Gewachsen ist nicht nur die Nachfrage nach den Wachstüchern, sondern auch das Sortiment. Es bietet inzwischen eine breite Auswahl an Artikeln für den Haushalt, einige unter dem Markennamen Gaia, andere von Startups, die eine ähnliche Unternehmensphilosophie mitbringen. Stichworte wie Nachhaltigkeit, Plastikverzicht oder Bio gehören dazu. So ist Gaia seinem Lieferanten der ersten Stunde von fair gehandelter Bio-Baumwolle bis heute treu geblieben.
Erhältlich sind die Produkte von Gaia im eigenen Webshop und auf Online-Marktplätzen wie dem Avocadostore. Hinzu kommen Bio-Supermärkte, einige Edeka-Filialen, Unverpacktläden und Boutiquen. Gerade kleineren Geschäft hat Corona in den letzten Monaten das Leben schwer gemacht, was auch Gaia zu spüren bekam. Auf Dauer wird aber das Thema Nachhaltigkeit bei Kaufentscheidungen von Alltagsprodukten eine immer größere Rolle spielen.
Gaia will deshalb seinen Shop und das Angebot weiter ausweiten. Großes Potenzial besteht auch bei der Kooperation mit etablierten Unternehmen, sei es als Vertriebspartner oder als Abnehmer von Werbegeschenken. Die Zusammenarbeit mit Startups ist natürlich auch willkommen, etwa wenn sie passende Produkte im Sortiment haben. Aktuell gibt es beispielsweise Kombiangebote mit Bracenet und hello simple. Und wer ganz neu dabei ist und Platz zum Experimentieren braucht, kann gerne einmal beim Gaia-Team anfragen.
Produkte wie Bienenwachstücher sind einigermaßen erklärungsbedürftig, weshalb die anfänglichen Messeauftritte ein idealer Türöffner waren. Inzwischen sorgen die sozialen Medien für die nötige Aufmerksamkeit, etwa bei Instagram mit knapp 30.000 Followern. Für noch schnelleres Wachstum wäre ein großes Mediabudget und damit ein Investor notwendig. Bisher kommt Gaia allerdings ohne Fremdkapital aus und möchte seine Unabhängigkeit am liebsten bewahren. Warum auch nicht, schließlich ist bei dem Startup noch alles in trockenen Bienenwachstüchern.
Fotos: Gaia