Höhle der Löwen: Traumstart für Hamburger Startups
Für Startupfans ist seit gestern der Dienstagabend für die nächsten zehn Wochen fest verplant, denn „Die Höhle der Löwen“ geht wieder auf Sendung. Hamburg Startups schaut natürlich auch gebannt zu und setzt dabei gern mal die Hamburger Brille auf. Und die färbte sich gleich in der ersten Folge rosarot.
Gleich die ersten Kandidaten erfüllen zwei Kriterien, die bei der Gründershow immer gut ankommen: Anne und Stefan Lemcke sind ein Paar und haben was Essbares im Angebot. Gewürze, genauer gesagt, über 100 selbst kreierte Mischungen insgesamt. Stefan ist seit seiner Kindheit in Tansania fasziniert von Gewürzen. 2013 gründete er Ankerkraut mit seiner Frau, inzwischen beschäftigen sie 20 Mitarbeiter und kommen mit den Bestellungen kaum nach. Für 300.000 Euro wollen vor allem Maschinen anschaffen, die die Produktion beschleunigen. Die Löwen loben das Gründerduo und ihre Produkte. Das größte Interesse zeigt Frank Thelen, der zwar als Softwareexperte gilt, aber schon auf der Presseveranstaltung im Hamburger Mindspace vor fünf Wochen erklärt hat, sich verstärkt auf dem Foodmarkt engagieren zu wollen (hier unser Bericht).
Er ist bereit, den Deal zu machen, will dafür aber 20 % Anteile an dem Unternehmen haben. Da müssen erstmal schlucken und Annes Papa Thomas anrufen. Besonders Stefan kämpft sichtbar mit sich selbst, eigentlich wollte er nicht mehr als 12 % abgeben. Am Ende ist aber das Gesamtpaket, das Frank Thelen bietet, zu attraktiv, um es abzulehnen. Ihre Entscheidung mussten die beiden Gewürzexperten bisher nicht bereuen, wie sie bestätigen:
Das Wichtigste zuerst: Frank ist für uns immer erreichbar! Sein Team und er haben uns schon mehrfach geholfen, schwierige Probleme zu lösen. Durch Franks Netzwerk haben wir schon mehrere große Aufträge erhalten und wertvolle Kontakte knüpfen können. Franks Team hilft uns in allen Belangen: Finanzen, Rechtliches, Produkt, Design oder auch Operatives. Um es kurz zu machen: Ja, wir würden den Deal wieder machen! Heute sogar auch für 0 € Investment.
Da Ankerkraut in Jesteburg in der Nordheide beheimatet ist, also vor den Toren Hamburgs, verbuchen wir diesen ersten Deal gern mal als Erfolg für unsere Startupszene. Und wer noch mehr über das Unternehmen wissen will: Hier ist unser Vorabinterview!
Das nächste Startup, Evrgreen aus Köln,verkauft Pflanzen für Leute, die keine Ahnung von Pflanzen haben. Komplett mit Topf, Dünger, Wasserstandsanzeiger, Bedienungsanleitung und allem, was man sonst so braucht, damit die grünen Freunde nicht vor die Hunde gehen. Lustige Namen haben die Gewächse auch bekommen, aber bei den Löwen will trotzdem die ganz große Freude nicht aufkommen. Am intensivsten beschäftigt sich Carsten Maschmeyer mit dem Geschäftsmodell, denn Gärten seien sein liebstes Hobby. Am Ende vermisst er wie seine Mitstreiter bei den Gründern Philip Ehlers und Jan Nieling das letzte Quäntchen Leidenschaft und Kompetenz. Da fehlte bei Evgreen noch ein bisschen mehr als nur ein „e“.
