Die Löwen dealen sich gesund
Ob Öle als Mundspülung, gekeimtes Getreide oder Zucker aus Kolumbien – sobald etwas gesund sein und in Mengen verkauft werden könnte, zücken die Löwen ihr Notizbuch und rechnen sich ihre Gewinnchancen aus. Mit Schnullerautomaten und Rattenstoppern ist dagegen kein Deal zu machen. Neue Geschichten aus der Welt der Dinge, auf die wir dringend gewartet haben – oder auch nicht.
ELIXR Zieht mit Öl Deal an Land
Ölziehen nennt sich eine jahrtausendealte ayurvedische Methode, der man nachsagt, gesund und schön zu machen. Ihre Wirksamkeit ist allerdings bis heute größtenteils nicht nachgewiesen. Angeblich soll das so um die zehn Minuten im Mund herumgeschlotzte Speiseöl Giftstoffe aufnehmen, dann muss man die kontaminierte Brühe ausspucken. Für die Mundhygiene kann das tatsächlich Vorteile bringen, aber herkömmliches Mundwasser leistet das ebenfalls. Besonders lecker ist pures Öl auch nicht, doch das ändert sich jetzt mit ELIXR, dem Produkt, mit dem Jenny und Philipp Rathgeber überzeugen wollen. ELIXR gibt es in drei Sorten: Energy, Harmony und Purity. Schmecken angenehm, finden die Löwen, schlucken trotzdem verboten.
Fassen wir kurz zusammen: Das Zeug braucht eigentlich kein Mensch, landet spätestens nach zehn Minuten Spülen im Ausguss und kostet, Stand heute, 14,95 Euro für 200 ml. Ist das ein Investment wert? Jawohl, meinen Ralf Dümmel und Carsten Maschmeyerauf der einen und Judith Williams auf der anderen Seite. Zwischen den beiden Parteien entsteht ein kleines Wettbieten, am Ende sind jeweils 150.000 Euro für 25 % zu holen. Die Entscheidung fällt zugunsten von Williams aus, die von Anfang an die Favoritin war.
binkybox: Männer, die an Schnullern ziehen
In die Kategorie „Dinge, auf die die Welt nicht unbedingt gewartet hat“, fällt auch die Erfindung von Sebastian Stahl. Der Vater von zwei Kindern hat die leidvolle Erfahrung gemacht, dass sein Nachwuchs mit Schnullern recht sorglos umgegangen ist und bevorzugt nachts Nachschub herbeigeschrien hat. Sein Schnullerspender binkybox löst dieses durchaus nervenzehrende Problem. Das Gerät ist buchstäblich kinderleicht zu bedienen, wie ein Video zeigt. Und auch die ausschließlich männlichen Löwen bei diesem Pitch kommen mit der binkybox klar und ziehen sich ein paar Schnuller.
Nett ist das und süß und wahrscheinlich nicht der große Kassenknüller. Ganze 15 Stück waren zum Zeitpunkt der Aufzeichnung verkauft worden. Ein todsicher skalierbares Geschäft sieht anders aus. Keine Überraschung also, das der erhoffte Deal ausbleibt. Bitter für den Gründer, der schon 250.000 Euro in den Schnullerspender reingesteckt hat, 125.000 davon auf Pump. Da sind die Löwen baff und ein bisschen bang, ob sich da nicht jemand mächtig verhoben hat.
Bei Keimster geht die Saat auf
Möchte man seine Gesundheit einem Startup namens Keimster anvertrauen? Schließlich löst der Begriff „Keime“ keineswegs nur positive Assoziationen aus. In diesem Fall sind aber keine Krankheitserreger gemeint, sondern gekeimte Getreidekörner, die angeblich mächtig gesund sind und mehr Nährstoffe enthalten als ungekeimte. Wie fast immer ist sich da die Wissenschaft nicht ganz einig, aber wir lassen das mal so stehen. Den Gründern Michael Gebhardt und Erik Renk ist es jedenfalls gelungen, die Keimlinge länger haltbar zu machen und in Müslis zu verarbeiten.
Gute Verkäufer sind sie allerdings nicht, weshalb Judith Williams, die sich bei dem Thema auskennt, die meiste Aufklärungsarbeit leisten muss. Ihre Zahlen zur Marge haben sie auch nicht gleich parat, außerdem fallen diese ziemlich dürftig aus. Dafür ist die Eigenbewertung mit zwei Millionen Euro recht sportlich. Ein eher verkorkster Pitch, schlechte Zahlen und ein erklärungsbedürftiges Produkt – will da jemand einsteigen? Ralf Dümmel und Dagmar Wöhrl wollen und bieten jeweils 300.000 Euro für 30 %. Die Regale schlagen die Hotels und der Deal geht an Dümmel.
no rats on board – und auch kein Löwe
Ratten verlassen bekanntlich sinkende Schiffe. Dafür müssen sie zuvor allerdings irgendwie an Bord gekommen sein. Ein beliebter Weg führt über die Seile, mit denen Boote im Hafen festgemacht werden. Um das zu verhindern, gibt es Scheiben, die rund um ein Tau befestigt den Zugang unmöglich machen. Ein besonderes Exemplar hat das Schweizer Familien-Startup no rats on board mitgebracht. Dieser Rattenstopper kann zwei Seile gleichzeitig schützen und dreht sich bei Berührung, sodass die Ratte den Halt verliert und ins Wasser plumpst. Dagmar Wöhrl argwöhnt, dass das arme Tier dann ertrinken müsse. Sicher ist das aber nicht, Ratten sind zäh und clever und sollten mit etwas Glück das Malheur gesund überstehen.
Derartige Bedenken haben die anderen Investoren sowieso eher nicht. Sorgen bereiten ihnen vielmehr die Verkaufszahlen. Bisher gab es nur bei Messen ein paar Abnehmer, im Onlineshop lief kaum etwas. In Singapur, das einen der größten Häfen der Welt hat, seien die Teile Pflicht, kommt als ein Argument für das vermeintlich große Absatzpotenzial. Aber wer von den Löwen kennt sich schon so richtig auf dem südostasiatischen Markt aus? Daher hat der Rattenstopper auch auf sie die Wirkung, hier lieber nicht an Bord zu gehen.
Alles Zucker bei GUATIVA
Den in der Sendung genannten Firmennamen „DE CAÑA– Panela“ muss man sich nicht merken, denn inzwischen verkauft Anna Elisabeth Segovia ihren unraffinierten Zucker unter der Marke GUATAVITA de Colombia. Das Produkt stammt also, wie die Eltern der Solopreneurin, aus Kolumbien und ist, vereinfacht gesagt, getrockneter Zuckerrohrsaft. Das hellbraune Pulver, Panela genannt, schmeckt leicht nach Karamell und ist natürlich ganz besonders gesund im Vergleich zu herkömmlichem Industriezucker. Ähnliche Fälle hatten wir heute schon.
Nicht alle Löwen überzeugt der Geschmack und der Verkaufspreis ist vergleichsweise hoch. Trotzdem wollen gleich drei Investoren auf das Angebot von 200.000 Euro für 25 % eingehen. Georg Kofler und Ralf Dümmel kabbeln sich kurz darüber, ob Einzelhandelsmacht oder Social Media-Kompetenz das bessere Argument ist. Dagmar Wöhrl bringt überraschenderweise ihr Familienunternehmen ins Gespräch und macht noch einmal Werbung für sich, als Anna schon mit ihrem Mann telefoniert hat. Das spricht das Bauchgefühl der Gründerin an und gibt den Ausschlag. Ralf Dümmel is not amused.
Fotos: TVNOW / Bernd-Michael Maurer