femtasy bietet sinnliches Kopfkino für Frauen
Erst kürzlich sorgte das Kölner Startup femtasy mit einer Finanzierungsrunde im siebenstelligen Bereich für positive Schlagzeilen. Schon im November überzeugte die Plattform für erotische Hörspiele für Frauen das Publikum beim Reeperbahn Startup Pitch. Die Belohnung: femtasy ist Teil unserer Delegation, die in März zum SXSW Festival in Austin, Texas fährt. Im Interview erzählt uns die Gründerin Nina Julie Lepique, was Frauen hören wollen.
Hallo Nina Julie, danke, dass du dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Wie ist die Idee zu femtasy entstanden?
Schon vor meiner eigenen Gründung habe ich mit Begeisterung andere Starups verfolgt, die einen positiven Impact auf das Leben ihrer Nutzer oder den gesellschaftlichen Diskurs haben. Die erste Idee, oder besser gesagt, der erste Anstoß zu femtasy kam durch ein Gespräch mit Freundinnen. Ich habe gemerkt, wie frustriert sie mit dem vorhandenen Angebot an Inhalten für Frauen sind und wie viel Potenzial in der Thematik „Female Sexual Wellness“ liegt. Daraus hat sich femtasy entwickelt – eine Streaming-Plattform für sinnliche Hörgeschichten für Frauen. Mit femtasy wollen wir dazu inspirieren, die weibliche Sexualität frei auszuleben und zu feiern.
Was sind die wichtigsten Unterschiede bei der Rezeption erotischer Inhalte bei Männern und Frauen?
Das Besondere an femtasy ist, dass wir – bevor wir unser Produkt entwickelten–, mit 1.500 Frauen gesprochen haben, um zu verstehen, was Frauen in ihrer Sexualität wirklich wichtig ist. Dabei haben wir herausgefunden, dass für Frauen die eigene Vorstellung, das ganz persönliche „Kopfkino“, besonders ausschlaggebend für eine erfüllte Sinnlichkeit ist. Deshalb funktioniert für vielen Frauen die auditive Stimulation besser als die visuelle, wie beispielsweise durch Filme oder Bilder.
Nach welchen Kriterien wählt ihr die Texte aus? Gibt es irgendwelche Vorgaben, was geht und was nicht?
Wir produzieren alle unsere Audios mit unseren AutorInnen und SprecherInnen selbst – vom ursprünglichen Skript bis zur finalen Aufnahme. Per se ist alles erlaubt, was unseren Hörerinnen ein gutes Gefühl gibt. Wir wollen keine Fantasien werten oder ausschließen – trotzdem gibt es bestimmte „Spielregeln“, die wir selbst definiert haben und die für uns von essenzieller Wichtigkeit sind. Klare Einvernehmlichkeit zwischen den Akteuren muss zum Beispiel immer gewährleistet sein.
Gibt es so etwas wie die typische femtasy-Kundin und nutzen auch Männer euer Angebot?
Die typische femtasy-Kundin gibt es eigentlich nicht, nein, aber der Kern unserer Nutzerschaft ist aktuell zwischen 25 und 34 Jahre alt. Unsere Abonnentinnen zeigen dennoch, dass Frauen jeglichen Alters Lust auf femtasy haben. Die größte Gemeinsamkeit innerhalb unserer Abonnentinnen ist – und auch das ist nicht überraschend –, dass sie urban leben, eher liberal sind und sich für ein gutes, ausgewogenes und gesundes Leben interessieren. Andere Interessen wie Fitness und Ernährung, aber auch Reisen oder Wellness teilen sie tendenziell. Und ja, wir begeistern mit femtasy auch Männer! Obwohl wir die Plattform als Produkt für Frauen konzipiert haben, sind 11% der Nutzer männlich. Viele davon Nutzen femtasy allerdings gemeinsam mit ihrer Partnerin.
Welche Themen sind besonders beliebt?
Besonders wichtig ist für uns und viele unserer Userinnen das Thema Bodypositivity. Alle Aufnahmen, die unter diese Kategorie fallen, sind frei von optischen Beschreibungen. Es wird also auf Ausführungen wie „lange Haare“ oder „flacher Bauch“ verzichtet. So kann sich die Nutzerin noch besser in die Geschichte hineinfühlen, wohlfühlen und fallen lassen.
Viele nutzen unsere Hörgeschichten, um in ihrer Fantasie Vorlieben auszuleben, die sie sich im “echten” Leben vielleicht (noch) nicht zutrauen. Deshalb sind Audios der Kategorie “verbotene Reize” zum Beispiel sehr beliebt.
Wie hat sich euer Geschäft seit dem Start entwickelt?
Wir haben uns zum Ziel gesetzt für jede Frau die perfekte Aufnahme zu produzieren. Jeder nimmt Stimmen unterschiedlich wahr, und für den einen klingt eine Stimme sehr anziehend und für die andere ist eine ganz andere Stimme die richtige. Gleiches gilt für Fantasien oder die Wortwahl. Sexualität ist etwas sehr Individuelles und das wollen wir mit unserem Produkt und den diversen Filtermöglichkeiten unterstreichen. Aus diesem Grund haben wir uns im ersten Jahr darauf konzentriert, Varianz zu zeigen.