„Jetzt kommt eine App zur Dokumentenverwaltung“, mutmaßt Frank Thelen angesichts der Studiodeko für Kandidat Nummer drei. Die sieht nämlich schwer nach Büro aus, und der Gründer Christian Peitzner-Lloret stellt sich auch als Rechtsanwalt vor, dem man eine solche Erfindung durchaus zutrauen würde. Doch dann kommt etwas, was man im Kino einen Plottwist nennen würde. Eines seiner ärgerlichsten Probleme im Berufsleben sei bisher das Bügeln von Hemdsärmeln gewesen, erklärt er. Das habe er jetzt gelöst, und zwar mit einem Ärmelspanner namens Bügel-Clou.
Ralf Dümmel feiert seinen ersten Deal
Seit 2012 hat er 40.000 Stück davon verkauft, doch mit Blick auf das Jahr 2019 schweben ihm ganz andere Größenordnungen vor. Mit 5.000.000 Exemplaren will er dann Europa beglücken, zu einem Stückpreis von unter zehn Euro – zur Zeit der Aufzeichnung der Sendung liegt der noch bei 19,95. Ein klarer Fall für Ralf Dümmel, der mit seiner Firma DS Produkte jede Menge Erfahrung mit Massenprodukten gemacht hat (hier der Bericht über unseren Besuch beim Neulöwen). Er bietet 125.000 Euro und will dafür 25,1 % Anteile.Christian muss gar nicht überlegen und schlägt sofort ein. Inzwischen ist Bügel-Clou Teil der Maxxworld, der Kernmarke von DS Produkte, und hat damit beste Chancen, ganz groß zu werden.
Die gesamte Belegschaft von DS hat die Premiere übrigens in einem Theater gefeiert. Ralf Dümmel hat dort eine bewegende Rede gehalten, während eine Twitterwall für einige Lacher sorgte. Der Hashtag #DHDL war zwischenzeitlich auf Platz 7 – weltweit! Und auch der Marktanteil der Sendung hat einen neuen Rekordwert erreicht.
War der Blick durch die zu Beginn der Sendung aufgesetzte Hamburger Brille nach dem Erfolg von Ankerkraut und dem ersten Deal unseres Lokalmatadoren Ralf Dümmel schon ungetrübt, legte sich jetzt noch der rosarote Schimmer darüber. Das lag nicht nur an dem Dirndl, das Limberry-Gründerin Sibilla Kawala trug, sondern vor allem an ihrem souveränen Auftritt. Auf alle Fragen zu ihrem Trachtenshop mit Konfigurator und eigener Kollektion hatte die Hamburger Unternehmerin die richtigen Antworten, die fünf Löwen waren begeistert. „Richtig löwenswert!“, lobte Neuzugang Carsten Maschmeyer und bestätigte ohne Diskussion Sibillas Wunschangebot von 150.000 Euro für 10 % Anteile.
Trachten aus Hamburg sind der Höhepunkt der ersten Folge
Daraufhin stieg auch noch Judith Williams ein, wodurch sich das Angebot auf 250.000 Euro für allerdings 20 % erhöhte. Kurze telefonische Rücksprache mit Sibillas Geschäftspartner Benno Lippert, dann war der Deal perfekt. Noch einmal Lob, Lob, Lob von allen Seiten, eine Liebeserklärung an die Eltern, und die Heldin des Abends war gefunden. Dass es auch nach der Aufzeichnung der Sendung Anfang des Jahres höchst erfreulich weiterging, kann uns Sibilla bestätigen:
Meine Erfahrungen mit der Sendung waren – und das sage ich ohne hier irgend etwas verschönern zu wollen – wirklich großartig. Ich habe mich intensiv auf die Dreharbeiten vorbereitet: Das hat viel Zeit und Mühe gekostet, doch dann lief der Pitch trotz der Aufregung perfekt. Nach der Zusage von Carsten Maschmeyer und Judith Williams ging es sofort los – in der folgenden Woche reichte ich alle Unterlagen für die Due Diligence ein und die jeweiligen Investmentteams gingen in die Prüfung. Ich telefonierte und traf mich mehrmals mit den Löwen und ihren Mitarbeitern. Die Due Diligence war erfolgreich und ging sofort in die Vertragsverhandlungen über- auch diese konnten wir zu beidseitiger Zufriedenheit abschließen, so dass der Investition nichts mehr im Weg stand. Jetzt freue ich mich, zwei erfahrene Unternehmer und Mentoren als neue Gesellschafter mit im Boot zu haben.
