eyefactive: der Touchscreen-Spezialist, der als Studentenprojekt begann
Touchscreens sind aus vielen Bereichen gar nicht mehr wegzudenken. Seit mehr als zehn Jahren gehört eyefactive aus Hamburg zu den Pionieren der Branche. In letzter Zeit hat sich das Unternehmen vor allem mit Angeboten für den Einzelhandel profiliert und auch Lösungen für den Umgang mit der Corona-Krise entwickelt.
„Unseren ersten Kunden haben wir vor Vertragsabschluss kein einziges Mal getroffen. Und das war vielleicht auch besser so“, erinnert sich Matthias Woggon, einer der Gründer von eyefactive. Zu dem Zeitpunkt, im zweiten Halbjahr 2009, hatte das Startup nur ein nicht sehr repräsentatives Büro an der Fachhochschule Wedel. Begonnen hatte eyefactive 2007 nämlich als Projekt der Informatikstudenten Johannes Ryks und Matthias Woggon.
Die Touchscreen-Technologie steckte damals noch in den Kinderschuhen, das iPhone war erst kurze Zeit auf dem Markt. Das Informatikerduo dachte buchstäblich größer und entwickelte ganze Tische mit einem Touchscreen. Eine Vorführung bei der CeBIT 2008 kam so gut an, das aus dem Projekt ein Unternehmen wurde. Der erste Kunde war der Schweizer Branchenverband Swissmem, der mit der Initiative TecMania den Nachwuchs für technische Berufe begeistern wollte. Der interaktive Touchscreen sorgte mit seinen spielerischen Elementen für großes Aufsehen.
eyefactive ist vor allem ein Softwareunternehmen
In den folgenden Jahren wurde die Technologie immer populärer und eyefactive konnte viele namhafte Unternehmen als Kunden gewinnen. Zu sehen waren die Tische vor allem auf Messen und anderen Events, aber auch Museen zählten zu den Abnehmern. Steckte anfangs noch viel eigene Hardware-Technologie in den Produkten von eyefactive, liegt der Fokus inzwischen stark auf der Software. Die Geräte kommen überwiegend aus Asien, weil sie dort konkurrenzlos günstig hergestellt werden. eyefactive nimmt dann nur noch Modifikationen vor. Für die Software gibt es sogar einen eigenen App-Store.
Vor ein paar Jahren begann McDonald’s, seine Restaurants mit Touchscreens auszustatten, über die Gäste ihre Bestellungen aufgeben können. Andere Systemgastronomen folgten dem Beispiel. Das war quasi der Startschuss für eine neue Marketingform namens Interactive Digital Signage. Digital Signage ist der Fachausdruck für den Einsatz von Bildschirmen zur Verbreitung von Werbebotschaften oder Informationen. Diese Technologie begegnet einem heutzutage fast überall, in Läden wie in der Außenwerbung, in der U-Bahn oder am Flughafen.
Die interaktive Variante macht nun aus dem passiven Konsumenten von Werbung eine handelnde Person und idealerweise einen Konsumenten von Produkten. eyefactive sagt Interactive Digital Signage eine große Zukunft voraus und kann sich hier als einer der Vorreiter positionieren. So findet sich in mittlerweile in vielen Hundert Bildschirmen in Apotheken ein digitales Regal, bei dem die gewünschten Medikamente über einen Touchscreen wählbar sind.
Die Zukunft für den Einzelhandel ist eine Kombination aus offline und online
Ein weiterer Vorzeigekunde von eyefactive ist Zwilling, ein Anbieter von Küchenartikeln. Dessen Sortiment besteht aus mehr als 15.000 Artikeln, die auch der bestsortierte Laden nicht alle verfügbar haben kann. Über einen Touchscreen können Kunden direkt am Point of Sale einen virtuellen Warenkorb zusammenstellen. Der lässt sich per QR-Code aufs Handy übertragen oder per Mail als Link zusenden, um später den Kauf online zu tätigen. Diese Kombination aus offline und online eröffnet dem Einzelhandel neue Chancen der Kundenbindung und -gewinnung. Sie bietet zum einen das direkte Shoppingerlebnis vor Ort mit der Möglichkeit, Waren an- und auszuprobieren, zum anderen die fast unbegrenzte Auswahl, die Einkaufen im Internet so attraktiv macht.
Neue Konzepte für den Einzelhandel sind dringend gefragt. Schon vor der Corona-Krise hatte die Branche zu kämpfen, die aktuelle Situation mit Abstandsregelungen und Maskenpflicht hat die Lage noch einmal verschärft. Über die Wiederbelebung des Einzelhandels hat sich eyefactive seine Gedanken gemacht und in einem Whitepaper zusammengefasst. Einen Haken haben allerdings Touchscreens, der in der Natur der Sache liegt: Man muss sie anfassen. In Zeiten verschärften Hygienebewusstseins eine echte Hürde.
Ganz neu: ein Handdesinfektions-Terminal
Deshalb hat eyefactive mit dem Handdesinfektions-Terminal Sigma ein Gerät auf den Markt gebracht, das dieses Problem berücksichtigt. Hier ist ein Spender für Desinfektionsmittel integriert, sodass sich der Touchscreen ohne Bedenken nutzen lässt. Mögliche Einsatzorte sind zum Beispiel Einkaufszentren oder auch Fitnessstudios. Besucher könnten dort Kurse buchen und Nahrungsergänzungsmittel oder ähnliches bestellen.
Auf eyefactive hat die Corona-Krise noch keine unmittelbare Auswirkungen. Es gibt bei der Hardware keine Lieferengpässe und noch ausreichend Aufträge aus der Zeit vor dem Ausbruch der Pandemie. Wie sich das Geschäft in den kommenden Monat entwickeln wird, ist dagegen wie so vieles ungewiss. Zumindest hat das Unternehmen, bestehend aus 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, schon immer so gewirtschaftet, das es eine gewisse Durststrecke gut überstehen sollte. Seine grundsätzliche Zukunftsfähigkeit beweist es sowieso seit vielen Jahren.
Fotos: eyefactive