Doreen Hotze von der Handelskammer über die Gründungswerksatt: „Das ist einmalig.“
Die Handelskammer Hamburg bietet eine Reihe von Serviceangeboten für Gründerinnen und Gründer. Eines davon ist die Gründungswerkstatt, die gerade auf den neuesten Stand gebracht wurde. Im Interview erklärt uns Doreen Hotze, stellvertretende Geschäftsführerin der Handelskammer Hamburg und Leiterin des dortigen Gründungszentrums, was die Gründungswerkstatt (GWD) zu bieten hat. Darüber hinaus hat sie noch eine Menge toller Tipps für Startups parat!
Liebe Doreen, kannst du uns bitte erklären, was die Gründungswerkstatt ist?
Die Gründungswerkstatt ist die sichere Plattform zur Umsetzung einer Geschäftsidee. Mit der Gründungswerkstatt können Gründer und Gründerinnen bundesweit und gemeinsam im Team mit anderen Gründern an ihrer Gründungsidee arbeiten und kommunizieren. Dabei werden Sie kompetent und persönlich auf Wunsch durch einen Experten der IHK unterstützt. Auch das Teilen von Canvas, Businessplan, Finanzplan oder Dokumenten mit einem Berater, einem Wirtschaftsprüfer oder einer Bank beziehungsweise einem Investor ist möglich. So haben Jungunternehmer stets alles Notwendige an einem Ort.
Die Gründungswerkstatt Hamburg unterstützt seit 2006 Gründungswillige und Jungunternehmen bei der Planung und Umsetzung ihrer Geschäftsidee. Es verbindet die Vorteile der digitalen Welt sowie persönlicher Beratung und unterstützt damit Unternehmensgründer sowie deren Berater entlang des Prozesses. Auch findet man in der Gründungswerkstatt Hamburg Informationen, Gründernews oder andere Angebote und Services.
Gerade ist für Hamburg eine neue Version der Gründungswerkstatt online gegangen. Wie ist die entstanden und wie unterscheidet sie sich von der alten Version?
Nun die alte GWD nähert sich ihrem 15. Geburtstag. Und das sah man eben auch. Die Wünsche und Bedarfe der heutigen Gründerinnen und Gründer haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Das merken wir immer wieder in persönlichen Gesprächen. Grund und Anlass genug, das alte System komplett neu aufzustellen.
Es gibt diverse Beratungsplattformen für Gründerinnen und Gründer im Internet. Was macht die Gründungswerkstatt so besonders?
Die neue GWD hat eine sehr intuitive und moderne Benutzerführung und erlaubt es eben, ganz einfach und ohne Registrierung auch externe Partner in den eigenen Gründungsprozess einzubinden. Auch können Teamgründer gleichzeitig an einem Businessplan arbeiten, sich Aufgaben definieren und zuweisen – eben wie in einem echten Projektmanagement. Das ist einmalig. Kein anderes Tool bietet die Möglichkeit zum kollaborativen Arbeiten. Teamgründungen – egal von wo auf der Welt – sind sehr einfach umzusetzen.
Ein weiterer USP ist, dass die Gründer bei Bedarf eben ihren neutralen IHK-Berater interaktiv in das Projekt einbinden und befragen können.
Die Gründungswerkstatt kann sich auch mithilfe des Feedbacks der Nutzer ständig weiterentwickeln. Was ist für die Zukunft geplant?
Heute sieht man die erste Ausbaustufe. In vielen Workshops mit Gründerinnen und Gründern haben wir nachgefragt und genau zugehört, was sie heutzutage brauchen und suchen. Das Ergebnis wird man dann aber erst in Phase 2 sehen, die circa Ende 2019 starten wird. Seid gespannt, was wir noch alles mit der GWD vorhaben! Ziel ist es, das modernste digitale Gründertool in Deutschland zu werden. Wir sind auf einem sehr guten Weg dahin. Und viele Partner (IHKs und HWKs) in Deutschland gehen diesen Weg mit uns gemeinsam. Inspirationen bekommen wir daher von allen Unternehmensgründern in Deutschland und aus unseren Offlinekontakten vor Ort. Natürlich freuen wir uns auch über direkte Anregungen, die die Nutzer über den Support einspeisen. Aufgrund unserer flachen Struktur sind wir in der Lage, Feedbacks in ganz kurzer Zeit einzubauen und umzusetzen.
Zum Schluss vielleicht noch ein paar Tipps für angehende Gründerinnen und Gründer: Welchen Anfängerfehler sollten sie unbedingt vermeiden? Und was beim Start ihres Unternehmens unbedingt beachten?
Oha, dazu könnte ich stundenlang etwas sagen. Aber ich versuche mal ein paar wesentliche Aspekte zu nennen.