Und wer noch mehr über Limberry und seine Gründerin erfahren will, kann unser Vorabinterview und den Blog speziell zum Löwenauftritt lesen.
Wer zu verbissen ist, kann nicht die volle Leistung bringen. Diese einleuchtende Erkenntnis hat der Zahnarzt Dr. Steffen Tschackert, der unter anderem für den DFB arbeitet, wörtlich genommen und Dental Power Splint entwickelt. Das ist eine im Mund zu tragende Schiene, die die Kiefermuskulatur entspannt, was sich positiv auf die gesamte Körpermuskulatur und die allgemeine Leistungsfähigkeit auswirkt. Sagt Dr. Tschackert. „Das ist ja Blödsinn“, sagt Frank Thelen, Chefskeptiker im Rudel, und lässt sich auch durch einen Test nicht überzeugen, bei dem die Löwen auf einen Bleistift beißen und den Körper verdrehen. Der Verkaufspreis für die individuell angefertigte Schiene von 1.500 Euro lässt auch nicht gerade auf ein Massengeschäft hoffen, und so wird es nichts mit einem Deal.
Sympathisch und entspannt kommt anfangs der letzte Kandidat,der Weltenbummler Tobias Riedle, daher. Mit der Entspanntheit ist es allerdings schnell vorbei, als er die Reaktionen auf seine Reisewebseite FindPenguins mitbekommt. „Sie haben eine Passion, eine Vision, aber noch ist es sehr viel Halluzination“, kommentiert Carsten Maschmeyer. Tatsächlich lässt sich bei seiner Mischung als Blog, Community und Fotobuchversand kein echtes Geschäftsmodell erkennen. Reisen und Social Media sind sowieso Themen, bei denen Investoren eher zurückschrecken, zu umkämpft sind die Märkte. Als er dann von 0 Euro Umsatz und nur 9.000 Usern nach zwei Jahren berichten muss, scheint der Zug für Tobias endgültig abgefahren. „Blödsinn“, wie Frank Thelen erneut findet.
„Die Höhle der Löwen“ wird immer professioneller – und länger
Umso erstaunlicher, dass Jochen Schweizer trotzdem mit einem Angebot um die Ecke kommt. Er gibt ihm 200.000 Euro, bekommt dafür 50 % Anteile und bringt FindPenguins und Tobias irgendwie in seinem Unternehmen unter. Klingt nach einem Happy End, das zwei Stunden später schon wieder zerplatzt, wie so viele andere in den vorigen Staffeln verkündete Deals. Doch tatsächlich findet man FindPenguins auf der Webseite von Schweizer wieder. Auch alle anderen Abschlüsse aus der ersten neuen Folge von „Die Höhle der Löwen“ haben noch Gültigkeit. Eine positive Entwicklung. Nicht ganz so positiv: Mit einer Länge von über zweieinhalb Stunden inklusive Werbung droht VOX sein Erfolgsformat zu überspannen. Auch dieser Beitrag ist schon zu lang, deshalb nur noch einmal herzliche Glückwünsche an alle erfolgreichen Teilnehmer! Nächste Woche sind wir wieder dabei und freuen uns besonders auf die Dümmel-Deals. Da ist noch einiges zu erwarten!
Weitere spannende Links zur ersten Folge
http://t3n.de/news/ankerkraut-gewuerze-738130/
http://www.gruenderszene.de/allgemein/hoehle-der-loewen-dhdl-erste-folge-investieren
http://www.deutsche-startups.de/2016/08/23/5-start-ups-die-die-hoehle-der-loewen-gerockt-haben/
Foto ganz oben: VOX / Benno Kraehahn
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