FADENFELD vereint Kunst und Hightech
Stringart nennt sich eine Kunstdisziplin, bei der Bilder aus Fäden gestaltet werden. Ein ganz spezielle Variante bietet das Startup FADENFELD an, denn hier spielt moderne Technologie eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Kunstwerke. Wir haben uns mal ein Bild davon gemacht.
Zum 50. Geburtstag sollte es ganz besonderes Geschenk geben. Da waren sich die Kinder von Norbert Basler, einem der Gründer der auf Industriekameras spezialisierten Basler AG, einig. Die Wahl fiel auf ein Porträt der zwei Brüder und ihrer Schwester, aber kein gewöhnliches, sondern eines nach den Methoden der Stringart. Inspiration bot ein YouTube-Video, das zeigte, wie ein um in ein Brett geschlagene Nägel gewickelter Faden ein Bild ergab. Eine tolle Idee, aber wie umsetzen?
Diese Herausforderung nahm Justus Basler, Student der Elektrotechnik an der TU Hamburg, an. Er entwickelte einen Algorithmus, der berechnet, wie der Faden verlaufen muss, damit daraus ein erkennbares Bild entsteht. Grundlage ist eine Holzplatte, in die im immer gleichen Abstand von 16 Millimetern Nägel eingeschlagen werden; bei einem Format von ein Meter mal ein Meter sind das rund 4.000 Stück, die jeweils circa 12 Millimeter aus dem Brett herausragen.
Die Erstellung eines Bildes dauert 10 Stunden und länger
Ausgehend beispielsweise von dem ersten Nagel links oben in der Ecke wird der Faden in einer genau berechneten Reihenfolge um die Nägel gewickelt, wobei manche vielfach angesteuert werden, andere gar nicht. Ein Beamer hat Justus bei seiner Handarbeit angezeigt, welcher Nagel jeweils als Nächster dran ist. Mehr als zehn Stunden dauert die Prozedur.
Das Ergebnis, ein Fadenporträt der drei Basler-Kinder, kam sehr gut an. Bei der Familie sowieso, aber auch bei Gästen, die nachfragen, ob sie so ein Kunstwerk auch haben könnten. Justus wurde klar, dass sich hier ein Geschäftsmodell entwickeln ließe. Daraus entstand das Startup FADENFELD, für dessen Gründung er zwei Studienkollegen vom NIT dazu holte: Nico Göhner und Alexander Sbitnew. Insgesamt besteht das Team inzwischen sogar aus sieben Mitgliedern, von denen jedes seine spezielle Aufgabe hat.
Ein gutes Foto ist die Basis
Friedrich Wegmann etwa kümmert sich um die Bildberarbeitung. Ausgangspunkt ist immer ein ganz normales Foto, das allerdings ein paar Kriterien erfüllen sollte. Im Mittelpunkt muss immer die zu porträtierende Person stehen, alle Umgebungsdetails stören da nur. Auch die Beleuchtung spielt eine wichtige Rolle, wer auf Nummer sicher gehen will, sollte ein auf Porträts spezialisiertes Fotostudio aufsuchen. Liegt nun ein geeignetes Foto vor, wird dieses in schwarz-weiß umgewandelt, die Kontraste werden verschärft und bestimmte Regionen des Gesichts akzentuiert. Eine besondere Herausforderung stellt beispielsweise blondes Haar dar.
Die Software von FADENFELD wird ständig weiterentwickelt, im Vergleich zur ersten Version sind inzwischen wesentlich detaillierte Darstellungen möglich. Auch entstehen Bilder jetzt nicht mehr in Handarbeit. Im Keller der Baslers gibt es inzwischen eine Werkstatt mit einer selbst konstruierten Maschine. Die bohrt zunächst millimetergenau die Löcher für die Nägel in ein Brett. Die Stormarner Werkstätten, eine Behinderteneinrichtung, sorgt dann dafür, dass die hochwertigen Edelstahlnägel in das Brett gedrückt werden.
FADENFELD entwickelt sich ständig weiter
Wieder im Werkstattkeller wickelt schließlich die Maschine den Baumwollfaden, der bis zu 1,5 Kilometer lang sein kann, um die Nägel. Das dauert momentan noch zehn Stunden und mehr und ist damit auch nicht schnell als per Hand. Eine neue Maschine ist allerdings in der Entwicklung, die zehnmal schneller sein soll. FADENFELD ist also darauf vorbereitet, auch eine größere Nachfrage befriedigen zu können.
Seit gut einem Monat gibt es eine Webseite, über die die Kunstwerke bestellt werden können. Je nach Format und Rahmen kosten sie zwischen 1.199 und 1.599 Euro. Sicherlich kein Geschenk für jeden Geldbeutel, dafür ein ganz besonderes und individuelles. Im Preis drin sind die Abstimmung der Bilddetails mit dem Kunden und gegebenenfalls eine hochwertige Rahmung und Verglasung. Gut zwanzig Bilder hat FADENFELD bisher verkauft, weitere Anfragen liegen bereits vor. Bisher bestehen die Werke immer aus schwarzen Fäden vor weißem Hintergrund, denkbar sind aber auch andere Farbkombinationen und vielleicht sogar mehrfarbige Bilder.
FADENFELD hat sich bisher komplett aus eigenen Mitteln finanziert und wird unterstützt vom Startup Dock der TU Hamburg. Das Team ist optimistisch, mit seiner Kombination aus Kreativität und Hightech kommerziell erfolgreich sein zu können, und sucht deshalb noch personelle Unterstützung im Bereich Marketing und Vertrieb.
Beitragsbild: Das Gründertrio Justus Basler, Alexander Sbitnew und Nico Gröhner (Foto: FADENFELD)
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