Eindrücke vom ChefTreff 2022
Am 6. Mai konnte nach langer Pause wieder der ChefTreff stattfinden. Dieses Jahr zum ersten Mal in der Handelskammer Hamburg. Das Ziel der Veranstaltung war es, von erfolgreichen Persönlichkeiten und Gründer*innen zu lernen, und die kamen aus den verschiedensten Bereichen: Banking, E-Commerce, B2B und vieles mehr. Vor allem auf der Founder Stage kamen zahlreiche Gründer*innen zu Wort und sprachen über ihre Erfahrungen und Learnings. Wir haben hier einige Tipps zusammengefasst.
Way to Entrepreneurship – How to become a Founder
Im ersten Talk auf der ChefTreff Founder Stage kamen Mimi Sewalski (MD Avocadostore), Niels Müller-Wickop (CEO JoinMyTrip) mit Jannis Grube (PwC Next Level) ins Gespräch. Hier ging es ums Gründer und Gründerin sein, wie man schwierige Entscheidung trifft und sich das richtige Feedback einholt. Denn als Gründer*in kann man nicht in allen Feldern Expertise haben, deshalb sollte man nicht davor scheuen, ab einem gewissen Punkt neuen Mitarbeiter mit den entsprechenden Kenntnissen einzustellen. Wer versucht, sich überall gleichzeitig zu erneuern und besser zu werden, riskiert früher oder später von der Konkurrenz überholt zu werden.
Zum Ende des Talks gab es noch ein paar ganz praktische Tipps von dem Trio:
- Gespräche unter vier Augen sind viel wert und sollten nicht unterschätzt werden.
- Ein Netzwerk sollte man sich nicht nur in der eigenen Bubble aufbauen. Der Blick von außen kann häufig eine neue Perspektive bringen.
- Hat man ein solides Umfeld geschaffen, sollte man auch auf den Rat und das Feedback hören.
How to change the world with Money – Tomorrow
Fintechs gibt es immer mehr, aber wie nachhaltig oder sozial sind die? Jakob Berndt, der Co-Founder von Tomorrow und LemonAid, gibt im zweiten Talk auf der kleinen Founder Stage zunächst einen Überblick über seinen Werdegang und dann einen kurzen Einblick in den Finanzsektor selbst. Mit dem Zitat „Money makes the world go wrong“ erklärt er, dass der Finanzsektor verstärkt in Öl und die Rüstungsindustrie investiert und oft alles andere als sozial oder nachhaltig geprägt ist. Bevor er mit seinen Co-Foundern Tomorrow gründete, wusste er selbst eher wenig über den Finanzbereich. Den Begriff „Fintech“ musste er vor dem ersten gemeinsamen Kaffee deshalb erstmal googlen.
Mit der Tomorrow Bank soll eine Alternative zur klassischen Hausbank gestellt werden. Die Kundeneinlage wird nur in nachhaltige Investments gegeben. Um dies zu gewährleisten, hat Tomorrow einen Impact Council aus Expertinnen und Experten, die Portfoliooptionen jeweils nach bestimmten Kriterien prüfen. Jakob unterstreicht dabei, wie wichtig ein gutes Produkt und Convenience sind. Es reicht nicht aus, Menschen nur von der guten Sache zu überzeugen, sondern die Produktperformance muss stimmen. Aber auch Transparenz und die User Experience sollten in den Fokus gerückt werden. Tomorrow tut das unter anderem mit einem Trelloboard, in dem Kunden Kommentare zum aktuellen Content hinterlassen können.
Zum Schluss gibt Jakob noch zu bedenken, ob der Unicorn-Status als Erfolgskriterium für Startups immer sinnvoll sei. Er schlägt Zebras als Alternative vor, die mit den schwarzen und weißen Streifen für eine Mischung aus Profit und Purpose stehen sollen. Er ermutigt deshalb, zum Zebra-Chef zu werden. Bei Einhörnern können man sich nämlich nicht so sicher sein ob sie real sind. Bei den Zebras aber schon.
100% Anteile behalten – Haiilo
Jan Marquardt, der Gründer vom B2B Startup Haiilo, sprach bei ChefTreff über das Gründen ohne Fremdfinanzierung. Er ist nämlich Fan davon keinen Chef zu haben und auch wenig Kontrolle nach außen abzugeben. Außerdem kosten Finanzierungsrunde, Pitches, Board Meetings und regelmäßiges Reporting eine Menge Zeit. Er regt dazu an, sich mit alternativen Finanzierungsmöglichkeiten wie Bankdarlehen, Kreditlinien oder Debt Funds auseinanderzusetzten, um wirklich die beste Option für sich und sein Startup zu finden.
Haiilo hat mittlerweile etwa 300 Mitarbeiter*innen und konnte bereits Kunden wie die Telekom und die Deutsche Bahn gewinnen. Dafür mussten manchmal auch schon leichte Grauzonen ausgenutzt werden, aber Jan rät zu Mut und Durchhaltevermögen. Denn manchmal sollte man auch etwas wagen. Folgende Punkte, sollte man beachten, wenn es ohne Fremdfinanzierung klappen soll:
- Sorgt für regelmäßigen Cashflow
- Produktentwicklung bezahlen lassen
- Growth Hacking!
- Fixkosten wo immer möglich vermeiden
- Zahlungsbedingungen optimieren
Hamburg to Silicon Valley – Localyze
Hanna Asmussen berichtet über den schwierigen Weg als Gründerinnen-Trio und mit welchen Vorurteilen sie und ihre Co-Gründerinnen Lisa Dahlke and Franziska Löw zu kämpfen hatten oder teilweise noch haben. Zum Glück haben sie sich nicht beirren lassen, sondern all ihre Energie in das Startup Localyze gesteckt. Die entwickelte Software erleichtert den internationalen Recruiting Prozess und wird als SaaS vertrieben. Hanna berichtet, dass im Jahr nach der offiziellen Gründung das Team in das bekannte Y-Combinator Accelerator Programm im Silicon Valley aufgenommen wurde. Dadurch konnte sie mit ihren Mitgründerinnen einen dreimonatigen Deep Dive absolvieren und am Ende vor zahlreichen Investoren pitchen. Localyze konnte überzeugen und erstes Kapital sichern.
Auch von starken Umsatzeinbrüchen aufgrund von Corona ließ sich das Team nicht stoppen. Nachdem in kürzester Zeit 80% der Einnahmen weggebrochen waren, musste sich das Startup neu aufstellen und weiter durchhalten. Mit Erfolg! Erst vor kurzem konnte Localyze erfolgreich eine Series-A-Runde in Höhe von 12 Millionen US-Dollar abschließen. Hanna gibt zum Schluss ihres Talks noch ein paar Tipps und Buchempfehlungen mit:
- Haters gonna hate – aber man sollte nicht immer auf sie hören
- Krisen können auch Chancen sein
- It’s a marathon not a sprint – es wird nie einfach, deshalb brauch man viel Durchhaltevermögen
- Mentor*innen suchen und mit ihnen 30min Gespräche zu konkreten Themen führen
- Buchtipp: The five dysfuntions of a Team von Patrick Lencioni und Never Split the Difference von Christopher Voss und Tahl Raz
Beitragsbild: Die Mainstage bei ChefTreff
Fotos: Katrin Schurz