- Man sollte sich immer Expertenrat zu Hilfe ziehen, dazu gibt es viele Angebote in Hamburg, nicht zuletzt auch im Gründungszentrum der Handelskammer. Man kann am Anfang viele Schritte in der falschen Reihenfolge tun. Das kann fatale Auswirkungen haben. Auch sollte ein Businessplan immer mit einem Fachmann besprochen werden, bevor er beim Finanzierungspartner landet. Wir prüfen diesen beispielsweise auf Herz und Nieren, insbesondere die Plausibilität der Zahlen, das Verständnis und die Vollständigkeit.
- Viele Gründer schwärmen von ihrer Idee, was auch gut ist, Aber: Nicht die eigenen Wahrnehmungen sind entscheidend, ob ein Produkt erfolgreich ist. Nehmt stets den Kunden in den Fokus der Betrachtung. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler!
- Gründern fehlt es immer an den Ressourcen Zeit und Geld. Ein genaues Verständnis der eigenen Prioritäten ist essenziell, wenn eine Gründung Erfolg haben soll.
- Baut ein Netzwerk auf! Kontakte schaden nur dem, der keine hat! Niemand kann ein erfolgreiches Unternehmen ganz allein erschaffen. Gerade in der Anfangsphase sollte man Veranstaltungen besuchen, um sich und das Produkt bekannt zu machen. Nutzt daher jede sich bietende Gelegenheit zum Netzwerken. Auch Hamburg Startups hat dazu viele spannende Formate.
- Oft starten Gründer direkt mit einer GmbH. Diese Rechtsform ist gerade zu Beginn sehr teuer und mit bürokratischem Aufwand versehen. Hier sollte genau überprüft werden, ob und zu welchem Zeitpunkt dies erfolgt, schließlich kann man das Unternehmen auch später noch von einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umwandeln. Gerade wenn hohe private Investitionen zu Beginn erfolgen und die Marktreife vielleicht erst viel später erfolgt, können GmbHs mit dem Start bereits bilanziell überschuldet sein. Ein Problem bei der weiteren Finanzierung. Daher gilt es, die Rechtsformwahl gründlich zu überdenken und steuer- und zivilrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.
- Mit dem Start in die selbstständige Tätigkeit beginnt die Anlaufphase des Unternehmens. Gerade in dieser Zeit ist es notwendig, genügend Reserven zu besitzen, um Liquiditätslücken aufgrund geringerer Umsätze zu schließen. Bei der Aufstellung des Finanzplanes müssen diese Reserven sowie weitere Gründungskosten, Anschaffungskosten und eventuell Wachstumskosten in ausreichendem Maße beachtet werden. Eine nachträgliche Finanzierung aufgrund von nicht beachteten Anschaffungen oder nicht kalkulierter Risiken schwächt auch die Position gegenüber dem Finanzierungspartner. Und bitte auch die eigenen Lebenshaltungskosten mit einkalkulieren.
- Stets die Zahlen im Blick haben! Buchführung, Kostenrechnung oder Preisgestaltung gehören zum Alltag jedes Unternehmens.
- Auf dem Weg nach oben gilt es zahlreiche Hürden zu überwinden, die Arbeitstage sind oft lang, und Rückschläge gehören für fast jeden dazu. Es türmt sich oft ein Berg von Aufgaben auf. Ohne Ausdauer und Beharrlichkeit kommt man nicht weit. Wenn die Augen am Anfang nicht leuchten und wer nicht für seine Idee Feuer und Flamme ist, wird es oft schwierig haben, am Ball zu bleiben, wenn es mal nicht so richtig rund läuft. Bei aller Leidenschaft zur eigenen Idee sollte diese jedoch vorher auf Chancen abgeklopft werden. Gibt es einen Markt für das Produkt? Löst meine Idee ein Problem oder bietet sie einen echten Mehrwert im Gegensatz zu bereits existierenden Lösungen? Das Produkt sollte möglichst schnell am Markt getestet werden. So kann das Feedback wichtige Impulse zur Weiterentwicklung geben. Viele Gründer begehen den Fehler, zu lange und bis ins kleinste Detail am Produkt zu feilen, statt es früh ins Rennen zu schicken.
- Wer als Team startet, sollte definitiv einen Gesellschaftsvertrag aufsetzen. Dieser muss alle Eventualitäten regeln, gerade wenn später Probleme auftreten oder Unstimmigkeiten bestehen. Er regelt etwa die Anteile am Unternehmen, die Verteilung der Aufgaben und möglicher Gewinne oder eventuelle Ausscheideregelungen. Ein Mustervertrag kann zwar Hilfe bieten, muss aber in jedem Fall an die Situation des Unternehmens angepasst werden. Hier ist es ratsam, einen Fachmann hinzuzuziehen. Dieses Geld ist gut investiert.
Vielen Dank für das Interview!