Die SXSW – ein digital-kreatives Gipfeltreffen – Gastbeitrag von Hartmut Giesen
Es gib zwei Hauptgründe und einige Nebengründe, um die South by Southwest (SXSW) in Austin, Texas, zu besuchen – unabhängig davon, ob man für ein Startup oder, wie in meinem Fall, für ein Corporate wie die Sutor Bank unterwegs ist (digitale Dienstleister und Berater jetzt einmal beiseite lassend): Um
- zu erfahren, wo vorne in der digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft ist.
- Networking auf höchstem Niveau zu betreiben.
Die SXSW ist das zweiwöchige Frühlings-Konferenz-Festival der digital-kreativen Avantgarde. Es setzt sich aus den Teilen Interactive, Film und Music zusammen – und schon dies ist einer der spannenden Aspekte: Das Digitale bringt hier Unternehmer und Künstler, alle, die sich kreativ zwischen diesen Polen bewegen, zusammen.
Speziell die SXSW Interactive in der ersten Woche ist einer der wichtigsten Treffpunkte von Entrepreneuren, Vordenkern und Akteuren der internationalen digitalen Avantgarde. Ihren Ruf als einer der wichtigsten Digital-Konvente verdankt die SXSW den Unternehmen, die hier ihre öffentlichen Premieren zelebrierten. Dazu gehörten etwa Facebook, Twitter, AirBnb oder Uber.
Hauptgrund 1: Ideen, Wissen & Gurus
Die SXSW ist eine der günstigsten Gelegenheiten, außerhalb des Silicon Valleys auszukundschaften, wo sich und was die digitale Spitze bewegt. Was gibt es schon? An was wird gerade gearbeitet? Wie sehen die Vordenker diese oder jene Entwicklung?
Wer verorten möchte, wo er mit seiner digitalen Startup-Idee oder Innovation steht oder wer noch auf der Suche nach der richtigen Idee ist, findet auf der SXSW Antworten auf seine Fragen. Das Themenspektrum ist dabei so breit wie die alle Lebensbereiche erfassende Digitalisierung selbst: von Food bis Fashion, vom Connected Car bis zu Creative Cities und sehr viel dazwischen.
Von Pitches lernen
Sowohl für Startups als auch für Corporates gehören die Pitch-Wettbewerbe, vor allem der SXSW Startup Accelerator, zum Pflichtprogramm. Hier werden bereits vorausgewählte Ideen präsentiert und es lässt sich live erleben, wie man vor Investoren sein Startup innerhalb von wenigen Minuten „wertvoll“ präsentiert. So gewinnt man unschätzbare Einsichten, um die eigene Startup-Idee zu bewerten, sie in diesem Licht zu modifizieren oder mit einer ganz neuen Idee nach Hause zu kommen. Corporates sehen, welche Startups mit welchen Geschäftsmodellen zurzeit unterwegs sind, können die eigenen Initiativen einschätzen, gezielt innovieren oder nach innovativen Partnern suchen.
Herausforderung Wissen
Eine Hauptherausforderung bei der Zusammenstellung eines eigenen Sessionsplans ist die unermessliche Fülle an Veranstaltungen, die ein katalogdickes Programm füllen. Egal in welchem Vortrag man gerade sitzt, man hat immer das Gefühl, ungefähr fünf ebenso wichtige zu verpassen. Deshalb gilt es, schon vor der SXSW Prioritäten zu setzen und sich einen groben Plan zusammenzustellen. Fängt man damit erst vor Ort an, dauert schon allein das Studium der Alternativen pro 90-min-Slot länger als der Slot selbst. Dabei sollte der Plan nicht zu dicht sein: Die SXSW bespielt ganz Austin Downtown, entsprechend lang sind die Wege; auch einzukalkulieren sind ebenso lange Schlangen vor den Sessions mit Prominenten-Beteiligung. Außerdem sollte genügend Zeit bleiben, sich (thematisch) treiben zu lassen und Networking zu betreiben.
Hauptgrund 2: Networking in alle Richtungen
Auf der SXSW gibt es eine Mengen Menschen kennenzulernen, zu denen man sonst nur schwer Zugang findet: Unternehmer, Kreative, Investoren, Journalisten und viele Leute, die wiederum jemanden kennen – und alle sind auf Networken „gepolt“.
Natürlich kann man interessante Menschen auch auf den Gängen spontan zwischen den SXSW-Sessions und abends auf den diversen Partys kennenlernen (sollte man auch tun). Für wen das Networking allerdings zu einem der SXSW-Hauptgründe gehört, sollte einen systematischeren Ansatz wählen; vor allem, wenn man nicht zu den geborenen Networkern gehört.
Networking via Social Media
Die erste systematische Kontaktmöglichkeit bietet die SXSW selbst. Über die App Social.SXSW, in der viele Teilnehmer gelistet sind, kann man mit Suchwörtern gezielt nach potenziellen Gesprächspartnern suchen und sie gleich kontaktieren. Auch auf Twitter oder Facebook lassen sich viele Teilnehmer ausfindig machen. Auf Twitter wird vor und während Konferenz mit den verschiedenen Hashtag-Kombinationen rund um #SXSW gepostet; auf Facebook gibt es diverse, auch deutsche Gruppen, die sich der SXSW widmen. Umgekehrt kann man sich mit eigenen Social-Media-Postings selbst als interessanten Network-Partner positionieren und neue Follower oder Friends eventuell gleich in Austin treffen.
