Der Gründergeist 2019 hat ganz viel Herz
Angeblich soll die 13 ja Unglück bringen, aber für fünf Hamburger Startups wurde sie zur Glückszahl. Sie hatten nämlich das Finale der dreizehnten Ausgabe des Businessplan-Wettbewerbs Gründergeist erreicht. Die ersten drei Plätze belegten schließlich EinzigNaht, myGlowy und Plancraft. Was diese Startups genau machen und wie die Preisverleihung gestern verlief, erfahrt ihr in unserem Eventbericht!
Wie schon in den vergangenen Jahren hatten die Wirtschaftsjunioren Hamburg, die Hauptveranstalter des Businessplan-Wettbewerbs Gründergeist, wieder zum großen Finale ins Renaissance Hotel eingeladen. Die drei Gewinner-Startups hatte eine Fachjury bereits am Wochenende bestimmt, jetzt standen kurze Pitches der Kandidaten und die Preisübergabe auf der Tagesordnung. Im Rahmenprogramm nutzte Dr. Reiner Brüggestrat, Vorstandsprecher der Hamburger Volksbank, die Gelegenheit zu einem kleinen Werbeblock, wie er es nannte, und gab Startups den Rat, im doppelten Sinne „anständig“ Geld zu verdienen.
Frühere Gründergeist-Gewinner zogen positive Bilanz
Gute Tipps kamen auch von zwei ehemaligen Siegern. Nect hatte sich vor zwei Jahren den ersten Platz gesichert. Damals bestand das Startup nur aus den Gründern Benny Bennet Jürgens und Carlo Ulbrich, mittlerweile gehören 12 Personen zum Team. Gründergeist war der erste Wettbewerb, den Nect gewinnen konnte, weshalb er einen besonderen Stellenwert für das junge Unternehmen hat. Auch Vorjahresgewinner vilisto hat der Gründergeist zusätzlichen Schub gegeben. Gründer Christoph Berger empfahl, mit anderen Startups seine Erfahrungen auszutauschen. Beim Jahrgang 2019 klappte das schon ganz gut. Die fünf Finalisten wirkten eher wie ein großes Team als wie Konkurrenten.
Reden wir über motivierte Mitarbeiter, Brüste und das Handwerk
Den Anfang machte Jakob Braendle von StraightPerformance. Dieses Startup möchte mit seiner Software SmartMotivation dafür sorgen, dass beispielsweise in einem Vertriebsteam alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach ihren Neigungen und Fähigkeiten gefördert und gefordert werden. Je größer ein Team, desto schwieriger wird es für Führungskräfte, sich um alle angemessen zu kümmern. Die Gefahr: Einige sind die Lieblinge, der Rest schiebt Frust und bringt nicht die Leistung, die möglich wäre. Mithilfe künstlicher Intelligenz soll nun SmartMotivation für jedes Teammitglied individuelle Pläne entwickeln, die zu mehr Erfolg und Anerkennung führen.
Themenwechsel: „Jetzt reden wir über Brüste“, begann Melanie Wagenfort von U-LYB ihren Pitch. Und zwar rein geschäftlich, versteht sich, denn das Startup arbeitet daran, maßgeschneiderte BHs über das Internet zu verkaufen. Dabei definiert sich U-LYB auch als Tech-Unternehmen, denn ein wesentliches Element ist eine App, mit der Frauen ihren Körper scannen können, um die perfekten Maße für den individuellen Büstenhalter zu ermitteln. Herkömmliche Modelle würden oft schlecht sitzen und drücken, erklärte Melanie und bezifferte das Kundinnenpotenzial auf 1,8 Millionen allein in Deutschland. Einen ausführlichen Beitrag über U-LYB findet ihr hier.
Das waren die beiden Startups, die es nicht ganz in die Top 3 geschafft haben. Die Bronzemedaille, verbunden mit zehn Stunden Beratungsleistungen, die auch die weiteren Preisträger erhalten, und einem Preisgeld von 2.000 Euro, ging an Plancraft. Richard Keil stellte vor, wie sein Startup das Handwerk digitalisieren und den Papierkram minimieren will. Die Jury überzeugte vor allem, wie schnell und einfach das Programm eingerichtet werden kann und wie vielfältig es einsetzbar ist. Über eine App funktioniert es sogar vor Ort auf der Baustelle. Der offizielle Start von Plancraft ist für Sommer 2019 angekündigt.
Dank myGlowy und EinzigNaht waren Kinder die Gewinner
Platz 2 und 3.000 Euro holte sich myGlowy. Die Gründerin Lisa Berding war auf der erfolglosen Suche nach einer Sicherheitsweste für Kinder gewesen, die wirklich passt und im Dunkeln auch rechtzeitig gesehen wird. Herkömmliche Reflektoren wirken erst, wenn das Kind von einem Autoscheinwerfer angestrahlt wird. Dann kann es aber schon zu spät sein. Die Weste von myGlowy ist deshalb mit LED-Lampen bestückt, die ein aufladbarer Akku mit Energie versorgt. In gut einem Jahr hat Lisa von ihrer selbst entwickelten Weste schon über 1.200 Stück verkauft. Inzwischen gibt es sie auch für Erwachsene, gut geeignet für Radfahrer, die sicher durch die Nacht kommen wollen.
Den bewegendsten Auftritt des Abends hatten zweifellos Sandra und Christian Brunner. Sandra sprach, sichtbar aufgewühlt, über ihr „schreiendes, kotzendes und kackendes Kind“, das mit einer Behinderung zur Welt gekommen ist. Eine enorme Herausforderung für das Paar, da können schon scheinbar banale Dinge Erleichterung verschaffen. Zum Beispiel Babybekleidung mit eingearbeiteten Öffnungen, die es ermöglichen Nahrungssonden und andere venöse Zugänge zu legen. Die ersten Modelle entstanden in Heimarbeit, aber langfristig plant das Paar eine Werkstatt, in der Behinderte für Behinderte arbeiten können.
Für diese beeindruckende Geschichte gab es viel Applaus und verdientermaßen den Hauptpreis von 5.000 Euro für das EinzigNaht genannte Startup. Selten war die Preisverleihung bei einem Startup-Wettbewerb so emotional. Der Gründergeist zeigte in diesem Jahr eben ganz viel Herz.