Deutscher Startup Monitor 2021 : Hamburg hat ein Finanzierungsproblem
Im Oktober 2021 veröffentlichten der Bundesverband Deutsche Startups e. V. und PwC den 9. Deutschen Startup Monitor. Jetzt liegen die Ergebnisse speziell für den Standort Hamburg vor. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Stimmung verbessert, die bekannten Herausforderungen und Defizite bleiben aber bestehen. Welche das sind, fassen wir in diesem Beitrag zusammen.
An der deutschlandweiten Befragung haben insgesamt 2.013 Startups teilgenommen, davon haben 138 ihren Sitz in Hamburg. Wie immer gilt es zu berücksichtigen, dass der Deutsche Startup Monitor streng genommen zwar keine repräsentativen Ergebnisse liefert, diese aufgrund der relativ hohen zugrundeliegenden Fallzahl aber durchaus aussagekräftig sind. Immerhin geben sie für die Hansestadt das Stimmungsbild von 335 Gründerinnen und Gründern und 1.767 in den Startups Beschäftigten wieder.
Hamburg sticht bei Food und Online-Handel hervor
Bei unserer Zusammenfassung beschränken wir uns auf die Resultate, die merklich vom Bundesdurchschnitt abweichen. Beginnen wir der Branchenverteilung. „Informations- und Kommunikationstechnologie“ ist hier mit 31 % insgesamt der größte Bereich. In Hamburg lassen sich hier nur 24 % der Startups einordnen. Dafür sind die 16 % bei „Ernährung und Nahrungsmittel/Konsumgüter“ überdurchschnittlich (Gesamtwert: 10 %).
Stark vertreten ist Hamburg auch bei „Logistik“ und „Medien und Kreativwirtschaft“ (7 % gegenüber 3 %). In allen anderen Branchen gibt es keine auffälligen Abweichungen. Bei den Geschäftsmodellen sticht der Online-Handel mit einem Anteil von 16 % gegenüber deutschlandweit 10 % heraus. Draus resultiert auch der überdurchschnittliche Anteil von 71 % digitaler Geschäftsmodelle. Der Anteil von 66 % beim B2B-Geschäft liegt dagegen knapp unter dem Bundeswert.
Hochschulen könnten größere Startup-Rolle spielen
Ausbaufähig ist in Hamburg auf jeden Fall noch die Rolle der Hochschulen beim Gründungsgeschehen. Nur 6 % der befragten Startups sind direkte Ausgründungen einer Uni oder Forschungseinrichtung (in Klammern in Folge immer der bundesweite Wert, hier 10 %). Noch auffälliger wird die Diskrepanz bei der Frage nach Kooperationspartnern. Lediglich 37 % nennen hier wissenschaftliche Einrichtungen (54 %). Aber auch bei etablierten Unternehmen ist mit 57 % noch Luft nach oben (65 %).
Bei der Bildung des Gründungsteams greifen nur 23 % der Hamburgerinnen und Hamburger auf Kontakte aus der Studienzeit zurück (36 %). Frühere Arbeitgeber und der Freundeskreis spielen da eine größere Rolle. 50 % der Gründenden haben ein wirtschaftswissenschaftliches Studium absolviert (42 %), Ingenieurswissenschaften sind mit 15 % dagegen unterrepräsentiert (22 %). Auch bei Informatik und Mathematik (9 % zu 13 %) und den Naturwissenschaften (4 % zu 10 %) schneidet Hamburg unterdurchschnittlich ab.
Wo bleibt das Geld für Hamburger Startups?
Die größte Herausforderung für Startups stellt meistens die Kapitalbeschaffung dar. In Hamburg haben bereits 59 % der befragten Jungunternehmen eine externe Finanzierung erhalten. Der Wert liegt knapp über dem Bundesdurchschnitt, doch aussagekräftiger ist hier der Vergleich mit Berlin, wo es 76 % sind. Besonders hakt es beim Venture Capital, das nur in Hamburg nur 13 % erhalten haben (bundesweit 20 %). Vielleicht hängt der Rückstand Hamburgs unter anderem mit den Unternehmensgrößen zusammen. Die Teams der Befragten bestehen im Durchschnitt aus 13,2 Personen. In Berlin sind es 51,2 und in München 40,3. Diese Startups sind ihrer Entwicklung also offensichtlich weiter.
Auf jeden Fall sehen in Hamburg 44 % die Kapitalbeschaffung als wesentliche Herausforderung (36 %). Auf dem ersten Platz liegen hier überall die Themen Vertrieb und Kundengewinnung ganz vorn. Zwei Drittel der Befragten bewegt das. Immerhin wird in Hamburg der Zugang zur potenziellen Kunden mit 65 % Zustimmung bei den positiven Aspekten des Standort hoch bewertet (57 %). Besonders viel Zuspruch findet mit 86 % die kulturelle Attraktivität der Hansestadt (68 %). Das steigert auch die Attraktivität für Talente von außerhalb (61 % zu 47 %).
Die Stimmung steigt und könnte deutlich besser sein
In den Keller geht die Stimmung mit nur 22 % positiver Einschätzung dagegen beim Zugang zu Kapital und Investitionen (38 %), was sich mit den vorher genannten Ergebnissen deckt. Noch schlechter ist mit 21 % der Wert für die Verfügbarkeit von bezahlbaren Wohnimmobilien (40 %). Auch das Startup-Netzwerk ist in Hamburg anscheinend noch ausbaufähig: 59 % bewerten es positiv, in Deutschland sind es durchschnittlich 69 %.
Die einzelnen Faktoren führen dazu, dass 51 % der Befragten das Hamburger Startup-Ökosystem gut oder sehr gut bewerten. Gegenüber dem Vorjahr mit 39 % ist das eine deutliche Steigerung, aber lange noch kein Grund sich bequem zurückzulehnen. Der Bundesdurchschnitt liegt nämlich bei 65 %. Vielleicht liegt das auch an der hanseatischen Mentalität, die Dinge eher nüchtern-kritisch zu betrachten. Zumindest das Problem mit den vor allem im Vergleich zu Berlin und mittlerweile München deutlich niedriger dotierten Finanzierungsrunden spiegelt sich auch in anderen Erhebungen wider, zum Beispiel beim Startup-Barometer 2021. Eine einfache Lösung wird hier so schnell nicht zu finden sein.
Mehr Infos zum Deutschen Startup Monitor 2021, Regionalausgabe Hamburg, und einen Link zum Download der Ergebnisse findet ihr hier. Aus der dort verlinkten Präsentation stammen die Grafiken dieses Beitrags.