Die Knallköppe bringen den Einzelhandel in Schuss
Ist man bekloppt, wenn man sich für die Stärkung des lokalen Einzelhandels einsetzt? Ganz sicher nicht, aber ein bisschen verrückt zu sein, kann in diesem Fall auch nicht schaden. So sehen das zumindest die Knallköppe, die eine Plattform bieten zum Ideenaustausch, um die Lieblingsläden um die Ecke zu unterstützen. Ein erstes Ergebnis ist eine Corona-Schutzmaske mit eingebautem Teebeutel.
Manche sind während der Corona-Krise auf neue Ideen gekommen, andere haben schon länger gärende Ideen endlich in die Tat umgesetzt. Letzteres trifft auf die Knallköppe zu. Paula Lilli Jane Giese und Mathis Christopher Benthin arbeiten beide bei der Unternehmensberatung UNITY, die sich Innovation und Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben hat. Kreativität spielt dabei natürlich auch eine Rolle. Die ließe sich doch auch in anderen Bereichen einsetzen, fanden Paula und Mathis, und dachten dabei an die Lieblingsläden aus ihrem Kiez.
Der lokale Einzelhandel ist ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität in Innenstädten, hat es jedoch gegen die großen Handelsketten und Online-Shops zunehmend schwerer. Die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie mit der vorübergehenden Schließung ganzer Geschäftsbereiche und den nach wie vor bestehenden Einschränkungen verschärfen die Lage noch. Jetzt ist also der beste Zeitpunkt für die Knallköppe, mit ihrer Open Innovation Plattform loszulegen. Das gerade entstehende Netzwerk funktioniert dabei auf mehreren Ebenen.
Über Instagramm kann jeder seine Ideen einbringen
Der schnellste Weg zu frischen Ideen führt über das Intstagram-Profil der Knallköppe. Dort suchen aktuell zum Beispiel ein Pilzverkäufer und eine Blumenhändlerin nach Vorschlägen, wie sie neue Kunden gewinnen und ihre Umsätze steigern können. Alle, denen dazu etwas einfällt, können direkt ihre Antworten posten. Niemand muss sich dafür irgendwo bei Knallköppe anmelden und Mitglied werden.
Wer sich stärker engagieren will, kann aber auch die Patenschaft für einen Laden oder ein Viertel übernehmen und auf das Projekt aufmerksam machen. Gesucht sind außerdem Leute, die ihr Fachwissen und ihre Kreativität als Expertinnen und Experten einbringen möchten. Welche Formen der Organisation und Interaktion daraus entstehen sollen, ist nicht streng festgelegt. Alles ist im Fluss und soll es auch bleiben, aber ein Ziel ist sicherlich, dass die Läden aus der Nachbarschaft sich stärker vernetzen und gemeinsam Konzepte entwickeln, die allen Beteiligten nützen.
Der erste Fall für die Knallköppe: die AroMaske
All das soll über die Corona-Krise hinaus und unabhängig von ihr wirken, doch die erste in die Tat umgesetzte Idee hat dann doch unmittelbar mit ihr zu tun. Bekanntlich herrscht in allen Geschäften Maskenpflicht, und unter einem solchen Mund-Nasen-Schutz ist die Luft nicht unbedingt die frischeste. Wie wäre es also, das Tragen der Maske mit einem angenehmen Geruchserlebnis attraktiver zu machen? Eine andere Frage stellte sich Christian Becker von der Genussfaktorei, einem Feinkostladen in Winterhude: „Wie kann ich Kunden unsere Tees schmackhaft machen, wenn ich keinen Tee ausschenken darf?“ Zwei Fragen mit einer Antwort: „AroMaske“.
Die AroMaske ist eine ganz normale Stoffmaske, in die ein Teebeutel eingenäht wurde, der ein angenehm dezentes Aroma verbreitet. Entstanden ist sie in Zusammenarbeit mit einer Änderungsschneiderei ganz in der Nähe der Genussfaktorei. Damit ist aber die Liste der Kooperationspartner noch lange nicht vollständig. Auf ihr befinden sich auch das Schmucklabel Julerie.Club, das Perlenbänder für die Maske entworfen hat, die E-Commerce-Plattform Localivery für die Bestellung und die Fotografin Juli Schneegans, die die Aktion in Bildern festgehalten hat. Dass die AroMaske zum Standard für den Mund-Nasen-Schutz wird, ist eher unwahrscheinlich, aber für ein ordentliches Medienecho mit Beiträgen in der Mopo und bei RTL Nord hat sie auf jeden Fall gesorgt.
Viele Fortsetzungen sollen folgen
Auftrieb haben die Knallköppe zudem durch den Sieg beim Hackathon Umdenk.bar bekommen. Die nächsten Aktionen sind auch schon in Vorbereitung. Wir wollen da noch nicht zu viel verraten, aber wundert euch nicht, wenn ihr demnächst mit Wein gefüllte Reagenzgläser für eine Verköstigung überreicht bekommt oder in eurer Straße eine Modenschau stattfindet. Alle, die bei den Knallköppen mitwirken, tun das momentan aus Idealismus und ohne dafür Geld zu verlangen. Was nicht heißen soll, dass sich nicht mittelfristig aus der Plattform ein Geschäftsmodell entwickeln könnte. Auch eine Ausweitung des Netzwerks auf andere Städte ist denkbar. Wer dazu eine Idee hat, kann sie gerne einbringen. Sie darf auch ruhig ein bisschen verrückt sein.
Fotos: Knallköppe/Juli Schneegans