Forward ist ein Startup der kurzen Wege und schnellen Wendung
Einen Pivot wie aus dem Bilderbuch hat das Hamburger Logistik-Startup Forward hingelegt. Begonnen hat es mit Kleintransporten für Privatleute, mittlerweile bietet es einen erfolgreichen B2B-Marktplatz für Transporte aller Art auf der Kurz- und Mittelstrecke. Wie es dazu gekommen ist, erfahrt ihr in diesem Bericht.
Forward ist ein Startup mit Prinzipien. Das machen schon die fünf Poster deutlich, die gleich im Eingangsbereich der Büroräume in der Glashüttenstraße hängen. „Think BIG“ steht da drauf, „Being equal among equals“ oder „Partying is a serious matter“. Diese Schlagworte sind nahezu selbsterklärend und typisch für viele Jungunternehmen. Offensichtlich hat Forward große Pläne und flache Hierarchien, alle Teammitglieder vom Praktikanten bis zum Geschäftsführer können sich gleichberechtigt einbringen. Und wer hart arbeitet, darf Erfolge dann auch ordentlich feiern.
Etwas ungewöhnlicher ist da schon das Motto „Kairos beats Chronos“. Kairos ist in der griechischen Mythologie die Gottheit des günstigen Augenblicks, während Chronos den Ablauf der Zeit versinnbildlicht. Gemeint ist hier, dass man die Gelegenheit beim Schopfe packen und auf solche Situationen nicht warten, sondern sie selbst kreieren solle. Schließlich ist da noch der Slogan „You are the guru“, der signalisiert, dass man nicht auf den Rat von echten oder vermeintlichen Experten angewiesen sein muss, wenn man eine Sache anpacken will, die einem wichtig ist.
Der Klassiker: negative Erfahrung führt zur Idee für Startup
So hat es auch Forward-Gründer Philip John Mordecai gemacht. Als der ehemalige Geografiestudent aus Düsseldorf nach Hamburg kam, wollte er sich für sein WG-Zimmer ein Bett aus Europaletten bauen. Die Paletten aufzutreiben war kein Problem, sie in seine Wohnung zu bekommen dagegen schon. Einen Spediteur für die Lieferung zu finden kostete Zeit und Mühe, in den vierten Stock tragen wollte sie dann niemand mehr. Aus diesem unerfreulichen Erlebnis erwuchs im Sommer 2017 die Idee, einen Marktplatz für private Kleintransporte zu eröffnen. Ganz am Anfang stand dafür ein Team aus fünf Personen aus dem Freundeskreis, von denen neben Philip noch der Informatiker Paul Heidicker bis heute dabei ist.
Movemates, so hieß der Marktplatz, machte vom ersten Tag der Testphase an Umsatz. Spätestens bei der offiziellen Gründung im November 2017 war das Projekt kein Hobby mehr. Kurz darauf folgte die Aufnahme in Batch Nummer eins des Next Commerce Accelerators und damit die erste Finanzierung und Förderung. Das Geschäft mit den Transporten für Privatleute lieg ganz ordentlich, doch ein Auftrag im Sommer 2018 sollte vieles ändern. Eines Abends kam die Buchung eines gewerblichen Kunden rein, der am nächsten Morgen um 5:30 Uhr drei Paletten mit Waschbecken in den Hafen geliefert haben wollte.
Aus Movemates wird Forward
Das war völliges Neuland für Movemates, weshalb sich Philip und Paul persönlich überzeugen wollten, dass alles klappt. Dabei bekamen sie einen ersten Einblick in die Welt der Logistik mit ihren großen Fuhrparks, riesigen Lagerhallen, Gabelstaplern und allem, was sonst noch dazugehört. Beide Gründer hatten zwar schon Startup-Erfahrungen gesammelt, hatten aber dabei mit der Branche, in der sie sich jetzt bewegten, keine Berührungspunkte gehabt. Trotzdem waren sie mit ihrem Konzept unbewusst auf eine Marktlücke gestoßen, denn es blieb nicht bei diesem einen Profiauftrag. Mundpropaganda sorgte für weitere und manche Kunden kehrten mehrmals wieder.
Hier bot sich jetzt offensichtlich die Chance für ein Geschäftsmodell, das viel mehr Umsatz und Wachstum versprach als das bisherige von Movemates. Philip und Paul zogen daraus die Konsequenzen, stellten ihren Marktplatz ganz auf das B2B-Geschäft um und gaben ihrem Startup einen neuen Namen: Forward. Sie hatten ihren Kairos-Moment gehabt und genutzt. Ihre Software mussten sie dafür nicht fundamental ändern, den das Prinzip blieb gleich. Ein Kunde möchte etwas von A nach B transportieren lassen und sucht dafür den passenden Spediteur. Nur dass es dabei nicht um einen einzelnen Kleiderschrank geht, sondern um größere Ladungen. Forward spezialisiert sich dabei auf die Kurz- und Mittelstrecken. Eine Strecke von 150 Kilometern ist da die Ausnahme, fünf bis zehn Kilometer sind die Regel.
Mit prominenter Unterstützung zum Erfolg
„Think BIG“ hieß es jetzt bei Forward. Um die angestrebten Wachstumsziele zu erreichen, ging man auf Investorensuche und konnte mit Jens Schumann und Stefan Wiskemann zwei der profiliertesten Hamburger Business Angels überzeugen. Zu den Gesellschaftern gehören zudem Peter Lindqvist (CEO von Evertracker) und Martin Stolz (Geschäftsführer der Kaufhauskette Stolz). Schließlich ist noch der Innovationsstarter Fonds der IFB an Forward beteiligt.
So viel Kompetenz und Unterstützung zahlt sich aus. Seit Januar verzeichnet das Startup jeden Monat ein zweistelliges Umsatzwachstum, von Juni auf Juli gab es sogar eine Verdoppelung. Forward arbeitet mit den größten Spediteuren der Land-, See- und Luftfracht zusammen. Noch beschränkt man sich auf den Großraum Hamburg, aber die Vision ist gesamteuropäisch. Und das alles unter einem weiteren Motto, mit sich das Team identifiziert: „fair, efficient and sustainable“. Schließlich ist Forward ein Startup mit Prinzipien.