Facts for Friends ruft auf: Werdet Factfluencer!
Dass wir von Echsenmenschen regiert werden und die Erde eine Scheibe ist, werden wohl die allerwenigsten für bare Münze nehmen. Bei anderen vermeintlichen Nachrichten, die sich vor allem über soziale Medien verbreiten, ist das Erkennen von „Fake News“ schon schwieriger. Diese Aufgabe übernehmen sogenannte Faktenchecker und deren Rechercheergebnisse hilft das Startup Facts for Friends in leicht verständlicher Form zu verbreiten.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie brachte gleich eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich. Eine davon war es, Fakten von Fake News zu unterscheiden, schließlich hatte niemand praktische Erfahrungen mit solch einer Situation. Vor allem in der Anfangsphase prasselten täglich Gerüchte auf einen ein. Manche stellten sich als wahr heraus, viele aber waren nur wüste Spekulation oder gar gefährlicher Unsinn.
Vom Hackathon zum Startup
Bei #WirVsVirus, einem Hackathon unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung im März 2020, ging es um den Umgang mit COVID-19 und digitale Lösungen. Das Projekt, das ich mit der Korrektur von Falschinformationen beschäftigte, trug den Namen Facts for Friends. Das daraus hervorgegangene Startup existiert bis heute und und ist gerade dabei, seinen Service weiter auszubauen.
Bei Hackathons besteht oft die Gefahr, dass die dabei aufgekommene Euphorie im Alltag verpufft und sich Projekte schnell im Sande verlaufen. Bei #WirVsVirus sorgte dagegen ein anschließendes sechsmonatiges Förderprogramm für Kontinuität. Von den ursprünglich zehn Teammitgliedern von Facts for Friends während des Hackathons sind noch zwei Entwickler dabei, zwei weitere Personen, die entscheidend für die Ideenfindung waren, halten den Kontakt.
Bei Facts for Friends sorgen Schulfreundinnen für die Kompetenz-Kombi
Eine treibende Kraft im Team von Anfang an war Katharina Klimkeit, BWLerin mit Startup-Erfahrung. Etwas später dazugekommen ist die Journalistin Valerie Scholz, eine Schulfreundin Katharinas. Zusammen bilden sie also ein Duo, das zwei der wichtigsten Kompetenzen für ein Medien-Startup mitbringt. Unterstützung bekommen sie von mehreren Stiftungen und Institutionen, zum Beispiel der Holistic Foundation.
Das Metier von Facts for Friends ist die Richtigstellung von irrführenden bis komplett falschen Behauptungen, die als Nachrichten in den sozialen Medien kursieren. Selbst als Faktenchecker agiert das Startup nicht, dafür greift es auf bereits vorhandene Quellen zurück. Die müssen Mitglied sein beim International Fact-Checking Network (IFCN), einem 2015 von der amerikanischen Journalistenschule Poynter gegründetem Netzwerk. Correctiv zum Beispiel ist es, der Volksverpetzer nicht.
Facts for Friends nimmt nun diese quasi zertifizierten Korrekturmeldung und bereitet sie so auf, dass sie sich leicht über Facebook, Twitter & Co. verbreiten lassen. Die Kunst besteht darin, diese „FactSnacks“ so zu gestalten, dass sie die Fakten leicht verständlich auf den Punkt bringen, ohne zu sehr zu vereinfachen. Selbstverständlich enthält jeder Beitrag auch einen Link zu dem kompletten Korrekturartikel.
Factfluencer sollen helfen Fake News entgegenzutreten
Die FactSnacks, jeden Tag ein neuer, sind auf der Webseite von Facts for Friends zu finden. Ausschließlich dort sollen sie natürlich nicht bleiben und auch nicht nur über die eigenen Kanäle des Startups verbreitet werden. Vielmehr sind Nutzerinnen und Nutzer dazu aufgerufen, sich als „Factfluencer“ zu betätigen und die Beiträge zu teilen, beispielsweise als Korrektiv, wenn im Freundes- oder Familienkreis Fake News kursieren.
Dabei sollte man nicht zu besserwisserisch agieren, das könnte leicht zu einer Trotzhaltung führen. Deshalb benennt Fact for Friends dubiose Schlagzeilen auch bevorzugt nicht als „Falsch“, sondern als „Widerlegt“ oder „Irreführend“, das wirkt auf Fake News-Gläubige weniger aggressiv und sie lassen sich vielleicht eher überzeugen.
Facts for Friends geht längst über das Corona-Thema hinaus
Angefangen hat Facts for Friends mit dem Thema COVID-19, doch längst gibt es weitere Kategorien wie Umwelt oder Wirtschaft. Ganz aktuell in der frisch überarbeiteten Version ist die Rubrik „Wahljahr 2021“. Schließlich ist gerade der Wahlkampf leider prädestiniert für Falschmeldungen.
Was noch fehlt, ist ein Gewinn versprechendes Geschäftsmodell, weshalb klassische Investoren bisher nicht eingestiegen sind. Im Vordergrund steht vielmehr der aufklärerische Anspruch und der Wille die Demokratie zu stärken. Das spiegelt sich auch in einem weiteren Projekt von Katharina und Valerie wider, der Digital Democracy Alliance, die genau diese Ziele verfolgt. Da gibt es sicherlich einiges zu tun, denn der Behauptung, das Fake News uns noch lange belästigen werden, würde wohl kein Faktenchecker widersprechen.
Beitragsbild: Jérome Gerull