Reisegruppen-Kontakte
Die besten Chancen zum Networken vor Ort ergeben sich über eine der sich vermehrenden deutschen „SXSW-Reisegruppen“. So schicken die Bundesländer „Delegationen“ nach Texas, um dort ihre Kreativ- und Digital-Wirtschaft zu präsentieren, wie Hamburg das etwa mit Hamburg@SXSW sehr erfolgreich tut. Auch weniger formale Reisegruppen finden sich zusammen: So gibt es in Austin schon länger eine deutsche Wohngemeinschaft im German Folks House oder eine eigene IT-Gruppe unter dem Namen IT-Kraut . Über diese Gruppen lässt sich schon mal eine solide Networking-Basis bauen: man lernte alte SXSW-Hasen kennen, die einem Kontakt-Hotspots zeigen können, hat bereits Einladungen zu der ein oder anderen Abendveranstaltung bekommen und weiß vor allem, wo und wann diese stattfinden.
Investoren finden
Wer speziell auf Investoren-Suche ist, ist auf der SXSW grundsätzlich richtig, weil die wichtigen VC und Corporates vor Ort sind. Mit ihnen ohne Termin oder Teilnahme an einem der offiziellen Startup-Wettbewerbe in Kontakt zu kommen, ist jedoch schwierig – denn das möchte so ungefähr die Hälfte der Teilnehmer auch. Nach Veranstaltungen mit Investoren auf dem Podium stürmt das Publikum nach vorne, versucht Visitenkarten in Geld gebende Hände zu drücken und Mini-Pitches loszuwerden.
Deutsche Startups auf Investorensuche können sich z. B. beim deutschen Wettbewerb German Startup Engine bewerben, um sich in Austin offiziell zu präsentieren (Ansprechpartner in Hamburg: Hamburger Startups).
Deutsches Networking in den USA
Es liegt nicht auf der Hand, aber auch – vielleicht sogar gerade – deutsches Networking lohnt sich auf der SXSW. Denn dort sind etwa die Späher von Großunternehmen, deutsche Investoren oder die digitalen Korrespondenten wichtiger Medien unterwegs. Und viele der rund 500 deutschen Teilnehmer treffen sich in kommunikationsfreudiger Klassenausflugsstimmung an einigen zentralen Stellen wie im German Haus oder den Reeperbahn Burgers von Hamburg@SXSW. Dort kann man dann Ansprechpartner erwischen, die in Deutschland kaum zu fassen sind.
Nebengrund 1: Teil der Bewegung sein
SXSW ist Silicion Valley on Tour. Wer den Nach-Vorne-Optimismus und Fortschrittsglauben des „Valley“ mag, wird sich hier wohlfühlen. Wer ihn noch nicht live erlebt hat, wird ihn fühlen und sich als Teil davon fühlen. Wer diesem Business- und Lifestyle kritisch gegenüber steht, hat hier die Chance, ihn in freier Wildbahn zu beobachten.
Nebengrund 2: Spaß haben; Party machen
Die SXSW macht ganz Austin Downtown zum Konferenz- und Festivalgelände, abends zur Partymeile. Auch ohne SXSW gilt Austin als Stadt der (Independent-) Musik. Während der SXSW beginnt die Stadt nach 18 Uhr zu vibrieren und es gibt buchstäblich keinen Ort, an dem nicht die Musik von mindestens zwei Events zu hören ist; auch schon während der SXSW Interactive. An der Raiyney-Street reihen sich Blockhäuser aneinander, in denen jeden Abend Partys geschmissen werden oder temporäre Clubs entstehen; mit allerdings rekordverdächtigen Schlangen davor und/oder nur auf Einladung zugänglich.
Nebengrund 3: Gutes Preis-Leistungsverhältnis
Verglichen mit anderen Konferenzen hat die SXSW ein günstiges Preis-Leistungsverhältnis. Das Interactive-Badge ist bereits ab 1000 Dollar für die komplette Woche erhältlich. Wenn man bedenkt, dass die zweitägige, ähnlich hochkarätig besetzte DLD 3000 Euro aufruft und auch die diversen Handelsblatt-, Euroforum- oder Management-Circle-Veranstaltungen Preise in dieser Höhe verlangen, ist die SXSW ein echtes Schnäppchen, selbst wenn man die Reisekosten einrechnet.
Fazit: Jeder Digital- und/oder Kreativ-Profi sollte mindestens einmal in seiner Karriere auf SXSW gewesen sein – die Investition lohnt sich immer, und es sei es nur für eigene Erlebnis-Chronik und für sich festzuhalten, „und ich bin dabei gewesen“.
Über Hartmut Giesen
Hartmut Giesen, Gründer & Geschäftsführer der NextFin GmbH, unterstützt die Sutor Bank bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle. Dazu gehören die Entwicklung und der Ausbau der Sutor Startup-Plattform für Fintech-Gründungen sowie das Business Development und die Kommunikation für die Startup-Plattform.
Über seinen Tweet, den eigenen Next-Finance-Blog und Fachmagazine publiziert Hartmut Giesen regelmäßig über Fintech-Themen und berichtet von den wichtigen Konferenzen der Branche.
Von 1995 bis 2002 hat Hartmut Giesen die Technologie-Marketing-Agentur TEMA AG mit aufgebaut. Aus seiner Vorstandspositionen heraus macht er sich selbstständig und startete 2003 die auf IT und High-Tech konzentrierte Content-Marketing-Agentur und –Beratung Publizistik Projekte. 2013 gründete er aus der Zusammenarbeit mit der Sutor Bank heraus die NextFin GmbH.
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