Eitel Sonnenschein bei der HEUREKA 2017
Unter den erfolgreichen Digitalkonferenzen gehört die HEUREKA in Berlin zu denen, die auf sympathische Weise überschaubar geblieben sind. Trotzdem war das Programm am 20. Juni so üppig, dass auch der fleißigste Besucher nur einen Bruchteil mitbekommen konnte. Hier ist also unsere kleine Auswahl, ein bisschen durch die Hamburger Brille betrachtet.
Selbstkritik muss man sich auch erstmal leisten können. Mark Hoffmann, Managing Director von Vertical Media, dem Unternehmen, das die HEUREKA dieses Jahr zum sechsten Mal ausgerichtet hat, kann das. Also erinnert er mit einem Augenzwinkern an die nicht ganz so gelungene Webseite aus dem Premierenjahr und die etwas kurzfristige Ankündigung nur zwei Monate vor dem Ereignis. Damals war nur eine einzige Frau als Speakerin dabei. Heute beträgt der Frauenanteil schon 30 %, und für 2019 hat sich Mark die 50 % vorgenommen.
Die Qual der Wahl: volles Programm oder Entspannung bei hochsommerlichen Temperaturen
Nach den einleitenden Worten startete das eigentliche Programm, und damit die Qual der Wahl für die rund 1.000 gemeldeten Besucher. Zwei Bühnen und zwei Workshop-Locations, eine davon in einem Lastwagen, lockten das Publikum, aber da waren auch die vielen Startups, von Food bis Virtual Reality, die auf einer Ausstellungsfläche im Innenhof der Malzfabrik über ihre Produkte und Ideen informierten. Überhaupt, die Malzfabrik: die lädt mit einem Frosch- und einem Badeteich sowie zahlreichen Liegestühlen auch zum Entspannen ein. Bei Hochsommertemperaturen an der Grenze zu „zu heiß“ sowieso.
Der Beitrag von Hubertus Bessau, einem der Gründer von Mymuesli, war in Zeiten des von Hamburg Startups intensiv begleiteten Food-Booms natürlich trotzdem gern erfüllte Pflicht. Gilt das Unternehmen aus Passau doch als absolutes Vorbild für die Szene. Dabei gingen die Gründer 2007 mit ihrem Shop für individuell zusammenstellbare Müslis online, obwohl eine Befragung zuvor ergeben hatte, dass dafür eigentlich gar kein Markt vorhanden sei.
566.000.000.000.000.000.000.000.000 Müslis möglich
Dann waren sie nach zwei Wochen komplett ausverkauft und konnten sechs Wochen lang gar nicht liefern. Kinderkrankheiten. Heute hat Mymuesli zwei Fabriken, über 50 eigene Läden, verkauft in sechs Ländern in vielen, vielen Supermärkten und bietet nach wie vor die Möglichkeit von 566 Quadrillionen Müslikombinationen. Sagt Hubertus, und wir haben ausnahmsweise darauf verzichtet, das nachzurechnen.
Carsten Maschmeyer spricht das Krokodil in uns an
Und dann war der Vormittag auch schon rum. Wir haben bestimmt viele tolle Programmpunkte verpasst, dafür viele bekannte Gesichter aus der Hamburger Startup-Szene getroffen. Ein bekanntes Gesicht hat zweifellos auch Carsten Maschmeyer, und entsprechend voll war der Saal bei seinem Vortrag. Er erklärte, dass Informationen im Gehirn erst durch das limbische System gehen. Das sei schon im Krokodilhirn vorhanden, weshalb ideale Kundenansprache auch urzeitliche Bedürfnisse befriedigen müsse: einfach, klar, nicht bedrohlich, faszinierend und neu müsse jede Botschaft sein. Nüchterne Fakten kämen erst danach.