Mittlerweile haben wir über 1.000 Audios live, bieten mehr als 50 verschiedene männliche und weibliche Stimmen an und es gibt sieben Genres, wie Erotische Lesungen oder auch Sinnliche Affirmationen, zur Auswahl und das kommt bei unseren Hörerinnen richtig gut an. Das erste Jahr hat gezeigt, dass wir Frauen in ganz Deutschland begeistern können. Wir hatten bereits ziemlich frühzeitig eine Million Plays pro Monat erreicht und unsere Abonnentenzahl wächst nachhaltig. Mehr Insights dürfen wir aber leider nicht verraten.
Welches waren die größten Herausforderungen bei der Gründung und der Positionierung eures Startups im Markt?
femtasy ist eine feminine, lifestylige und cleane Marke. Trotzdem sind wir Teil der SexTech-Industrie, die leider und häufig auch zu Unrecht, in ihrem jungen Alter noch ein Imageproblem hat. Heute, 1,5 Jahre nach Launch unserer Plattform, merken wir, wie die gesamte SexTech-Industrie, in Deutschland, aber vor allem auch in UK oder den USA einen richtigen Aufschwung erlebt. Großartige Ideen rund um die weibliche Libido und Female Wellness im Allgemeinen, werden verwirklicht und bereichern das Leben vieler Menschen. Themen, die lange tabuisiert und stigmatisiert wurden, wie ein unerfüllter Kinderwunsch, Menopause oder Menstruation werden durch Female-centric Products in den Fokus gerückt, und werden ein Teil des öffentlichen Diskurses. Diese Entwicklung ist wichtig und wir sind mit der Normalisierung diverser Themen sicher noch nicht am Ziel, aber endlich auf einem guten Weg und wir genießen die positive Entwicklung sehr!
Kürzlich habt ihr eine Finanzierungsrunde über einen siebenstelligen Betrag abgeschlossen und wollt euren Unternehmenssitz von Köln nach Berlin verlagern. Was für Pläne habt ihr sonst für die Zukunft von femtasy?
In der nahen Zukunft liegt der Fokus auf der Internationalisierung des Contents und der Plattform. In der weiteren Zukunft sehe ich Personalisierung in Form von dynamischem Content als großes Thema für femtasy. Geschichten, die sich an die Vorlieben der Nutzerin anpassen und das persönlichste und idealste Erlebnis kreieren. Die Möglichkeiten und Innovationen, die sich durch die Entwicklung und Einbindung dynamischer Inhalte ergeben, sind endlos und könnten Content in allen Branchen und Dimensionen revolutionieren.
Beim Reeperbahn Startup Pitch im November 2019 habt ihr den Publikumspreis gewonnen. Wie habt ihr den Abend erlebt?
Es war ein wahnsinniges Gefühl, den Publikumspreis zu bekommen! Wir waren total überwältigt. Am nächsten Tag hat das ganze Team mit uns gefeiert und das überdimensionale SXSW-Ticket hängt seitdem bei uns im Office. Danke an alle, die an dem Abend für uns gestimmt haben! Das war definitiv eines unserer Highlights in 2019!
Im März seid ihr Teil unserer Delegation, die zum SXSW Festival nach Austin fährt. Welche Erwartungen habt ihr an die Reise und wie bereitet ihr euch darauf vor?
Wir erhoffen uns natürlich viele spannende neue Kontakte, insbesondere auch in die USA, und freuen uns gleichzeitig darauf, diverse bekannte Gesichter wiederzusehen. Vor allem interessieren uns Innovationen im Bereich Female Wellness. Das Thema „Voice“ ist in den USA bereits viel weiter, deshalb freuen wir auch uns auf spannende Insights anderer Startups aus diesem Gebiet.
Vielen Dank für das Interview!
Hamburg Startups begleitet die deutsche Delegation bei SXSW
Seit 2014 sorgen wir von Hamburg Startups dafür, dass Startups bei derSXSW in Austin, Texas zeigen können, was sie drauf haben. Vom 13. bis 22. März 2020 wird Austin wieder zum Nabel der Kreativ- und Digitalwelt. Traditionsgemäß gehört die deutsche Delegation zu den stärksten. Dank der Unterstützung unserer Partner von Hamburg Invest, Baden-Württemberg International, der Sutor Bank, Vast Forward, german.innovation und Klitschko Ventures erhalten insgesamt vier Startups einen Platz in unseren WGs, das Festivalticket und Zugänge zu exklusiven Events. Wir berichten vorab und exklusiv vor Ort über das Festival und setzen den Fokus auf die Erfolge und Erlebnisse der deutschen Teilnehmer.
Neu in Austin dabei ist german.innovation, ein offenes kollaboratives Netzwerk. Es wurde gegründet mit dem Ziel, innovative Kreative, Gründerinnen und Gründer, Unternehmen und Wissenschaftler zu stärken und zu vernetzen. Der Auftritt wird ermöglicht durch das Engagement und die finanzielle Unterstützung der Städte Hamburg und München, der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz sowie zahlreicher Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft.
Beitragsbild: Anna Brübach