Nüchterne Fakten sind auch nicht unbedingt das Spezialgebiet von Influencern. Sie verkaufen hauptsächlich über Emotionen und den – zumindest gefühlt – persönlichen Bezug zu ihren Fans. Davon hat Daniel Fuchs auf Instagram 1,2 Millionen, bei Pamela Reif sind es sogar 3 Millionen. Beide erklärten, sich mit der Bezeichnung „Influencer“ gar nicht so anfreunden zu können, und betonten, nur für Produkte und Unternehmen zu werben, mit denen sie sich wirklich identifizieren würden. Ob da ein kleines Startup wie ihres überhaupt eine Chance hätte, fragte aus dem Publikum Ebru Erkunt vom Hamburger Food-Startup Haselherz. Eine definitive Antwort darauf gab es leider nicht.
„Print ist tot“, heißt es zuweilen ketzerisch; das Buch zumindest ist quicklebendig, und zwar überwiegend in gedruckter Form. Bei den E-Books hat in Deutschland die Buchhandlungskette Thalia Pionierarbeit geleistet und war mit dem Tolino früher am Markt als Amazon mit dem Kindle. Das war eine der für manche vielleicht überraschenden Aussagen von Leif Göritz, Vorsitzender des Aufsichtsrates und Gesellschafter bei Thalia, in seinem Interview auf der HEUREKA. Das Unternehmen wechselt gerade von der Telekom zu Kobo aus Kanada, um mit diesem Partner weitere E-Book-Innovationen auf den Weg zu bringen.
Thalia als Partner für Startups
Thalia ist übrigens Gold Partner bei unserem Startups@Reeperbahn Pitch, Leif und sein Kollege Sven Klenner werden dann im Kuratorium und in der Jury vertreten sein. Leif hat sich schon während seiner gesamten Karriere für die Startup-Welt begeistert, auch während seiner Zeit in China oder bei der Boston Consulting Group. Jetzt ist er auf der Suche nach frischen Unternehmen, die zum Geschäftsmodell von Thalia passen. Darüber wird bei Hamburg Startups noch ausführlich zu lesen sein!
Wer statt lesen lieber ins Kino gehen möchte, für den haben wir auch einen Tipp. Am 11. Juli findet im Berliner Zoo Palast die Premiere von „Starting Up USA“ statt. Ein Team von lexRocket, dem Accelerator von Lexware, war vier Wochen lang mit dem Hamburger Gründer Malte Steiert (Foodguide) auf den Spuren des amerikanischen Gründergeists. Mit dem Camper ging es von San Francisco quer durchs Land bis nach New York. Er habe die „Produktivität förmlich auf der Straße schmecken“ können, beschrieb uns Malte seine Eindrücke, als wir ihn und das Filmteam auf der HEUREKA trafen. Wenn alles klappt, wird es auch bald eine Kinovorführung in Hamburg geben. Wann, erfahrt ihr rechtzeitig über uns.
Ein Pitch-Wettbewerb schließt die HEUREKA ab
Was fehlt noch zu einer rundum gelungenen Startup-Veranstaltung? Richtig, ein Pitch-Wettbewerb! Am besten gleich ein richtig großer. Über den ganzen Tag verteilt stellten sich 50 Startups 15 Investoren. Die besten vier durften dann vor Publikum ihr Geschäftsmodell in drei Minuten präsentieren. Das Fintech investify mit Sitz in Luxemburg bietet Vermögensverwaltung online. Lindera hat eine digitale Sturzprophylaxe entwickelt. weview ist eine Video-Community, wo Nutzer Produkte empfehlen, die man dort gleich kaufen kann. Dafür gab es den zweiten Preis, zwei Tolinos mit hunderten von Büchern über Entrepreneurship. Eine Teamreise nach Marrakesch schließlich schnappte sich 3DQR, dessen App es ermöglicht, sich Augmented Reality-Inhalte per QR-Code auf das Smartphone zu holen.
Der Rest war dann Dank an das vielköpfige Organisationsteam und Party bei nach wie vor feinstem Sommerwetter. Das zwischenzeitlich angekündigte Gewitter blieb aus, und so gab es bis spät in den Abend die Gelegenheit, auf der Dachterrasse kühle Getränke zu genießen und neue Kontakte zu knüpfen. Der Termin für die nächste HEUREKA steht auch schon fest: Am 12 Juni 2018 ist es wieder soweit – wir sehen uns in Berlin!
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